Corona hat auch den organisierten Sport im Griff. Durch die Lockdowns haben die 2.256 Vereine beim Badischen Sportbund (BSB) drei Prozent ihrer Mitglieder verloren, vor allem viele Kinder und Jugendliche.
BSB-Präsident Martin Lenz fordert im Gespräch mit BNN-Redakteur Reinhard Sogl, dass Bund und Land dem Sport endlich eine Öffnungsstrategie bieten müssen.
Der BSB Nord verzeichnet einen Mitgliederrückgang für das Jahr 2020 von rund drei Prozent. Wie werten Sie dieses Minus?
LenzNach Jahren kontinuierlicher Steigerung der Mitgliederzahlen in unseren Sportvereinen verzeichnen wir zum ersten Mal wieder einen leichten Rückgang. Ausgehend von unseren rund 790.000 Mitgliedern im Jahr zuvor fällt das Minus mit zirka drei Prozent angesichts der aktuell ungünstigen Rahmenbedingungen gleichwohl niedriger aus, als erwartet. Ich bin allen Mitgliedern für ihre Treue dankbar, in diesen Krisenzeiten zu ihren Vereinen zu stehen.
Eklatant fällt der Rückgang bei den Kindern bis sechs Jahre mit einem Minus von etwa 15 Prozent aus, bei den sieben- bis 14-Jährigen noch um vier Prozent. Wie hätte dieser Aderlass zumindest minimiert werden können?
LenzDies ist der prägnanteste Aspekt der Analyse unserer Mitgliederentwicklung. Vergangene Woche hatte ich die Gelegenheit, bei der Unterzeichnung des Solidarpakts Sport IV mit Ministerin Eisenmann zu sprechen, die dies für alarmierend hält. Aber der Blick zurück hilft nicht weiter. Es gilt, am nächsten Mittwoch bei der Ministerpräsidentenkonferenz eine Öffnungsstrategie für unsere Sportvereine auf den Weg zu bringen, vor allem für diejenigen, die Kinder- und Jugendsport anbieten. Es ist zu kurz gedacht, wenn nur über Schulen und Kitas diskutiert wird. Für mich besteht der entscheidende Dreiklang aus Schulen, Kitas sowie dem Kinder- und Jugendsport unserer Sportvereine.
Verbände und Vereine befürchten, dass ganze Jahrgänge auf Dauer dem Sport verloren gehen könnten. Wie groß sind Ihre Bedenken?
LenzHier gehe ich mit Zuversicht an die Problemlösung: Es gilt, die Sportvereine von Seiten der öffentlichen Hand zu unterstützen, um Mitglieder zurückzugewinnen. Mit dem von uns ausgerufenen Karlsruher Sportjahr 2021 in Kooperation zwischen Sportkreis, Sportbund und der Stadt Karlsruhe sind wir bereits am Start.
Wie kann man den Nachwuchs wieder für den Sport gewinnen?
LenzWir müssen viele Sportgelegenheiten an der frischen Luft initiieren. Deshalb braucht es einen Stufenplan der Wiederöffnung unserer Sportvereine, der logischerweise nicht mit Hallensport beginnt. Wir alle sind aufgefordert, neue Formate zu entwickeln, die dem Infektionsschutz Rechnung tragen.
Bei der letzten Bund-Länder-Konferenz in Sachen Corona hat der Sport überhaupt keine Rolle gespielt. Am 3. März trifft sich das Corona-Kabinett wieder. Was erwarten Sie für den Sport von dem Treffen?
LenzDer Sport hat bewiesen, dass er Hygienekonzepte diszipliniert befolgen kann. Insofern hält sich mein Verständnis in Grenzen, dass der Sport nicht als Lösung, sondern als Problem in der Pandemie angesehen wird. Mit Blick auf die vergangene Sportministerkonferenz und Gespräche mit politisch Verantwortlichen bin ich optimistisch, dass diesbezüglich am Mittwoch ein Umkehrschwung stattfindet.
Am Donnerstag wurde der Solidarpakt IV unterzeichnet. Das Land hat seine Zahlung für den Sport von 87,5 auf 105,5 Millionen jährlich erhöht. Wie bewerten Sie das Ergebnis?
LenzDer Solidarpakt Sport IV ist für den Sport die größtmögliche Wertschätzung von Seiten der Landesregierung. Ich hätte nie damit gerechnet, dass es einen Aufwuchs im zweistelligen Prozentbereich gibt. Wir vom Sport werden unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung weiterhin gerecht werden können.
Reichen die Summen aus vor dem Hintergrund der Pandemie, die viele Vereine in existenzielle Nöte gebracht hat?
LenzDas Land hat dankenswerter Weise auch eine Soforthilfe Sport in zweistelliger Millionenhöhe auf den Weg gebracht. Bislang reichen diese Mittel aus. Der Sport benötigt jedoch Planungssicherheit und schaut deshalb gebannt auf den nächsten Mittwoch. Sollte dort keine Rückkehr zum Sporttreiben ermöglicht werden, muss man sich wirtschaftlich größere Sorgen machen, als es bisher der Fall war. Es bleibt festzuhalten, dass der Sport eine breite politische Unterstützung benötigt.