Skip to main content

Kultur-Freundeskreise in Karlsruhe

Wenn Puppentheater beflügelt: Die Freunde der marotte Karlsruhe

Zwei Jahrzehnte Engagement und Kreativität: Die Freunde des Karlsruher Figurentheaters halten die Fäden der Puppen in der Hand.

Jens Gagelmann (links) und Bernd Etzkornin den Rängen des marotte-Figurentheaters Karlsruhe.
Jens Gagelmann (links) und Bernd Etzkorn sind durch ihr Engagement im Verein der Freunde zwei Pfeiler der langjährigen Geschichte und lebendigen Gegenwart des marotte-Figurentheaters. Foto: Uli Deck/Artis

Für sie ist es nicht ganz einfach, Unterstützer zu finden: „Die Zuschauer sind ja Kinder“, sagt Bernd Etzkorn, seit der Gründung Mitglied im Verein der Freunde der marotte, „die interessieren sich natürlich nicht für einen Förderverein.“

Dennoch haben sie inzwischen ungefähr 100 Mitglieder, die regelmäßig ihren sehr geringen Jahresbeitrag bezahlen. Viele Eltern gehören dazu, die sich freuen, dass ihre Kinder ins Theater gehen, außerdem viele Menschen, die die Arbeit der marotte einfach wichtig finden. Und das schon seit über 20 Jahren.

„Am Anfang war es eher eine Bieridee, die wir zu dritt in einer Kneipe besprochen haben“, erzählt Etzkorn. „Wir saßen zusammen und haben uns einfach überlegt, was wir für die marotte tun könnten.“ Und dann war er plötzlich Mitglied eines Vereins, der vor zwei Jahren sein rundes Jubiläum hätte feiern können.

Seit 1987 ist das marotte-Figurentheater fester Bestandteil der Karlsruher Theaterlandschaft. Viele heutige Theaterbesucher haben ihr allererstes Stück in der marotte gesehen und sind dann trotz einiger Umzüge treue Gäste geblieben oder später mit den eigenen Kindern wieder geworden. Oder sind auch in die anderen Theater der Stadt gegangen.

Ich habe da eine überraschende, ganz neue Welt entdeckt.
 Jens Gagelmann
Vorsitzender Freundeskreis marotte

Zudem hat der Leiter der marotte, Thomas Hänsel, ein Vorurteil zerstört, das viele hatten: „Früher dachte ich, das ist so etwas wie Kasperletheater, aber es heißt ja nicht umsonst Figurentheater“, sagt Jens Gagelmann, der Vorsitzende des Vereins. „Ich kannte es früher auch nicht, aber dann habe ich da eine überraschende, ganz neue Welt entdeckt.“

Und die findet man nicht nur in den Kinderstücken, die meist auch ernstere Zwischentöne haben, sondern auch im Abendprogramm, wo die professionellen Puppenspieler experimentelles Theater bieten. Da werden Gegenstände zu Figuren, zu lebenden Wesen wie etwa Bleistifte, Mützen oder Holzstückchen, unterlegt mit oftmals skurrilen Geräuschen, welche die Schauspieler häufig selbst erzeugen.

Innovation und Gemeinschaft: Das Fundament der marotte

Das alles geschieht vor allem mit viel Fantasie, Erfindungsreichtum und Spielwitz. Denn einen großen technischen Aufwand gibt es im Figurentheater nicht. Bei einem sind sie sich jedenfalls einig: „Thomas Hänsel hat das Puppentheater aus der Mottenkiste geholt, jedenfalls für Karlsruhe.“

Ab und zu helfen die Mitglieder der Fördergesellschaft auch im normalen Theaterbetrieb mit. Das entspannt auch Hänsel, weil er weiß, dass er sich auf die Hilfe verlassen kann.

Vor allem, wenn Not am Mann ist, findet sich immer jemand, der einspringt. Etzkorn etwa ist regelmäßig im Getränkeverkauf tätig, auch zu Silvester.

„Das Schöne ist der direkte Kontakt zum Publikum, viele kommen und erzählen was, viele kennt man schon seit Jahren.“ Und der zweite Vorteil: „Dann hat man auch das Repertoire drin – ich könnte da inzwischen bei vielen Stücken auch ohne Textbuch Souffleur spielen.“

Im Takt der Aufführungen: Spontaneität und Improvisation hinter den Kulissen

Was zum Glück nur selten nötig ist, nur einmal bei einer Premiere, als das Telefon eines Bürgermeisters klingelte. Und Gagelmann ergänzt: „Schön ist auch, die Entwicklung eines Stücks mitzuerleben: Am Anfang ist es oft noch holprig, und je öfter es gespielt wird, desto flüssiger wird es. Das erlebt man dann auch mit.“

Selten fällt auch mal ein Techniker aus, da musste Etzkorn auch schon mal einspringen: „Ich musste einfach nur einen Schalter betätigen, damit es auf der Bühne raucht. Aber Hänsel hat vergessen, mir zu erzählen, dass es nach dem Schalterdrücken etwas dauert, bis der Rauch rauskommt. Und so habe ich dreimal gedrückt, am Schluss war alles zugeräuchert, und ein Kind rief: Mama, es brennt!“

Dieses Stück über die Feuerwehr ist auf Anregung von Gagelmann entstanden, der bei der Feuerwehr war: „Auch so eine Idee in der Kneipe.“ Thomas Hänsel, der Chef der marotte, hat bei solchen Vorschlägen immer ein offenes Ohr.

Eine Ära neigt sich dem Ende zu: Das marotte-Theater vor einem Wendepunkt

Große materielle Vorteile haben die Mitglieder der Freunde nicht, außer, dass sie bei den Kinderstücken ermäßigten Eintritt bekommen. Es ist vor allem die ideelle Unterstützung, manchmal auch die finanzielle, mit der das Theater neue Puppen oder Spielmaterial kauft und einmal sogar eine neue Küche einrichten konnte.

Wie es weitergeht, wenn Hänsel in diesem oder im nächsten Jahr aus Altersgründen aufhören wird, ist bislang nicht klar. Auf jeden Fall wird es in diesem Oktober zum letzten Mal den beliebten Ossi-Salon geben, bei dem er auch aus seiner Stasi-Akte lesen wird. „Und auch Erich Honecker wird auftreten“, verrät Gagelmann, „als Puppe.“

Zur Serie

Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich, auch im kulturellen Bereich. Sie unterstützen Museen, Theater oder Initiativen nicht nur finanziell oder mit ihrer Arbeitskraft, sondern auch ideell. Sie helfen, vermitteln und tragen dazu bei, dass die Kulturszene der Stadt lebendig bleibt. Mit einer losen Reihe stellen wir einige dieser Freundes- und Förderkreise vor.

nach oben Zurück zum Seitenanfang