Skip to main content

Vor Klassiker im Wildpark

Selbstbewusster KSC fühlt dem HSV auf den Zahn: „Aufgestiegen sind sie noch nicht“

Der Karlsruher SC gegen den Hamburger SV: Am Sonntag werden über 23.000 Zuschauer im Wildpark dabei sein, wenn die Heimelf ihre Gäste auf ihrem Aufstiegskurs aufzuhalten versucht.

Kennen sich - beharken sich: Der Abnutzungskampf zwischen dem Karlsruher Linksverteidiger Philip Heise (rechts) und Hamburgs Tempodribbler Bakery Jatta wird nur eines von vielen Schlüsselduellen am Sonntag sein.
Kennen sich - beharken sich: Der Abnutzungskampf zwischen dem Karlsruher Linksverteidiger Philip Heise (rechts) und Hamburgs Tempodribbler Bakery Jatta wird nur eines von vielen Schlüsselduellen am Sonntag sein. Foto: Norbert Gettschat/imago images

Das eigene Tor zu verteidigen, erfordert mitunter bedingungslose Bereitschaft zur Drecksarbeit. Zu deren Bewältigung trägt Philip Heise neuerdings gerne mal blütenweiße Schuhe auf. In der Branche stehen sie für einen Schick, dem Künstler und Strategen gerne verfallen.

Am Sonntag (13.30 Uhr/BNN-Live-Ticker) im mit mehr als 23.000 Besuchern erstmals seit Baubeginn ausverkauften Wildparkstadion wird dem offensiv denkenden Linksverteidiger des Karlsruher SC aber an erster Stelle die Aufgabe zufallen, einen der giftigsten Gegenspieler auf dem dann vom Regen früh ramponiert und kräftezehrend zu erwartenden Rasen zu zähmen. Wieder einmal.

Über Bakery Jatta, dessen Identitäts-Verfahren das Landgericht Altona in dieser Woche einstellte, urteilt Heise: „Es gibt viele gute Spieler in der Liga, aber er gehört zu den besonders unangenehmen. Im Sprintduell hat man gegen ihn eigentlich keine Chance.“

Heise gegen Jatta, Jung gegen Dompé

Für Heise wird es im Spiel gegen den Tabellenzweiten Hamburger SV deshalb auch darum gehen, den Gambier so oft wie möglich daran zu hindern, mit Tempo anzulaufen und hinter die Karlsruher Kette zu kommen. Auch wird er es zu vermeiden versuchen, sich von ihm in Eins-gegen-Eins-Duelle verwickeln zu lassen.

Im Sprintduell hat man gegen ihn eigentlich keine Chance.
Philip Heise, Abwehrspieler des KSC

Auf sein Stellungsspiel wird es deshalb ankommen - und darauf, dass die „Antennen von Anfang bis Ende ausgefahren bleiben“, wie Heise sagt und nicht vergisst, außerdem zu erwähnen: „Ich habe oft genug gegen ihn gespielt, weiß, wo seine Stärken und Schwächen liegen und hoffe, dass sich dieses Wissen auszahlt. Auf jeden Fall ist es eine Aufgabe, bei der man zeigen kann, was man draufhat.“

Das gilt für alle beim KSC, auch für Sebastian Jung im zu erwartenden Pendant-Duell auf der rechten Seite, über die Jean-Luc Dompé wirbeln wird. Jedenfalls kündigt KSC-Coach Christian Eichner an, dass Jung trotz der bei ihm beim 2:0-Sieg in Rostock aufgetretenen Muskelverhärtung im Oberschenkel einsetzbar sein wird.

Mit Ausnahme der operierten Tim Breithaupt und Kyoung-Rok Choi gelte das für alle in seinem Kader. Die Frage, wie sinnvoll allerdings ein Einsatz von Stephan Ambrosius wäre, beantwortete sich zuletzt von selbst. Nach seinen im Spiel gegen Regensburg aufgetretenen muskulären Problemen trainierte der vom HSV ausgeliehene Abwehrspieler am Freitag zumindest erstmals wieder mit der Mannschaft.

Wenn wir gut dagegenhalten und verteidigen, wie das in den letzten Spielen der Fall war, dann werden wir vorne unsere Möglichkeiten bekommen.
Marius Gersbeck, Torwart KSC

Angesichts der atmosphärischen und personellen Voraussetzungen sei „hoffentlich alles vorbereitet für ein tolles, interessantes Fußballspiel“, meint Eichner und erinnert daran, dass fast alle in den letzten Jahren bestrittenen Duelle mit dem HSV „eine gewisse Enge“ aufwiesen. Dass vier Siege in Folge das positive Denken auch vor so einem Spiel erleichtern, steht dabei außer Frage.

