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Friedhof aus dem Spätmittelalter

Skelettfunde in Karlsruhe-Durlach: Täglich bergen Fachleute weitere Schädel

Die Fachwelt staunt über einen Friedhof aus dem Spätmittelalter, von dessen Existenz im gründlich erforschten Karlsruhe-Durlach keiner wusste.

In einer Baustelle werden Skelettfunde vor der Bergung mit Planen geschützt.
Zeltplanen schützen spätmittelalterliche Skelettfunde in der Baugrube an der Blumentorstraße beim Hengstplatz (links) in Karlsruhe-Durlach. Foto: Jörg Donecker

Ein stabiler Bauzaun schützt den Fundort an der Blumentorstraße nahe der alten Durlacher Stadtmauer, hinter den Häusern an der Eichelgasse in der Altstadt, die von der Karlsburg überragt wird. Zeltplanen schützen die spätmittelalterlichen Skelettfunde, die Fachleute in der Baugrube nahe dem Hengstplatz in Karlsruhe bergen.

Etwa 30 vollständig erhaltene Skelette, auch von Kindern, haben die beauftragten Experten einer Fachfirma schon geborgen. Doch das ist noch lange nicht das Ende, berichtet der Archäologie-Fachmann des Landesamts für Denkmalpflege, Folke Damminger. „Wir suchen die Fundstelle von Süd nach Nord ab“, berichtet er, „und weitere Schädel sind schon zu sehen.“

Wieso kennen wir diesen Friedhof nicht?
Folke Damminger
Archäologischer Denkmalpfleger

Jede Woche kommt Damminger aus der Moltkestraße nach Durlach und besichtigt den Fortschritt der Notgrabung. Dass Bauarbeiter beim Aushub für eine Tiefgarage menschliche Skelette freilegen, die man nach christlichem Brauch in Reih und Glied bestattet hatte, ist für Damminger eine riesengroße Überraschung.

Denn Durlach ist gut erforschtes Terrain. Womit der Archäologe vor einem faszinierenden Rätsel steht: „Wieso kennen wir diesen Friedhof nicht?“

Über das neu entdeckte Kulturdenkmal ist noch längst nicht alles bekannt, aber es reicht zu einem ersten Ansatz. Unmittelbar außerhalb der erweiterten Stadtmauer ein dicht belegter Friedhof mit mindestens zwei Bestattungsphasen – er sei wohl dem Spätmittelalter zuzuordnen.

Skelette aus dem Spätmittelalter in Karlsruhe-Durlach: Erste Ergebnisse Anfang Februar

Im Westen vermuten die Fachleute zudem Reste der Stadtbefestigung und des Stadtgrabens. Was in den kommenden Wochen zutage tritt und was sich daraus ablesen lässt, darüber wird Damminger öffentlich berichten.

Dazu kommt er am Mittwoch, 7. Februar, in den Durlacher Ortschaftsrat.

Klar ist: Der Fund in Durlach ist bedeutend. Gewandschließen von Leichenhemden, Spuren eines Bronzedrahts auf einem Kinderschädel, die auf eine Totenkrone hindeuten, sind interessant für die Wissenschaft, laut Damminger aber zu fragil, um sie in einem Museum zu zeigen.

Dass Goldohrringe zutage treten wie an der Pforzheimer Stadtkirche, erwarte er in Durlach aber nicht.

Verziertes Tor verschwand wohl erst vor rund 100 Jahren

Gerhard Kabierske, Karlsruhes ehemaliger Stadtkonservator, gehört zu denen, die mit Spannung die Grabung verfolgen. Bis in die 1930er Jahre habe es an der Fundstelle einen mit Steinmetzkunst verzierten Torbogen in einer Einfriedungsmauer gegeben, sagt Kabierske.

Als Mitte des 18. Jahrhunderts das Gasthaus „Blume“ am Hengstplatz entstand, heute leerstehendes Kulturdenkmal, könne der Friedhof nicht mehr bestanden haben: „Der Hof des Gasthauses war da, wo jetzt gegraben wird.“

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