Skip to main content

BNN und BT sind eins

Ein großer Neustart im Zeitungsprojekt Zukunft

Pressefreiheit lässt sich in Deutschland nur durch starke Verbünde sichern.

Klaus Michael Baur
Klaus Michael Baur zur Zusammenführung der Badischen Neuesten Nachrichten mit dem Badischen Tagblatt. Foto: BNN

Journalismus befindet sich immer in der Mitte des Sturms. Ob es um den Dauerstreit in der Ampel, um das Heizungsgesetz, um klima- oder gesellschaftspolitische Aspekte geht – oder um ein außenpolitisches Drama wie Prigoschins Wagner-Revolte im Ukraine-Russland-Konflikt. Journalismus ist immer brisant.

Auch im Regionalen oder Lokalen, wo die zündenden Stoffe noch viel direkter in die Volksseele oder ein Bürgermeisteramt zielen. Mutige Autorenzeilen sind in den Zeiten erstarkter politischer Ränder und zunehmender Reibungen und Reizüberflutungen, wie sie sich tagtäglich auf Social-Media-Kanälen zeigen,  Zerreißproben ausgesetzt.

Wenn die Winde aus allen Richtungen wehen, ist Standhaftigkeit gefragt. Nur Verlage mit Rückgrat, mit einem stabilen Kreuz aus wirtschaftlich gefestigter Unabhängigkeit werden im derzeitigen Behauptungskampf der klassischen Medien bestehen können.

Eine gemeinsame publizistische Einheit in Mittelbaden

Die Fusion zwischen den Badischen Neuesten Nachrichten und dem Badischen Tagblatt folgt dem Ziel, in Mittelbaden eine gemeinsame publizistische Einheit zu bilden, von der letztlich das gesamte Programm des Karlsruher Badendruck-Verlages profitiert. BNN und BT sind mit dem heutigen Tag eins geworden, um für alle Herausforderungen gewappnet zu sein. Das geht weit über Synergiefragen hinaus.

Es gilt, die Vitalität, die Perspektive einer Regionalzeitung zu sichern. Wie könnte das besser geschehen als durch das Zusammengehen zweier Traditionshäuser, denen das Aufspüren der kleinen und größeren unerhörten Dinge vor der Haustüre immer wichtiger war als ein Renditedenken, das letztlich Journalismus schleift.

Ein Zeitungsmodell kann nur dann glücken, wenn sich Redaktion und Verlag als Anwalt der Leserinnen und Leser begreifen, mag das bei kritischen Nachfragen auch unbequem sein. Journalisten müssen sich erklären und immer häufiger aufklären – über ihre Prinzipien, über Recherchestränge – und warum sie etwas ganz Bestimmtes eben nicht schreiben.

Ohne Rückkanal, ohne die Aufnahme von Bürgerinteressen kann glaubwürdige Berichterstattung nicht mehr funktionieren. Das bedeutet auch, Hinweise ernst zu nehmen, die Zeitungen eine zu große Staats- und Obrigkeitsorientierung bescheinigen, wie in der Corona-Zeit geschehen. Dieser Kritik müssen sich Medien insgesamt stellen, weil sie Wächter aller Interessen sind und die objektive Warte nie verlieren dürfen.

Wenn allerdings der Vorwurf fehlender Staatsferne darauf zielt, Verschwörungsthesen, Hetze und demokratiezersetzenden Geist in die Gazetten zu bringen, muss Journalismus in seinem Auftrag seriöser Themenführung sesshaft bleiben. Er sitzt da oft genug zwischen allen Stühlen, jedoch nie außerhalb einer demokratischen Tischrunde mit ethischen Regeln. Hierfür ist schon der Presserat ein wacher Prüfer. Weder Facebook, Instagram, TikTok, Youtube noch Google, weder behördliche Portale noch Blogs fallen in dessen Checkliste.

Überprüfbarkeit schafft Glaubwürdigkeit, gerade das macht Lokaljournalismus unersetzlich. Darauf können die BNN und das BT bauen. Denn die Zeiten sind hart genug. Deutschland insgesamt sieht schwierigen Entwicklungen entgegen, angesichts der immer noch hohen Inflation und zunehmender Firmen-Abwanderungen. Kostensteigerungen an allen Fronten auch bei den Zeitungen, Rückgänge im Abonnement und Anzeigengeschäft.

E-Paper und Online-Plus-Angebote rücken in den Fokus

Der Boom der 80er Jahre liegt weit zurück. Weite Teile der Generationen Y und Z nehmen Nachrichten nur noch über Smartphone oder Tablet auf. Für einen modern denkenden Zeitungsverlag bedeutet das, sich täglich neu erfinden zu müssen. Und dies nun noch unter den Chancen und Risiken der KI. Der Transformationsprozess in die digitale Welt ist im vollen Gange. E-Paper und Online-Plus-Angebote rücken mehr und mehr in den Blickpunkt, zumal die Zustellung der gedruckten Zeitung zu einer diffizilen Aufgabe wird - mangels Zeitungsträger und noch passender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.

In diversen Gebieten Deutschlands bleibt der Briefkasten schon heute ohne Print. Setzt sich dieser Trend fort, wird der Klassiker Tageszeitung zunehmend zu einem Exklusivprodukt für Rezipienten im mittleren und höheren Alter - wo das noch logistisch machbar ist.

Der Schärfung eines hochwertigen digitalen Angebots widmen sich BNN und BT sehr gezielt und expansiv – bei weiterer Pflege des Premium-Artikels gedruckte Zeitung. Denn der ist – derzeit noch – Liebling einer breiten Leserschaft. Besonders in Baden. Die Kunst wird also sein, die Ideallinie im sich wandelnden Digital- und Printgeschäft zu finden. Auch programmatisch.

Es geht um einen großen Neustart im Zeitungsprojekt Zukunft. Schon früh haben Karlsruhe und Baden-Baden erkannt, wie wichtig künftig Zusammenarbeit im Mediengeschäft ist. Manch einer wird beklagen, dass dadurch Pressevielfalt verloren geht. Doch die aktuelle Frage lautet längst: Wie können Regionalverlage noch ihre Existenz sichern? Nur durch Verbünde, Kooperationen, gemeinsame Druckzentren übergreifende Zustellung und letztlich Fusionen werden sie überleben können.

Es wird zunehmend wichtiger, die Pressefreiheit wenigstens eines Produktes vor Ort zu garantieren. Treue Abonnenten leisten hier entscheidende Hilfe: Freier Journalismus kostet Geld. Es gibt ihn nicht zum Nulltarif. Und der Artikel 5 im Grundgesetz mag ein wertvolles Gut in pointierten Reden sein. Realiter kommen aus der Politik aber nur wenig Zeichen, die am Erhalt der Presselandschaft Interesse signalisieren. Verlage müssen sich selbst helfen – wie die BNN und das BT es vormachen: Je herausfordernder die Zeiten, desto stärker die Devise: Nur Hand in Hand geht’s in die Zukunft.

nach oben Zurück zum Seitenanfang