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Mein besonderer WM-Moment

WM 2002: Der Titan als tragischer Held

Mit dem Anpfiff der Fußball-WM veröffentlichen die BNN täglich die Rubrik „Mein besonderer WM-Moment“, in der sich rund 30 Redakteurinnen und Redakteure zurückerinnern. Dieses Mal Frank Ketterer.

ARCHIV - 30.06.2002, Japan, Yokohama: Der deutsche Torhüter und Kapitän Oliver Kahn sitzt bei Spielende deprimiert am Pfosten. Die deutsche Fußballnationalmannschaft verliert am 30.06.2002 im International-Stadion in Yokohama das Endspiel der 17. Weltmeisterschaft gegen Brasilien mit 0:2. (zu „dpa-Themenpaket zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar“) Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Der Titan am Boden: Oliver Kahn spielte bei der WM 2002 ein überragendes Turnier. Ausgerechnet im Finale gegen Brasilien (0:2) patzte der deutsche Nationaltorhüter und gebürtige Karlsruher. Foto: Oliver Berg/dpa

Das große Rollgitter senkte sich mit lautem Quietschen. Zuvor hatten Sicherheitskräfte uns, den Kollegen Scherzer und mich, gebeten, das Bahnhofsgebäude zu verlassen. Es war gegen drei Uhr Nachts, als Tokio Station, der Hauptbahnhof von Tokio, wegen Reinigungsarbeiten geräumt wurde und wir draußen auf einer Treppe auf den nächsten Tag warteten.

Natürlich sprachen wir über die WM, über die wir vier Wochen berichtet hatten – und über das wenige Stunden zuvor zu Ende gegangene Finale von Yokohama, das Deutschland gegen Brasilien verloren hatte. Vor allem aber sprachen wir über Oliver Kahn – mit gutem Grund: Niemals zuvor hatte allein die überragende Leistung ihres Torhüters eine Mannschaft ins Finale gebracht. Diesmal, 2002, war dem so.

Die Mannschaft von Rudi Völler war eine ziemliche Rumpeltruppe, aber das war egal, weil Kahn im Tor stand. Der Titan hielt, was zu halten war – und einiges mehr. Bis zu diesem Finale, in dem alles anders kam: Deutschland spielte über weite Strecken besser als Brasilien – dafür war es diesmal Kahn, der patzte. Zwei Ronaldo-Tore musste er hinnehmen, beide waren nicht unhaltbar.

Es war ein Drama – und so saßen wir vor dem Hauptbahnhof in Tokio und litten mit dem Helden, der im Handumdrehen zu einem tragischen geworden war. Dann, kurz nach fünf, hob sich das große Rollgitter wieder und wir nahmen den nächsten Zug Richtung Flughafen, um von dort aus unsere Heimreise anzutreten.

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