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Große Solidarität unter Museen

Hilfsaktion in Karlsruhe für flutgeschädigte Kunstobjekte zieht Kreise

Das Hochwasser in Rheinland-Pfalz hat auch zahlreiche Kulturgegenstände schwer beschädigt. In Karlsruhe und etlichen anderen Städten leisten Museumsfachleute solidarische Hilfe.

Arbeit an der Rettung schwer beschädigter Museumsobjekte in einer Lagerhalle des ZKM Karlsruhe
Teamarbeit zur Rettung von Kulturobjekten wird in Karlsruher in einer Lagerhalle des ZKM geleistet. Dort widmet sich der Notfallverbund Karlsruhe schwer beschädigten Gemälden und Grafiken aus dem überfluteten Depot des Stadtmuseums Ahrweiler. Foto: Andrea Fabry

Es begann mit der schnellen Antwort auf eine SOS-Mail aus den Hochwassergebieten: Das Kunstministerium Rheinland-Pfalz hatte zahlreiche Museen um Hilfe gebeten, als klar wurde, dass die Flutkatastrophe vom Juli auch die Bestände des Stadtmuseums Ahrweiler zum großen Teil schwer beschädigt hatte.

Christof Hierholzer, Sicherheitsbeauftragter des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM), hatte mit Hinblick auf die Kompetenzen im Karlsruher Notfallverbund geantwortet. Seit zehn Tagen werden nun in einer Lagerhalle des ZKM rund 40 verschlammte Gemälde und mehrere hundert Druckgrafiken von Fachkräften behandelt.

An der Hilfsaktion beteiligen sich neben dem ZKM auch das Badische Landesmuseum, die Badische Landesbibliothek, die Kunsthalle Karlsruhe, die kommunalen und kirchlichen Archive in Karlsruhe, das Landesmuseum Württemberg, das Linden-Museum in Stuttgart, die Kunsthalle Mannheim sowie etliche freiberufliche Restauratorinnen und Restauratoren.

Ministerium würdigt Engagement des Notfallverbund Karlsruhe

Initiiert und koordiniert wurde die Aktion von Christof Hierholzer sowie von Henrike Mall und Leonie Rök, Restauratorinnen am ZKM. Der Notfallverbund Karlsruhe, ein Zusammenschluss der Karlsruher Archive, Bibliotheken und Museen, unterstützte ab der ersten Stunde die Hilfsaktion und kam damit erstmals zu einem großflächigen Einsatz. Das Engagement aller Beteiligten wurde nun auch vom Kunstministerium Baden-Württemberg hervorgehoben.

Die Solidarität in diesen schwierigen Zeiten ist beeindruckend.
Petra Olschowski, Kunststaatssekretärin

„Die Solidarität in diesen schwierigen Zeiten ist beeindruckend und ich möchte allen danken, die sich hier engagieren und dabei mithelfen, die Kunstwerke zu retten“, erklärte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski laut einer Mitteilung des Ministeriums vom Mittwoch. Sie hoffe, dass möglichst viele Objekte restauriert und für die Menschen erhalten werden könnten. Das Ministerium werde die Nothilfe unterstützen.

Zudem haben etliche Museen im Südwesten Deutschlands zahlreiche weitere Objekte aus dem überfluteten Depot des Stadtmuseums Ahrweiler in Obhut genommen, um diese zu sichten und zu trocknen. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) in Mainz hat unter anderem verschlammte Tonkrüge, Glasfunde aus der Römerzeit und Holzobjekte zum Reinigen bekommen. Skulpturen erreichten das Dommuseum in Mainz. Das Historische Archiv der Stadt Köln hat Dokumente und Akten nach der Reinigung erst einmal schockgefroren, um diese vor Schimmelbildung zu schützen.

Opfer der Flut: Zahlreiche Stücke sind nicht mehr zu retten

Wie die Vorsitzende des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz, Elisabeth Dühr, am Mittwoch in Trier sagte, seien aber wohl rund 30 Prozent der Stücke nicht mehr zu retten. Die 55 Gemälde, die beispielsweise das Stadtmuseum Simeonstift Trier aufgenommen hat, seien „in einem katastrophalen Zustand“, sagte Dühr, die das Museum leitet. „Sie standen ja tagelang im Wasser und im Schlamm.“

Die Werke seien mit einer Schlammschicht überzogen – und nun zur „Austrocknung“ in einem Depot aufgestellt worden. Auch etliche der in Karlsruhe behandelten Werke sind in einem höchst kritischen Zustand. Bei manchen Gemälden hat sich die Farbschicht fast vollständig gelöst.

Die Leiterin des Stadtmuseums Bad Neuenahr-Ahrweiler, Heike Wernz-Kaiser, stand am Mittwoch in Trier erstmals vor den Resten ihrer Bestände. „Ich finde es wichtig, dass diese Dinge bewahrt werden. Sie haben einen wichtigen Anteil an der Heilung unserer Stadt“, sagt sie. Die Sammlung sei „für uns ein Kleinod“ – weil sie die Entwicklung der Stadt bis zur Katastrophe am 14. Juli zeige. „Es ist das, was vom Leben übrig geblieben ist.“

Die Sammlung ist für das Gedächtnis der Stadt von hoher Bedeutung.
Bettina Scheeder, Museumsverband Rheinland-Pfalz

Insgesamt zählte die Sammlung des Stadtmuseums Bad Neuenahr-Ahrweiler mehr als 2.800 Objekte. Ein Großteil war eingelagert, weil das Museum 2013 aus Brandschutzgründen geschlossen wurde. Dieses Depot wurde vom Hochwasser komplett geflutet. Die Sammlung sei „kulturhistorisch nicht von überragendem Wert“, sagt die Geschäftsführerin des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz, Bettina Scheeder, in Ludwigshafen. „Aber sie ist natürlich für das Gedächtnis der Stadt, für die Stadtgeschichte, von hoher Bedeutung.“

Inzwischen haben sich nach einem Aufruf bundesweit auch große Häuser gemeldet, die Patenschaften für die Restaurierung einzelner Objekte übernehmen wollen, darunter die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Klassik Stiftung Weimar und das Jüdische Museum Berlin. Wernz-Kaiser erklärt: „Ich bin von der Hilfe absolut überwältigt.“

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