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Bundesweite Aktionen

So wollen Pforzheims Radfahrer „Natenom“ bei einer Gedenkfahrt seinen letzten Wunsch erfüllen

Der tödlich verunglückte Fahrrad-Aktivist Andreas Mandalka aus Pforzheim soll ein Denkmal an der Unfallstelle bei Neuhausen bekommen. Geplant ist noch deutlich mehr.

Blumen und Kerzen liegen derzeit an der Unfallstelle von Andreas Mandalka. Ab Sonntag soll dort auch ein Geisterfahrrad stehen.
Blumen und Kerzen liegen derzeit an der Unfallstelle von Andreas Mandalka. Ab Sonntag soll dort auch ein Geisterfahrrad stehen. Foto: Igor Myroshnichenko

Einen letzten Wunsch wollen Pforzheims Fahrrad-Aktivisten dem verstorbenen Andreas Mandalka erfüllen. Der unter dem Pseudonym „Natenom“ Bekannte starb am vergangenen Dienstag auf der Landstraße 574 bei Neuhausen im Enzkreis.

„Er hat uns gesagt: Wenn ich sterbe, macht was draus“, berichtet Marthe Soncourt von Critical Mass in Pforzheim. „Er hat gesagt: Wenn ich sterbe, dann will ich ein Ghostbike haben.“ Das wollen Critical Mass, ADFC und zahlreiche weitere Radfahr-Gruppierungen am Sonntag um 13 Uhr an Mandalkas Unfallort aufstellen. „Als Mahnmal und als Andenken für die Person“, erklärt Soncourt.

Geisterräder erinnern an getötete Radfahrer

Ghostbikes oder Geisterräder sind eine Idee aus den USA. Es sind ganz in Weiß gestrichene Fahrräder, die für den Straßenverkehr unbrauchbar gemacht werden. Sie werden dort errichtet, wo Radfahrer im Straßenverkehr zu Tode gekommen sind. Ein Freund von Mandalka hat eines gespendet, das am Sonntag einen Platz an der L574 finden soll. Aber nicht einfach so.

Ein Ghost-Bike erinnert in Frankfurt am Main an einen tödlichen Fahrradunfall.
Ein Geisterrad erinnert an einen tödlichen Fahrradunfall (Symbolbild). Foto: Arne Dedert/dpa

Geplant ist eine Großveranstaltung. Die Gedenkfahrt soll um 11 Uhr bei der Staatsanwaltschaft Pforzheim starten. Die wolle man nun „mit anwaltlicher Hilfe zu mehr Tatendrang motivieren“, formuliert es Martin Mäschke, Vorsitzender des ADFC in Pforzheim.

Hintergrund seinen unter anderem Drohbriefe, die Mandalka von erbosten Autofahrern erhalten habe. Entsprechende Klagen seien bislang ins Leere gelaufen, so Mäschke. Nun sei die Rad-Bewegung inspiriert, diese Fälle neu aufzurollen. Dazu habe man auch Anwälte in den eigenen Reihen.

Fahrrad-Aktivisten in Pforzheim fordern besseren Schutz

Zentrale Forderung der Demonstrationen, so schreiben die Aktivisten per Pressemitteilung, sei der bessere Schutz von „Fahrradfahrenden und Fußgängern im Straßenverkehr: durch baulich getrennte Radwege, verstärkte Kontrollen von Überholabständen, eine konsequente Ahndung von Verkehrsverstößen sowie flächendeckende Tempolimits. Ziel der gesamten Verkehrspolitik muss die sogenannte Vision Zero sein: keine Toten im Straßenverkehr“.

„Es werden Leute aus ganz Deutschland nach Pforzheim kommen“, weiß Mäschke. Solidaritätsaktionen seien auch in anderen deutschen Städten geplant.

Organisiert wird die Aktion von einem breiten Bündnis an Radfahrer-Gruppierungen: Neben dem ADFC und Critical Mass sind das der Verkehrsclub VCD, der Verein OpenBikeSensor, die Kidical Mass Pforzheim, der Fancy Women Bike Ride Pforzheim, der Zweirat Stuttgart, der Fachverband Fußverkehr sowie der Verkehrswende-Verein Changing Cities. Weitere Organisationen könnten sich laut gemeinsamer Pressemitteilung der Aktivisten noch anschließen. Unklar ist auch, ob sich angefragte Politiker der Tour anschließen und zwischendurch Reden halten werden.

Route führt über Polizei und Wohnort zur Unfallstelle

Die Strecke soll, so Mäschke, auch am Polizeipräsidium Pforzheim vorbeiführen. Der Polizei werfen die Aktivisten vor, Mandalkas Vorwürfe gegenüber aggressiven Autofahrern nicht ernst genug genommen zu haben. Auch ein Stopp an Mandalkas Wohnort in Pforzheim-Hohenwart ist geplant. Gegen 13 Uhr möchte man die Unfallstelle erreichen und dort auf Wunsch der Familie eine Schweigeminute abhalten. „Sobald wir aus Pforzheim rausgefahren sind, wird es unpolitisch und ein privates Gedenken“, sagt Mäschke.

„Für die Familie ist es gut, diese Anteilnahme zu sehen. Das gibt ein wenig Trost“, sagt Mäschke. Man stehe im Kontakt, zudem läuft derzeit eine Spendenaktion für die Bestattungskosten. Was übrig bleibt, werde für Juristisches wie Anwaltskosten ausgegeben. Am Montag waren bereits 8.000 Euro eingegangen. „Das waren viele, viele Kleinspenden zwischen zehn und 200 Euro“, so Mäschke.

Vielleicht hätten wir vorher noch mehr tun müssen. 
Martin Mäschke
ADFC Pforzheim

Der ADFC-Mann gibt sich dabei auch selbstkritisch. „Vielleicht hätten wir vorher noch mehr tun müssen. Mal mit Critical Mass seine Strecke von Huchenfeld nach Neuhausen fahren sollen“, sagt Mäschke. Die Bewegung verstehe Mandalkas Tod entsprechend auch als einen Weckruf. „Wir müssen mehr aufeinander achten.“

Auch Marthe Soncourt spürt dieses Bauchgrummeln. „Ich bin jetzt zum ersten Mal die Strecke komplett bis Neuhausen gefahren“, sagt sie. Nun verstehe sie, warum er nicht auf der „Hubbelpiste“ neben der Straße gefahren sei.

Uns ist einfach nicht nach Feiern zumute
Marthe Soncourt
Critical Mass Pforzheim

Auf einen anderen Termin hingegen verzichten die Radfahrer. Am Samstag wird es diesmal keine Fahrradgruppe beim Faschingsumzug in Dillweißenstein geben. „Uns ist einfach nicht nach Feiern zumute“, erklärt Soncourt von Critical Mass.

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