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EU plant gesetzliche Regelung

Trend zu Kunstrasenplätzen in der Region: Kork als umweltfreundliche Granulat-Alternative

Fußballplätze mit Kunstrasen haben etliche Vorteile gegenüber dem natürlichen Untergrund aus Gras, doch dafür auch ein gravierendes Problem - das umweltschädliche Plastikgranulat.

Pflegeleicht, robust und bereits mit festen Markierungen versehen - das sind die Vorteile eines Kunstrasenplatzes. Doch hier hat man außerdem als Granulat das umweltfreundliche Material Kork verwendet, statt der problematischen Mikroplastik, die von der EU verboten werden soll.
Pflegeleicht, robust und bereits mit festen Markierungen versehen - das sind die Vorteile eines Kunstrasenplatzes. Doch hier hat man außerdem als Granulat das umweltfreundliche Material Kork verwendet, statt der problematischen Mikroplastik, die von der EU verboten werden soll. Foto: KBS picture / imago images

Frank Dreher hat eine Schwäche für Fußball, den man auch riechen kann: Der Duft nach frisch geschnittenem Rasen, er gehört für ihn zu den 90 Minuten eigentlich dazu: „Klar ist auch“, sagt der Vorstand Jugend des VfB Bühl, „ein Spiel auf Kunstrasen kommt an eines auf echtem Rasen nicht heran.“

Zumal selbst die modernsten Kunststofffasern gegenüber echtem Gras einen entscheidenden Nachteil haben: „Wenn Sie bei einem Tackling fünf Meter über den Platz schlittern, sieht Ihr Oberschenkel danach aus wie bei einer Brandwunde.“

Nun könnte man also meinen, dass Dreher und der VfB Bühl beinharte Traditionalisten sind, die sich mit Händen und Füßen wehren würden, wenn man ihnen einen Kunstrasenplatz andienen wollte. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Bei jeder Witterung nutzbar

Denn zum einen haben sie beim Landesligisten seit über zwei Jahren einen hochmodernen Kunstrasenplatz, der mit umweltfreundlichen Kork-Pellets aufgefüllt wurde. Und zum anderen ist Dreher sicher, dass genau das die Zukunft für die gesamte Branche sein wird: „Der Trend ist eindeutig. Auf Kunstrasen kann ich bei jeder Witterung spielen. Und er braucht so gut wie keine Pflege.“

So sieht es auch Gerd Pfrommer, Vorstand beim Bezirksligisten VfB Gaggenau „Die Plätze von vor 20 Jahren haben mit den heutigen nichts mehr zu tun. Damals sprangen die Bälle unkontrolliert. Von Schürfwunden und Schlimmerem ganz zu schweigen.“ Heute hingegen trainiere sein Enkel, den es zum SV Kuppenheim verschlagen hat, auf Kunstrasen. „Und ich habe keine Klagen von ihm gehört.“

Immer mehr Kunstrasenplätze im Bau oder in der Planung

Beim VfB gibt es derzeit keine Pläne, den altgedienten, aber strapazierfähigen Rasen auszutauschen. Doch bei den meisten angrenzenden Vereinen, beim FV Rotenfels, dem SV Michelbach oder dem SV Ottenau sind Plätze bereits verlegt oder in Planung.

Ähnlich sieht es rund um Karlsruhe und in der Ortenau aus. Neben dem VfB Bühl haben der SV Weitenung und der SC Eisental ihre Plätze fertiggestellt, auch der SV Bühlertal hat längst einen Kunstrasenplatz. Im Gebiet des Badischen Fußballverbandes (bfv) sind aktuelle 158 Spielstätten als Kunstrasenplatz gemeldet, wie der Verband auf Anfrage mitteilt.

Rasenmäher und Markierungsarbeiten überflüssig

Dass die Chemiefasern im Alltag keine Pflege brauchen, ist ein unschätzbarer Vorteil für die Vereine, bei denen es an allen Ecken und Enden an Ehrenamtlichen fehlt, und auch die Eltern der Jugendspieler kaum noch bereit sind, sich zu engagieren. „Früher“, weiß Dreher, „hatte man ein altgedientes Vereinsmitglied, das sich darauf gefreut hat, die Plätze neu einzukreiden und den Rasen zu pflegen.“

Heute macht das bei den verbliebenen Rasenplätzen auch in Bühl ein Minijobber. Der Kunstrasenplatz hingegen hat Markierungen, denen weder Regen noch Sonne etwas anhaben können. Und er muss nicht gewässert werden.

Umweltbilanz ist verheerend

Und egal, wo man sich umhört in der Region: Im Badischen, wo die Temperaturen oft wochenlang über der 30-Grad-Marke liegen, werden Tag für Tag Unmengen an Wasser benötigt, um das Austrocknen der Plätze zu verhindern. In Zeiten des Klimawandels ist das ein Luxus, der nur schwer zu verantworten ist. Einerseits.

Andererseits ist die Umweltbilanz der Kunstrasenplätze mit Plastikgranulat noch viel verheerender. Und genau die wurden bis vor Kurzem flächendeckend verlegt. Die ein bis drei Millimeter großen Kügelchen sollen Erschütterungen abfedern und dafür sorgen, dass der Ball zumindest ähnlich wie auf einem Rasenplatz abspringt und rollt. Mehrere Tonnen von diesen Kunststoffkügelchen liegen auf einem einzigen Platz. 30.000 davon soll es in der EU geben.

Mikroplastik-Kugeln landen irgendwann im Meer

Die kleinen Kügelchen machen einen großen Anteil am Mikroplastik aus, das in den entlegensten Regionen der Erde und der Ozeane nachgewiesen wird. Es gelangt durch Regenfälle (oder Anhaftung an Schuhen und Kleidung der Kicker) dorthin, wo es nicht hingehört: In Bäche, Flüsse und schließlich ins Meer.

Im südbadischen Raum drang das alles erstmals ins öffentliche Bewusstsein, als ein Unwetter nebst fehlerhafter Drainage dafür sorgte, dass von einem Trainingsgelände im Möslestadion des Bundesligisten SC Freiburg grünes Granulat die angrenzenden Parkauen überschwemmte. Am Ufer des nahegelegenen Baches bildeten sich Teppiche aus erbsengroßem Plastikgranulat.

Kork als Alternative zum Granulat

Der Weg aus dem ökologischen Dilemma könnte der sein, den der VfB Bühl beschritten hat, indem er die Kunst-Grasfasern mit dem Naturprodukt Kork auffüllen ließ. Anfängliche Bedenken haben sich nicht bestätigt, sagt Dreher. Weder saugt sich das Material mit Wasser voll, noch zeigt sich der Kork anfällig für Pilzbefall: „Wir haben nur positive Erfahrungen gemacht.“ 

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