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Brandmails bei der Baubehörde

Pforzheimer Christuskirche ist die Idealbaustelle für Corona-Zeiten

Die Christuskirche in Pforzheim ist die Idealbaustelle für Corona-Zeiten. Dies zumindest meint die Chefin des Amts für Vermögen und Bau in Pforzheim, die nicht nur Baustellen am Laufen hält, sondern auch für Unterhalt und Betrieb der Landesimmobilien im Nordschwarzwald zuständig ist.

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Das Gerüst dürfte noch bis in den Herbst die Christuskirche verhüllen. Nach der rund 1,3 Millionen Euro teuren Bauerhaltung ist das Pfarrhaus (links) dran. Foto: Wacker

An der Christuskirche im Pforzheimer Stadtteil Brötzingen wird gehämmert, gemeißelt und gepinselt. So ist es geplant und so wird es auch weitergehen bis zum Abschluss der Sanierung im Herbst. Daran dürfte auch das Coronavirus nichts ändern, ist die Chefin des Amts für Vermögen und Bau in Pforzheim zuversichtlich.

Die entspannte Prognose von Pia Riegert-Matt ergibt sich allein schon aus den Arbeitsbedingungen der Steinmetze, Blechner, Putzrestauratoren und Dachdecker. Ein weitläufiges Gerüst umgibt den sakralen Jugendstilbau. Jeder hat dort sein eigenes großes Plätzchen unter der wärmenden Frühlingssonne: Keine Ansteckungsgefahr und auch kein Lieferproblem stört den Betrieb.

Die Christuskirche ist eine Idealbaustelle in der Ausnahmesituation

Die Christuskirche ist die Idealbaustelle in der gesamtgesellschaftlichen Ausnahmesituation. Ansonsten erreicht Riegert-Matt derzeit „eine Brandmail nach der anderen“. Das hat nicht nur mit dem vielen Neubauten und Sanierungsprojekten zu tun, die das Land in ihrem Bezirk am Laufen hat. Vermögen und Bau betreut sämtliche Landeseinrichtungen im Nordschwarzwald sowie Baden-Baden und überdies als Schwerpunkt die Justizvollzugsanstalten in Nordbaden. Kurz gesagt, die Leute aus der Simmler Straße in Pforzheim müssen sich dort um jede defekte Tür, jeden Putztrupp und jeden Auftrag kümmern.

Es ist ein großes Glück, dass das Pforzheimer Polizeipräsidium bereits fertig ist
Pia Riegert-Matt, Chefin beim Amt für Vermögen und Bau in Pforzheim

Kein Problem, mag jetzt mancher denken, der die Welt vom Homeoffice aus betrachtet. Wie falsch die Einschätzung ist, enthüllt indes allein schon der Blick auf die Polizei. Riegert-Matt spricht von „einem großen Glück, dass wir beim neuen Präsidium in Pforzheim alles pünktlich fertig hatten“.

Nicht minder begeistert ist die Chefin der regionalen Landesbaubehörde vom corona-perfekten Baustellenbetrieb in der Justizvollzugsanstalt in Heimsheim. Als dort Quarantäne angesagt wurde, waren die Handwerker gerade fertig mit der rund acht Millionen Euro teuren Erneuerung von Trinkwasserversorgung und technischen Anlagen. Lediglich im Außenbereich ist noch was zu tun, während bei Vermögen und Bau der nächste große Schlag vorbereitet wird: Die Erweiterung der Haftplatzkapazität für rund 20 Millionen Euro dürfte dafür sorgen, dass auch nach Corona was geht am Bau.

Zentrale Aufgabe in Krisenzeiten: Baustellen am Laufen halten

Wirtschaftsfragen dieser Art berühren viele Projekte der Architekten und Fachingenieure bei der Landesbauverwaltung. Vorrangig sorgen sie derzeit natürlich dafür, dass die sicherheitskritischen Einrichtungen sauber laufen, reagieren sofort, wenn etwas klemmt in einer Polizeidienststelle oder Vollzugsanstalt. Eine ihrer zentralen Aufgaben gerade in Krisenzeiten ist daneben aber, Baustellen am Laufen zu halten, damit Firmen wenigstens hier auf sichere Einnahmen setzen können.

