Skip to main content

Zwang zur Erstaufnahmestelle

Rülke warnt Kretschmann davor, die LEA in Pforzheim „gewaltsam durchzudrücken“

Pforzheims FDP-Mann Rülke warnt das Land davor, eine Erstaufnahmestelle gegen den Willen Pforzheims durchzusetzen. Er reagiert auf eines Äußerung von Ministerpräsident Kretschmann.

Außenaufnahme einer früheren Gewerbeimmobilie in einem Pforzheimer Industriegebiet.
Die Bader-Immobilie bleibt bislang auf Landesebene trotz einer Ablehnung aus Pforzheim weiter in der Prüfung für die Einrichtung einer Erstaufnahme. Foto: Uli Deck/dpa

Pflichtaufgaben beim Umgang mit Asylbewerbern lassen sich nicht mit Nein-Sagern bewältigen. Entsprechend weicht Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht aus, als er am Dienstag bei seiner wöchentlichen Pressekonferenz gefragt wird, ob er Erstaufnahmestellen (EA) durchsetzen will: „Diese Überlegung schwirrt jetzt nicht in meinem Kopf, sondern diese Überlegungen werden ganz konkret verfolgt“, beschied der Grüne einer Journalistin der Schwäbischen Zeitung. Für Pforzheims FDP-Mann Hans-Ulrich Rülke ist das ein Alarmsignal.

Zwei Tage nach der gleichfalls am Dienstag formulierten Ablehnung einer EA in Pforzheim „warnt“ er die Landesregierung davor, „die Flüchtlings-LEA in Pforzheim nun gegen den Willen der Bevölkerung und gegen das Votum von mehr als 80 Prozent der Stadträte gewaltsam durchzudrücken“.

Pforzheimer Gemeinderat entscheidet nach der Äußerung Kretschmanns

Rülke interpretiert die Äußerung Kretschmanns also als klare Ansage an die Stadt. Die Pforzheimer Gemeinderatsentscheidung fiel allerdings erst Stunden nach der Pressekonferenz in Stuttgart.

„Die Landesregierung strebt stets das Einvernehmen mit möglichen Standortkommunen an. Dies ist bislang auch immer gelungen“, reagiert das Justizministerium auf den Brandbrief Rülkes. Sprecher Gunter Carra verweist weiter darauf, dass „abhängig von den tatsächlichen und planerischen Rahmenbedingungen eines Standorts Regelungen und rechtliche Instrumente zur Verfügung stünden, um jedenfalls eine Einrichtung und einen Betrieb zu ermöglichen“.

Aktuell ist das Bader-Gebäude an der Adolf-Richter-Straße im Brötzinger Tal in der Prüfphase. An diesem Status dürfte sich auch nach der Dienstagsentscheidung des Pforzheimer Gemeinderats nichts geändert haben. Carra hatte im Nachgang zum Erstaufnahme-Nein am Dienstag kommentiert: „Wir werden die Ergebnisse der Gemeinderatssitzung jetzt in die weitere Prüfung aufnehmen“.

Rechtlich wäre die Durchsetzung einer EA kein Problem. Weder eine Veränderungssperre noch ein Bebauungsplan können dem viel entgegensetzen. Dies hat Rülke selbst durch eine Anfrage an die Landesregierung in Zusammenhang mit möglichen baurechtlichen Verfügungen der Stadt Pforzheim zu Tage gefördert. Er glaubt dennoch, dass es sich „rächt“, dass der Gemeinderat am Dienstag den Antrag von FDP und Grüner Liste für eine Veränderungssperre im Brötzinger Tal mit knapper Mehrheit abgelehnt hat.

Rülke beharrt auf Fehleinschätzung

Rülke spricht auch nochmal von einem möglichen Vorkaufsrecht der Stadt und nennt es „leichtfertig“, darauf verzichtet zu haben. Aus Sicht der Stadtverwaltung beharrt er damit auf einer Fehleinschätzung. Rechtsamtsleiter Detlef Wagner hat mehrfach dargelegt, dass rechtlich kein Vorkaufsrecht existiert für das Bader-Areal. Entsprechend könne auch keines geltend gemacht werden.

Neben der Fundamentalablehnung einer Erstaufnahmestelle in Pforzheim gibt es im Gemeinderat auch Stimmen, die angestrebte Ausgestaltung der Einrichtung und die Größe mit 1.000 Plätzen kritisieren. Außerdem hatten sechs Mitglieder im Sinne von Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) für weitere Verhandlungen mit dem Land gestimmt. Dieser hatte dem Land kurz vor Weihnachten gemeinsam mit FDP-Sozialdezernent Frank Fillbrunn die Einrichtung einer EA auf dem Bader-Areal angeboten.

Boch verbindet damit die Aussicht, weniger Asylbewerber dauerhaft in der Stadt aufnehmen zu müssen. Unterm Strich würde dadurch der Haushalt entlastet, weil viele Ausgaben für zusätzliche Kita-Plätze, Schulversorgung, Sprachunterricht und andere Infrastruktur wegfielen. Außerdem argumentiert die Stadtverwaltung mit einem Mangel an Unterbringungsplätzen.

nach oben Zurück zum Seitenanfang