Geschwister zu haben bedeutet Glück und Ärger. Was gerade überwiegt, ist für Eltern jedoch schwer vorauszusehen, kaum einzuschätzen und wechselt ständig.
Das geht mit der Geburt des Geschwisterkindes los.
Während das erste Kennenlernen im Krankenhaus zu den schönsten Momenten des Lebens zählen kann, kann dies ein paar Tage später ganz anders aussehen – wenn das früher geborene Kind vollends realisiert, dass das Baby nun auch daheim wohnt.
So geht es weiter: Ärger gibt es, wenn die kleine Schwester erstmals beginnt, sich für das Spielzeug zu interessieren, dass der große Bruder schon seit Monaten nicht mehr angefasst hat. Schön ist es, wenn die große Schwester die kleine tröstet, weil die hingefallen ist.
Wo Glück und Ärger eng beieinanderliegen
Ärger hat man, wenn die Anzahl der Mitbringsel von der Geschäftsreise für jedes Geschwisterchen nicht exakt gleich ist. Schön ist es, wenn man die große Schwester dabei entdeckt, wie sie ihrem kleinen Bruder vorliest.
Bei der Zehn- und dem Siebenjährigen überwiegt dankenswerterweise meist das Glück. Eine positive Entwicklung nicht nur für die beiden, sondern auch für mich.
Die trügerische Idylle
Ganz besonders freute ich mich vor ein paar Wochen, als ich die beiden auf dem Heimweg von der Schule um die Ecke biegen sah. Hand in Hand liefen sie die Straße hinab, verschwörerisch ins Gespräch vertieft. Und ich dachte mir: Mensch, was habe ich doch für tolle Kinder, die sich so lieb haben!
Voller Freude im Herzen öffnete ich die Tür, um die zwei zu empfangen. Erst da sah ich ihre todernsten Gesichter. Fragend blickte ich erst den Siebenjährigen, dann die Zehnjährige an. Sie boxte ihn in die Seite: „Los sag’s ihr!“ Der Siebenjährige schaute betreten zu Boden. „Ich habe eine Strafarbeit bekommen“, flüsterte er. Sie boxte ihn nochmal. „Von der Rektorin“, fügte er hinzu.
Ich hatte den Mund noch nicht geöffnet, da stellte sich seine Schwester vor ihn und rief: „Du darfst nicht schimpfen!“.
Und mir fiel wieder ein, dass es noch eine dritte Kategorie gibt, in der Geschwister zusammen vorkommen: als Verbündete gegen ihre Eltern.
Wobei: Eigentlich ist das doch auch wieder ein Glück.