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Fair-Play in der Oberliga

Stuttgarter Kickers schießen in Nöttingen absichtliches Eigentor

Es ist die Szene des Spieltags – und eine, die auch überregional für Aufsehen gesorgt hat: Die Stuttgarter Kickers schießen beim Spitzenspiel gegen den FC Nöttingen ein Eigentor. Auf Anweisung ihres Trainers.

Nöttingens Trainer Marcus Wenninger (Mitte) diskutiert im Spiel gegen die Stuttgarter Kickers mit dem Schiedsrichter.
Redebedarf: Nöttingens Trainer Marcus Wenninger (Mitte) zeigte sich über das Verhalten der Kickers zuerst erstaunt – doch dann folgte die Überraschung. Foto: Eibner-Pressefoto/Dimitri Drofitsch

Man kann eine solche Szene selten nennen. Oder außergewöhnlich. Marcus Wenninger, Trainer des Fußball-Oberligisten FC Nöttingen, fand für das, was da am Samstagnachmittag im Auswärtsspiel seiner Nöttinger bei den Stuttgarter Kickers auf der Waldau geschah, noch deutlichere Worte: Als „große Geste“ betitelte der 48-jährige Coach der Remchinger ein Eigentor der Kickers, FCN-Kapitän Timo Brenner sah „eine überragende Aktion“. Und das nicht etwa aus Häme, sondern vielmehr aus Anerkennung.

Denn Ramon Gehrmann, Wenningers Gegenüber bei den Stuttgartern, schlug mitnichten die Hände über dem Kopf zusammen, als Lukas Kling den Ball ins eigene Netz beförderte. Er selbst hatte das Eigentor am Ende der ersten Halbzeit angeordnet – und erhielt für sein Fair-Play nicht nur von den Nöttinger Spielern und Verantwortlichen Applaus.

Wir hatten alle damit gerechnet, dass der Ball zurückkommt, waren dementsprechend passiv.
Andreas Dups, Torwart FC Nöttingen

Doch was war geschehen? Es lief gerade die 43. Spielminute im Oberliga-Spitzenspiel, als Nöttingens Verteidiger Christian Heinrich nach einem Zweikampf mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden liegen blieb. Daniel Elfadli kickte den Ball daraufhin ins Aus – „allerdings ist er ihm dabei ans Knie gesprungen“, gesteht Brenner. Anstatt den Nöttingern den Ball beim folgenden Einwurf zurückzuspielen, machten die Kickers Druck: Die völlig überrumpelten Gäste konnten nur zusehen, wie Cristian Gilés Sánchez den Ball an FCN-Keeper Andreas Dups vorbei zum 2:0 einschob. „Wir hatten nach dem Einwurf der Kickers das Spielen komplett eingestellt, so war der Weg dann frei“, kommentiert Wenninger und auch Keeper Dups sagt: „Wir hatten alle damit gerechnet, dass der Ball zurückkommt, waren dementsprechend passiv. Die Jungs haben zwar noch versucht das auszubügeln, ich hatte aber keine Chance“.

Die Nöttinger protestierten – und Ramon Gehrmann suchte das Gespräch mit Schiedsrichter Jürgen Schätzle. Schließlich hatten einige seiner Spieler durch das Verspringen des Balles nicht den Eindruck gehabt, dass der Ball absichtlich ins Aus gespielt worden war. Als Schätzle dem Stuttgarter Coach die Absicht allerdings bestätigte, machte dieser eine klare Ansage: Der Ball sollte ins eigene Tor. Kling führte den Auftrag seines Trainers aus und traf direkt nach dem Nöttinger Anstoß aus der Distanz zum 1:2-Anschluss aus Sicht des FCN.

„Ich bin katholisch“, erklärte Gehrmann nach Abpfiff der Partie – die Kickers gewannen letzten Endes mit 4:1 – seine Reaktion. „Und da oben gibt es ein Konto, wo man abheben und einzahlen kann. Heute haben wir wahrscheinlich wieder eingezahlt.“ In der Pause sei nicht jeder mit seiner Reaktion einverstanden gewesen, schließlich hätten die Nöttinger in der zweiten Halbzeit noch ausreichend Zeit gehabt, dem Spiel eine Wende zu geben. „Dann wäre ich jetzt wohl nicht so locker drauf“, sagte Gehrmann schmunzelnd. „Auch wenn wir natürlich gerne gewonnen hätten“, sagte Andreas Dups, „allein für solch eine Aktion und Top-Geste muss man sagen, dass der Sieg auch verdient war“.

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