
Das große Rollgitter senkte sich mit lautem Quietschen. Zuvor hatten Sicherheitskräfte uns, den Kollegen Scherzer und mich, gebeten, das Bahnhofsgebäude zu verlassen. Es war gegen drei Uhr Nachts, als Tokio Station, der Hauptbahnhof von Tokio, wegen Reinigungsarbeiten geräumt wurde und wir draußen auf einer Treppe auf den nächsten Tag warteten.
Natürlich sprachen wir über die WM, über die wir vier Wochen berichtet hatten – und über das wenige Stunden zuvor zu Ende gegangene Finale von Yokohama, das Deutschland gegen Brasilien verloren hatte. Vor allem aber sprachen wir über Oliver Kahn – mit gutem Grund: Niemals zuvor hatte allein die überragende Leistung ihres Torhüters eine Mannschaft ins Finale gebracht. Diesmal, 2002, war dem so.
Die Mannschaft von Rudi Völler war eine ziemliche Rumpeltruppe, aber das war egal, weil Kahn im Tor stand. Der Titan hielt, was zu halten war – und einiges mehr. Bis zu diesem Finale, in dem alles anders kam: Deutschland spielte über weite Strecken besser als Brasilien – dafür war es diesmal Kahn, der patzte. Zwei Ronaldo-Tore musste er hinnehmen, beide waren nicht unhaltbar.
Es war ein Drama – und so saßen wir vor dem Hauptbahnhof in Tokio und litten mit dem Helden, der im Handumdrehen zu einem tragischen geworden war. Dann, kurz nach fünf, hob sich das große Rollgitter wieder und wir nahmen den nächsten Zug Richtung Flughafen, um von dort aus unsere Heimreise anzutreten.