In Alpirsbach fehlen die Steine

Einfach ist das nicht, erläutert Riegert-Matt. Sie erlebt, was auch auf anderen Baustellen zu beobachten ist. In der Pforzheimer Abschiebehaftanstalt zum Beispiel gibt es zwar das Holz für den Innenausbau. Das nützt aber nichts, wenn Scharniere und andere Metallverbindungen fehlen, die in Italien gefertigt werden. Auch bei den sorgsam ausgewählten neuen Steinen für den Klostervorplatz in Alpirsbach steckt das Coronavirus drin. Die Lieferung aus dem Elsass stockt.

Mehraufwand ist noch nicht berechnet

Hygienevorschriften setzen dem noch etwas drauf. „Firmen tun sich oft schwer damit, die Vorschriften umzusetzen“, beobachtet Riegert-Matt, beispielsweise „Monteurs-Familien“ zu bilden, die keine Berührungspunkte miteinander haben dürfen. An Vermögen und Bau hänge lediglich, für Waschgelegenheiten zu sorgen und Pausenräume corona-tauglich zu machen. „Noch nicht abschätzen“ lasse sich, wie sich derartiger Mehraufwand finanziell niederschlägt. Bislang gebe es keine großen Einschränkungen – auch nicht beim Nationalparkzentrum. Die Baustelle dort laufe geradezu vorbildlich.

Reinigungsfirmen fehlen die Elsässer

Dienstleistungen für den Gebäudebetrieb – also beispielsweise die Reinigungsfirmen – sind ebenfalls nicht frei von Corona-Infizierungen. „Wir müssen hier im Notbetrieb von den strengen Regularien etwas abweichen“, sagt Riegert-Matt. Normalerweise kann sie die Betriebe nicht einfach mal so beispielsweise von der fast leeren Finanzbehörde zur Pforzheimer Polizei beamen.

Wenn aber die einen nichts zu tun haben und den anderen die Elsässer fehlen, die jetzt nicht mehr zur Arbeit kommen können, braucht es schnelle Lösungen. Damit in Sicherheitsbereichen reibungslos alles läuft, wie es soll, rücken Ausschreibungen und Leistungsverzeichnisse etwas in den Hintergrund.

Heimliche Besuche im Amt

Ausnahmesituation eben – übrigens auch bei Bau und Grund selbst. Erst waren viele nach den Faschingsferien in Quarantäne, dann stellte sich heraus, dass sich die Sache mit dem Homeoffice gar nicht so leicht realisieren lässt, beschreibt die Chefin. Das Landesverwaltungsgesetz lässt ein Arbeiten am privaten Rechner nicht zu und ein Dienstlaptop hat lange nicht jeder.

Folge davon ist jetzt ein Dreischichtbetrieb für Führungs- und Funktionskräfte. In der ersten Schicht ist jede Position vor Ort besetzt, in der zweiten sind deren Vertreter im Homeoffice und dann gibt es noch die Backup-Schicht – ebenfalls im Homeoffice.

In der Simmlerstraße gibt es derweil geradezu heimliche Besuche. Wer dann doch den Baden-Württemberg-Computer braucht oder zumindest jemanden, der ihn bedient, der kommt für morgens, nach Dienstschluss oder am Wochenende – auf jeden Fall so, dass es keine Begegnung gibt.

Vermögen und Bau

Das Pforzheimer Amt für Vermögen und Bau hat aktuell 40 Baumaßnahmen mit einem Investitionsumfang von rund 117 Millionen Euro laufen. In Planung sind weitere 47 Projekte mit einem Volumen von etwa 91 Millionen Euro. Dazu zählen kleine Instandsetzungen, zum Beispiel an der Hochschule Pforzheim, und das 50 Millionen Euro schwere Besucherzentrum im Nationalpark Schwarzwald.

Alles zusammen macht das die Behörde zu einem wichtigen Auftraggeber der Bauwirtschaft. Aktuell arbeiten etwa 500 Firmen für Vermögen und Bau in Pforzheim. Sie teilen sich rund 950 Aufträge mit einem Volumen von 71 Millionen Euro. Für den Betrieb der Landesgebäude im Zuständigkeitsgebiet veranschlagt das Amt derzeit zwölf Millionen Euro.

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