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Vorreiterrolle der Gleichberechtigung

Frauenfußball seit 1968: Der VfB Unzhurst ist ein Ausnahmefall in Südbaden

Kann es einen Mister Frauenfußball geben? Die Ironie ist unübersehbar. Doch es ist nun mal so: Die Geschichte des Frauenfußballs beim VfB Unzhurst ist ohne Hermann Neuburger nicht zu denken. Und es ist eine Geschichte, wie es sie in Südbaden kein zweites Mal gibt.

Hermann Neuburger
Hermann Neuburger Foto: Wilfried Lienhard

Seit 1968 wird in dem Ottersweierer Teilort Unzhurst ununterbrochen Frauenfußball gespielt. Dabei war der VfB Ende der 60er einer von zahlreichen Vereinen, die den Frauenfußball einführten. „Die sind aber schnell wieder verschwunden“, erinnert sich Neuburger. Zu oft war es nur der Reiz des Neuen, die Sensationslust, Fußball spielende Frauen zu sehen, die zu gewaltigen Zuschauerzahlen führten. Doch der Zauber des Aufbruchs verflog. Neuburger kennt einen auf den ersten Blick widersprüchlichen Grund dafür: Je besser die Teams geworden seien, desto mehr habe der Zuspruch nachgelassen – es war schwieriger geworden, die Spiele aus einer überheblichen (Männer-)Warte zu verfolgen.

1967 war der Lehrer in den Ort gekommen. Rasch wurde er beim VfB Jugendtrainer. 1968 fragten einige Frauen, ob er auch sie trainieren würde. Sein Ja mündete in eine fast 30 Jahre währende Trainer-Laufbahn. Den langen Atem des VfB nährten seine Erfolge: In den 70er Jahren war er Serienmeister im Bezirk Baden-Baden; 1978 war er dabei, als die Verbandsliga der Damen etabliert wurde.

Unzhurst wird zum Abräumer in Südbaden

1983 schließlich räumte der VfB bei den Frauen sämtliche Titel ab, die in Südbaden zu holen waren, und spielte sowohl um den DFB-Pokal als auch um die deutsche Meisterschaft. Dass jeweils in der ersten Runde das Aus kam (im Pokal gegen Bad Neuenahr, in der Meisterschaft gegen Rendsburg) schmälert das Erlebnis nicht: „Es war fantastisch“, blickt Neuburger zurück.

Es war auch die Voraussicht, die solche Erfolge möglich machte. Bereits 1978 war in Unzhurst der Mädchenfußball eingeführt worden. „Uns war damals klar, dass wir auf Dauer nur mit einem guten Unterbau Erfolg haben würden“, blickt Neuburger zurück. Auch auf Verbandsebene setzte sich Neuburger dafür ein, die Bedingungen zu verbessern. Bei der Einführung der Verbandsliga sei es versäumt worden, einen adäquaten Unterbau zu schaffen: „Der Sprung von der Bezirksliga in die Verbandsliga war viel zu groß“, sagt Neuburger, der sich deshalb intensiv um die Einführung einer Landesliga bemühte, die nach etlichen Jahren auch kam.

Zurück in der Verbandsliga

Heute spielt der VfB wieder in der Verbandsliga, nachdem er zwischenzeitlich in der Bezirksliga gelandet war. Die Perspektiven sind gut, nicht zuletzt dank guter Jugendarbeit. Hermann Neuburger ist immer noch ein wenig erstaunt, was zwischen 1968 und 2020 passiert ist: „Zu erwarten war das damals nicht, höchstens zu hoffen.“ Groß sei der Widerstand gewesen, es habe medizinische Vorbehalte gegeben, Journalisten hätten Vorurteile geschürt, und in ihren Familien sei jungen Frauen der Sport auch mal verboten worden. Doch die Zeit sei einfach reif gewesen für diesen Aufbruch, und in dieser Perspektive verdankt der Frauenfußball seine Geburt vor einem halben Jahrhundert auch gesellschaftlichen Veränderungen.

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