Gersbeck mit dem Selbstbewusstsein des Serien-Siegers

Heise charakterisiert die von Tim Walter auf Ballbesitz getrimmte Konkurrenz vom HSV als „etablierte und gute Zweitligamannschaft, die das Potenzial hat, aufzusteigen“ und lässt nach einer Pause fallen: „Aber aufgestiegen sind sie noch nicht.“

KSC-Torwart Marius Gersbeck, bei den Siegen gegen Sandhausen (3:0), Regensburg (1:0) und Rostock (2:0) nicht bezwungen, spricht im Vorfeld über den bekannt „spielstarken und dominanten Gegner“. In dessen Kader war vor der Saison kein Platz mehr für Ambrosius und Mikkel Kaufmann. Beide versuchten seither beim KSC glücklicher werden.

Mit dem Selbstbewusstsein des Serien-Gewinners stellt Gersbeck fest: „Wenn wir gut dagegenhalten und verteidigen, wie das in den letzten Spielen der Fall war, dann werden wir vorne unsere Möglichkeiten bekommen.“

Das Duell an sich, das in der Hinrunde nach einem Tor von Ludovit Reis 1:0 für die Gastgeber im Volksparkstadion endete, ruft in Karlsruhe die alten Reflexe hervor. Obwohl er zum Zeitpunkt der Relegation vor fast acht Jahren bei Hertha BSC unter Vertrag stand, kommen selbst bei Gersbeck noch heute bittere Erinnerungen hoch.

Als der KSC den Bundesliga-Aufstieg um Haaresbreite verpasste, litt er mit seinen Fan-Freunden im Block mit. „Für den KSC war das eine große Chance. Das Spiel ist in den Köpfen geblieben, weil es ein komisches Ende hatte. Letztlich, so ehrlich muss man sein, ist aber auch ein Treffen mit dem HSV ein normales Ligaspiel.“

Letzter KSC-Sieg gegen den HSV im Pokal

Seinen letzten Sieg gegen den HSV feierte der KSC im August 2012 als Drittligist im Pokal, damals war es ein 4:2 im Wildpark. Der nach Elfmeterschießen verpasste Halbfinaleinzug des KSC vor einem Jahr war das jüngste Kapitel in einer an bitteren Episoden reichen Geschichte des Aufeinandertreffens beider Clubs.

Seinerzeit flog Christoph Kobald bei einer Karlsruher 2:0-Führung vom Platz, was dem Match die Wende gab. Der Innenverteidiger besitzt für Sonntag beste Karten im Team zu bleiben. Kaufmann wird im Verbund mit Fabian Schleusener in vorderster Linie versuchen, seine ehemaligen Mitspieler in ihrem Aufbau zu stressen.

Der aus dem Karlsruher Nachwuchsleistungszentrum hervorgegangene HSV-Coach Walter erwähnt Kaufmann am Freitag bei der Pressekonferenz, erinnert sich gerne an Kaufmann, den „guten Jungen“, der „manchmal etwas verpeilt“ war und auch schon mal ein Training verschlief. „Ich wünsche ihm das Allerbeste. Am Wochenende gegen uns muss er aber nicht unbedingt treffen“, äußert Walter bei der Pressekonferenz, wie auch, dass er „nicht mehr viele Verbindungen nach Karlsruhe“ unterhalte.

Ich wünsche ihm das Allerbeste. Am Wochenende gegen uns muss er aber nicht unbedingt treffen
HSV-Trainer Tim Walter über KSC-Stürmer Mikkel Kaufmann

Da Sebastian Schonlau wegen einer Sprunggelenkverletzung und Mario Vuskovic aufgrund einer Dopingsperre ausfallen, sind vor Torwart Daniel Heuer Fernandes der Spanier Javi Montero und Jonas David zu erwarten, ohne dass sich Eichner von angeblichen oder drohenden Ausfällen beim Gegner verunsichern lassen will. Er sagt: „So wie ich Tim kenne, werden Ausfälle nichts daran ändern, dass er versuchen wird, seinen Weg und seinen Stil durchzuziehen.“

Gersbeck will aktiv und präsent sein

Beide Seiten kennen einander gut. Der KSC wird sich abermals einem variablen, mit ständigen Positionswechseln agierenden Gegner gegenübersehen, dessen Chipbälle auf die Flügelflitzer Jatta und Dompé nur eines von mehreren giftigen Stilmitteln darstellt, die seine Deckung in Alarmbereitschaft halten dürfte.

So werde es darauf ankommen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, Nadelstiche zu setzen, „aktiv und präsent zu sein“, erwartet Gersbeck, der zuletzt davon ausging, dass ihn die beim 2:0-Sieg in Rostock erlittene Hüftprellung nicht behindern wird.

Eines steht schon jetzt fest: Ein Tag für weiße Schuhe wird der Sonntag auf dem Wildpark-Rasen eher nicht. Eher harte Arbeit für beide Teams.

nach oben Zurück zum Seitenanfang