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Zum Weltkrebstag

Selbsthilfegruppe Frauen und Krebs in Pforzheim: „Die Mädels haben mich getragen“

Frauen wie Gisela Förschler erinnern die jetzigen Hygieneregeln an eine Zeit, in der ihre Umgebung möglichst steril sein sollte. Sie erkrankte vor rund zwei Jahren an Leukämie.

ARCHIV - Der Radiologe Dr. Walter Heindel deutet im Referenzzentrum Mammographie am Universitätsklinikum Münster (UKM) auf eine Auffälligkeit in einer weiblichen Brust, dargestellt auf einem Computermonitor. Die Landesregierung will das landesweite Krebsregister zur Erfassung von Tumorbehandlungen noch vor dem Sommer auf den Weg bringen.  (zu dpa «Umfangreicheres Krebsregister soll Patienten helfen» vom 09.01.2017) Foto: Friso Gentsch/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
Bestandteil der Vorsorge: Die Mammographie hilft Medizinern Auffälligkeiten in einer Brust zu erkennen, dargestellt auf einem Computermonitor. Foto: Friso Gentsch

Immer wieder Händewaschen, Maske tragen, Kontakte reduzieren: Gisela Förschler kennt das alles nur zu gut. Die jetzigen Hygieneregeln erinnern sie an eine besonders schwere Zeit in ihrem Leben. 2018 wurde bei der Birkenfelderin akute Leukämie diagnostiziert. Schnell sei klar gewesen, dass nur eine Stammzellenspende ihr Leben retten könnte.

„Zum Glück habe ich nach relativ kurzer Zeit eine Spende bekommen“, sagt Förschler. Um ihr schwaches Immunsystem nicht noch mehr zu belasten, sollte die Umgebung damals möglichst steril sein. Die wenigen Menschen, die sie damals besuchten, mussten in kompletter Schutzmontur kommen.

Heute geht es mir wieder gut.
Gisela Förschler überstand zwei Krebserkrankungen

„Heute geht es mir wieder gut“, sagt die 72-Jährige nach mittlerweile zwei überstandenen Krebserkrankungen. Die erste wurde vor zehn Jahren entdeckt. Ein aufmerksamer Arzt bemerkte bei einer Routine-Mammographie eine Veränderung an einer Brust. Nach Biopsie und Operation stellte sich heraus, dass beide Brüste befallen waren. „Parallel zur Entfernung wurden sie wieder aufgebaut“, erzählt Förschler.

Damals stieß sie auf „Frauke“, die vor elf Jahren gegründete Selbsthilfegruppe Frauen und Krebs, die heute rund 150 Mitglieder in Pforzheim und Enzkreis zählt. Auch Angehörige sind darunter. Aus einer Initiative für Brustkrebspatientinnen ist inzwischen eine „Auffangstation“ für alle möglichen Krebsarten geworden, wie Frauke-Vorsitzende Dorothea Dümmig es nennt.

Selbsthilfegruppe bringt ein Stück Normalität

Der 4. Februar ist für Frauke kein Datum, das einer besonderen Erinnerung bedarf, bloß weil er als „Weltkrebstag“ im Kalender steht. „Das Thema ist für uns immer präsent“, sagt Dümmig. So ist dieser Donnerstag ein weiterer von vielen Tagen, an denen es pandemiebedingt kein zwangloses Reden in der Runde gibt. „Die Frauen leiden darunter. Denn durch die Selbsthilfegruppe erfahren sie ein Stück weit Normalität.“

Dafür werden die Telefonate etwas länger und Ratschläge auch per E-Mail übermittelt. Und es gibt „Dorothea D.s“ monatlichen Rundbrief mit Vorträgen, guten Wünschen, interessanten Neuigkeiten und fachlichen Informationen.

Wichtige Operationen werden nicht verschoben

Doch auch jetzt in der Pandemie sei die medizinische Behandlung von Krebspatienten gesichert. Ob Brust, Darm, Leber oder Lunge: „Bei lebensbedrohlichen Befunden wird immer operiert“, betont Dümmig. Für die Frauen von Frauke ist die Pandemie um so mehr ein Grund, vorsichtig zu sein und Kontakte zu reduzieren.

Aufgrund ihrer Krankheitsgeschichte glaubt Förschler, besser mit dieser Situation umgehen zu können, als Menschen, die von derartigen Schicksalsschlägen verschont geblieben sind. Und sie weiß die Kostbarkeit des Lebens zu schätzen. „Ich habe Glück gehabt.“ Weil ihr Brustkrebs so frühzeitig erkannt wurde, sei er nicht lebensbedrohlich gewesen. Die Leukämie dagegen war es. „Ich stand auf der Kippe.“

Kein Krebs ist wie der andere

Jede in der Gruppe habe ihre eigene Krebsgeschichte, erklärt Förschler. Oft folgen auf die Brust-OP Chemotherapie und Bestrahlung, „da muss man sich besonders schützen“. Dümmig hatte einen Tumor in der Brust, der nicht hormonabhängig war. Auf die OP folgte eine längere, sehr belastende Chemotherapie. Bei Förschler war der Krebs dagegen hormonabhängig, sodass sie mit einer Antihormontherapie behandelt wurde.

Sechs Jahre nahm sie Medikamente, wurde engmaschig überwacht. Förschler berichtet von den guten Medizinern, die sie während ihrer Krankheiten betreuten, vom Hausarzt bis zu den Spezialisten in den Kliniken. Eine besondere Form der Hilfe, die für Betroffene wie sie ähnlich wichtig war und wohl immer wichtig bleiben wird, vermag Förschler kaum in Worte zu fassen.

Ob in Zeiten der Isolation, da sie außer ihrem Mann kaum jemanden sah, oder in Momenten nahe der Hoffnungslosigkeit: Frauke war immer da. „Die Mädels haben mich getragen“, sagt sie. „Es ist schön und tut so gut, zu spüren, dass jemand da ist, der an einen denkt und für einen betet.“

Betroffene haben sich viel Fachwissen angeeignet

Manchmal wollten Betroffene ihre Familie nicht mit der Krankheit belasten, weiß Dümmig. „Uns können sie ganz anders fragen.“ Die 69-Jährige engagiert sich seit ihrer eigenen Brustkrebserkrankung vor 25 Jahren in der Selbsthilfe. Sie beschreibt die Solidarität, die innerhalb von Frauke gewachsen ist, während des Kampfes gegen Krebs und der gegenseitigen Unterstützung dabei. Frauke arbeitet mit der Krebsberatungsstelle zusammen und der Patientenberatung.

Ihre Krankheiten haben Frauen wie Förschler und Dümmig zu Expertinnen gemacht. Mit ihrem Fachwissen geben sie anderen auch Mut weiter. Dümmig beschreibt Entwicklungen in der Diagnostik, der Medikation, der Therapieformen. Diese sorgen dafür, dass eine Brustkrebsdiagnose nicht gleichbedeutend mit einem Todesurteil ist. Kein Krebs ist wie der andere. „Wir haben heute eine personalisierte Medizin. Keine Chemotherapie wird aus dem Regal heraus genommen, sondern speziell auf den Menschen angepasst. Alle Betroffenen werden engmaschig behandelt.“

Corona bedeutet für alle eine Ausnahmesituation

Aber Corona ist und bleibt für alle eine Ausnahmesituation. Dümmig merkt es auch daran, dass sich in Gespräche nun oft finanzielle Sorgen mischen, wenn etwa der Arbeitsplatz wegbricht. Auch deshalb sagt sie: „Es ist so wichtig, das Leben anzunehmen, Lebensfreude zu haben, auch in der Corona-Zeit.“

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