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Online-Diskussion

Pforzheimer Abgeordnete Stephanie Aeffner setzt bei Verschwörungstheoretikern auf Dialog

Nicht erst seit Corona geraten Menschen im Netz an Falschinformationen. Wie groß das Problem wirklich ist, war Thema einer Online-Diskussion mit der Abgeordneten Stephanie Aeffner.

Verschwörungserzählungen thematisierte MdB Stephanie Aeffner (Grüne, oben rechts) am Montagabend mit den Referenten Christian Schmidt (oben, links), Henry Schulze und Marlene Schönberger.
Thematisieren den Umgang mit Mythen: Stephanie Aeffner (Grüne, oben rechts) am Montagabend mit den Referenten Christian Schmidt (oben, links), Henry Schulze und Marlene Schönberger. Foto: Stefan Friedrich

In komplexen Krisenzeiten suchen viele Menschen die einfache Antwort in Verschwörungserzählungen. Weil solche inzwischen sogar Familien zu zerreißen und Freundschaften zu zerbrechen drohen, will die Grünen-Bundestagsabgeordnete für Pforzheim und den Enzkreis, Stephanie Aeffner, nun auf Dialog setzen – auf „zuhören, versuchen zu verstehen und Gesellschaft so wieder zusammenwachsen lassen“.

Aus diesem Grund hat sie am Montagabend zu einem virtuellen Gedankenaustausch in Sachen Verschwörungsmythen eingeladen, verbunden mit der Frage, wie man solchen begegnet – auch mit Blick auf ihren eigenen Wahlkreis.

„Kritik ist immer wichtig, um Kurskorrekturen anbringen zu können“, betonte sie in diesem Rahmen. Kritik werde aber in dem Moment zum Problem, wenn vermutet wird: „Jede Politikerin, die mir gegenübersitzt, will mich verarschen“. Das habe zuletzt vor allem die Pandemiemaßnahmen und die Impfskepsis betroffen, die hauptsächlich vom rechten Lager geschürt werde. Corona, schilderte Aeffner, sei dann zu einer Erzählung geworden, in der behauptet werde, „dass uns Politikerinnen das gut in den Kram passen würde, weil wir damit die Menschen kontrollieren würden.“

In Pforzheim sei dieses Gedankengut offenbar geworden bei den Demonstrationen, die viele tausend Menschen auf die Straßen lockten. Dass sie dabei von rechtsradikalen Kräften unterwandert wurden, sei den wenigsten Demonstranten bewusst gewesen, merkte Christian Schmidt vom Bündnis „Pforzheim nazifrei“ an. „Wer selbst nicht rechtsradikal ist, konnte es nicht erkennen.“

Die „Pforzheimer Revolte“ etwa gehe auf die Identitäre Bewegung zurück, „die sich auf den großen Austausch als Verschwörungstheorie beruft“. Weil deren Namen zuletzt allerdings auch medial zu präsent gewesen sei und Leute abgeschreckt habe, sehe man bereits Versuche einer Umbenennung, um weiterhin Anschlussfähigkeit herzustellen.

„Man will sich als friedlich und mit guten Ideen präsentieren“, skizzierte Schmidt den Ansatz der Identitären. Insofern müsse man sich mit dieser Gruppierung beschäftigen und die Menschen weiter aufklären über rechtsradikale Kräfte und deren Verschwörungserzählungen.

Darauf lag auch der Fokus am Montagabend. Nicht diskutiert wurde, dass es auch in linken Kreisen Verschwörungserzählungen gibt – wie etwa die Bundesfachstelle Linke Militanz am Institut für Demokratieforschung der Georg-August-Universität Göttingen anmerkt.

Antisemitisches Gedankengut in Verschwörungsgeschichten

Dabei sei es gerade das antisemitische Gedankengut, das schon früh für solche Verschwörungsgeschichten genutzt wurde, betonte die Politikwissenschaftlerin Marlene Schönberger. Sie verwies etwa auf die sogenannte jüdische Weltverschwörung zu NS-Zeiten, die sie als „hochproblematisch und gefährlich“ einordnete.

Verschwörungstheorien untergrüben wichtige Grundvoraussetzungen für die Demokratie. Gerade in der Pandemie sei das zum Problem geworden, weil viele Menschen verunsichert gewesen seien und nach einem Schuldigen gesucht hätten – etwa durch vermehrte Internetrecherchen. Einmal in der Blase gefangen, sei es dann jedoch oft schwer, die Menschen wieder aus dem Netz aus Falschinformation und Hetze herauszubekommen.

Doch unmöglich sei es nicht, versicherte Henry Schulze, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abgeordneten Aeffner. Es werde jedoch viel Zeit und Geduld brauchen – und vor allem müsse man sich selbst viel Wissen aneignen, um Gegenargumente einbringen zu können. Das Aufbauen von Vertrauen sei dann ein erster wichtiger Schritt, indem man zuhöre und sich offen zeige; indem man das Gegenüber zunächst seine Weltsicht schildern lasse und dann nach einer gemeinsamen Basis suche.

„Alle Menschen haben so eine Art Netz von Wissen“, ist Schulze überzeugt. „Man muss nur schauen: Wo überlappen diese Netze und wo ist eine Basis, auf die wir uns einigen können.“

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