Es war ein Vulkanausbruch, nichts weniger. Das Magma hatte 90 Minuten gebrodelt, doch es war nicht übergekocht, denn auch Miroslav Klose und Michael Ballack brachten bei ihren Lattentreffern kurz vor Ende den Ball nicht im Tor unter.
Zweites Gruppenspiel, Deutschland 0, Polen 0. Die Klinsmann-Truppe hätte bei der Heim-WM 2006 den ersten Dämpfer erlebt.
Odonkor und Neuville erlösen Deutschland
Doch dann machte sich in der Nachspielzeit David Odonkor am rechten Flügel auf den Weg und legte den Ball präzise in Richtung Fünfmeterraum. Die Fußsohle des heranstürzenden Oliver Neuville drückte die Kugel über die Linie: 1:0, drei weitere Zähler für Deutschland.
Das Dortmunder WM-Stadion bebte heftigst, auf den Fanmeilen und vor den heimischen Fernsehern landauf, landab lagen sich die Menschen in den Armen.
Die Partie war das Drehbuch für das Sommermärchen 2006: Die überraschend für die WM nominierten Odonkor und Neuville werden eingewechselt und Matchwinner, das erlösende Tor fällt in der Nachspielzeit, als keiner mehr damit rechnete, und die emotionalen Reaktionen darauf sind überwältigend.
Wäre es beim 0:0 geblieben oder hätte Deutschland nach Treffern in der 34. und 63. Minute 2:0 gewonnen – das Sommermärchen wäre so nicht möglich geworden. Eine steile These? Nicht so steil wie der Pass, mit dem Bernd „Schnix“ Schneider Odonkor vor dem Siegtor auf die Reise schickte.