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Second Hand

Aktion „Stoffwechsel“ in Karlsruhe: Tauschgeschäfte für die Nachhaltigkeit

Gegen den „Überfluss im Kleiderschrank“ und für mehr bewusstes Konsumieren findet der „Stoffwechsel“ am Marktplatz statt – die Aktion findet ihre Fans.

Kleidungsbörse in der Evangelischen Stadtkirche
Im Eingangsbereich der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe wird Kleidung getauscht – T-Shirts, Jacken, Pullovers und mehr finden dort neue Besitzer. Foto: Jörg Donecker

Pfarrerin Claudia Rauch ist zufrieden an diesem sonnigen Mittwochnachmittag. Eine Karlsruher Stadtkirche, die erfüllt ist von ganz unterschiedlichem Treiben. Im Innenraum Orgelmusik. Vor der Kirche – sehr beliebt – Liegestühle und im Eingangsbereich, dem Portikus, der sogenannte „Stoffwechsel“. Den gibt es zum nunmehr sechsten Mal, wobei der Begriff Stoff wörtlich zu nehmen ist.

Der Gedanke, gebrauchte Kleidung nicht zu entsorgen sondern als Spende an Menschen weiterzugeben, die noch Freude daran haben, entstand schon vor Corona. Es herrscht nämlich „viel Überfluss im Kleiderschrank“, so Claudia Rauch. „Und mit diesem niederschwelligen Angebot wollen wir etwas gegen die Verschwendung und für Nachhaltigkeit tun.“

Eingenähte Etikette machen die Stücke zu Unikaten

So entstand ein fröhlicher, bunter Kleider-Tausch-Markt, da wo sonst die Gläubigen die Kirche betreten. Auf dem Portikus baumelten die mitgebrachten Röcke und die Blusen an ihren Bügeln, auf den Tischen lagen T-Shirts aber auch Kinder- und Babykleidung. Nach und nach finden sich die Interessenten ein.

Die Mehrzahl sind Frauen. Manches wird in Augenschein genommen. Passt es denn auch? Kein Problem: In den Aufgängen zu den Türmen waren Umkleidekabinen eingerichtet. Daneben saß die Schneiderin Iris Oberacker mit ihrer Nähmaschine. Sie nähte kleine Etiketten mit den Worten „Mit Liebe getauscht“ in die Fundstücke. Dieses Etikett macht aus dem gebrauchten Oberteil oder aus der Jeans mit Vorleben ein Unikat.

Iris Oberacker: „Es ist mir ein Bedürfnis, darauf hinzuweisen, dass jedes Kleidungsstück in seinem eigenen Wert gewürdigt wird.“ Und wer kein Kleidungsstück beisteuert und trotzdem etwas mitnehmen möchte? „Den schicken wir bestimmt nicht weg!“, sagt Claudia Rauch.

Wir schenken den Dingen ein zweites und ein drittes Leben.
Daniel Paulus, Diakon der Evangelischen Kirche Karlsruhe

Doch die meisten nahmen das Wort Tausch ernst. So etwa Jasmin Strentzsch, die eine große Tüte mit Kleidern mitbringt und sich dann erst nach einem „neuen“ langen Rock umsieht. Sie findet die Initiative eine „Superidee“, denn sie steckt gerade mitten in einem selbst gewählten konsumfreien Jahr. Die eigenen Kaufgewohnheiten hinterfragen, darüber nachdenken, dass der eigene Lebensstil auch Auswirkungen auf das Leben anderer Menschen hat und Nachhaltigkeit im Alltag leben – das sind wichtige Impulse, die auch Mitveranstalter Daniel Paulus teilt.

Bei vielen sitzt der Geldbeutel nicht so locker

Er ist Diakon der Evangelischen Kirche in Karlsruhe und Betreiber des Kairos13 Co-Working Space, einem Arbeitsraum für Ideen zu Nachhaltigkeit. „Wir schenken den Dingen ein zweites und ein drittes Leben.“ Die Aktion „Stoffwechsel“, veranstaltet von der Alt - und Mittelstadtgemeinde, dem Kairos13 und der Evangelischen Akademie Baden, verliert dabei nicht aus den Augen, dass der offene Kleiderschrank für manche Besucher auch einen ganz realen Nutzen hat.

Odette Tschiersch, die fast nur Second Hand trägt, gibt zu bedenken: „Nicht jeder hat soviel Geld, dass er sich für den Sommer neue schicke Kleider kaufen kann.“ Der nächste Stoffwechsel mit Kleidung für Herbst und Winter wird deshalb am 15. September stattfinden

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