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Debatte um Sprache

Genderstern bleibt in der Karlsruher Verwaltung die Ausnahme

Über das Gendern wurde im Karlsruher Gemeinderat bereits hitzig debattiert. Nun hat die Verwaltung einen Leitfaden zum Einsatz von geschlechtergerechter Sprache veröffentlicht. Die nächsten Diskussionen sind programmiert.

Ein VW-Mitarbeiter hat die Konzerntochter Audi verklagt, weil er sich durch einen genderspezifischen Sprach-Leitfaden des Unternehmens in seinen Rechten verletzt fühlt.
Mit oder ohne Stern: Stadt präsentiert einen Leitfaden zum Einsatz von geschlechtergerechter Sprache. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Der Genderstern ist bei Anschreiben und Veröffentlichungen der Stadt Karlsruhe nur eine von mehreren Möglichkeiten zur Ansprache sämtlicher Geschlechter. Außer dem Stern sollen auch noch Paarformen wie „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ oder neutrale Formulierungen wie „Mitarbeitende“ verwendet werden.

Nach Möglichkeit soll das generische Maskulinum auch durch den Verzicht auf Possessivpronomen wie „sein“ oder „ihr“ sowie durch alternative Formulierungen vermieden werden, etwa durch „alle“ statt „jeder“. Das sind einige der Empfehlungen des zwölfseitigen Leitfadens für geschlechtergerechte Sprache, der am Dienstag im Hauptausschuss vorgestellt wird.

Im Januar hatte die Ankündigung, dass die Stadt einen entsprechenden Leitfaden erstellen will, im Hauptausschuss und im Gemeinderat bereits für hitzige Debatten gesorgt. Grüne, SPD, FDP und die Linke begrüßten den Vorstoß der Verwaltung zum Einsatz von geschlechtergerechter Sprache. Bei CDU, AfD, Karlsruher Liste und der Fraktion von Freien Wählern und Für Karlsruhe stieß das Vorhaben auf Skepsis oder Ablehnung.

Hitzige Debatten übers Gendern im Karlsruher Gemeinderat

Es gehe nicht um eine politische Diskussion, sondern lediglich um die Umsetzung eines Urteils vom Bundesverfassungsgerichts, das eine stärkere Sensibilisierung für die Ansprache der verschiedenen geschlechtlichen Identitäten nach sich ziehe, hatte Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) bereits während der Gemeinderatsdebatte am 25. Januar klargestellt.

„Der Ton macht die Musik“, schreibt der Rathauschef nun in seinem Vorwort zu dem Leitfaden. In einer „bunten Stadt“ wie Karlsruhe müsse die Verwaltung jedem Menschen mit Respekt begegnen und dürfe keinen Unterschied zwischen Geschlecht, geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung machen.

Leitfaden ist eine Übergangslösung

In Stein gemeißelt ist allerdings noch nichts. Weil es in Deutschland noch keine einheitliche Regelung für eine geschlechtergerechte Sprache gibt und auch der Rat für deutsche Rechtschreibung noch keine Empfehlung ausgesprochen hat, ist der Leitfaden nach Angaben der Verwaltung als Übergangslösung gedacht.

Wo die Probleme bei der Suche nach einer einheitlichen Lösung liegen, wird bei der Lektüre des Leitfadens beim Blick auf die Vor- und Nachteile der möglichen Varianten deutlich.

Mit dem Genderstern etwa könne die Geschlechtervielfalt zwar am besten dargestellt werden, allerdings ist das Sonderzeichen noch kein offizieller Bestandteil der amtlichen Rechtschreibung und wegen seiner Komplexität für Menschen mit wenigen Deutschkenntnissen oder einer Leseschwäche sowie für Grundschulkinder nicht geeignet.

Jede Variante hat Vor- und Nachteile

Außerdem birgt der Stern nach Einschätzung der Verwaltung noch weitere Risiken. Wortteile vor dem Sternchen sind nicht immer grammatikalisch korrekt und er ist nicht barrierefrei, weil er etwa von Sprachausgabesoftware für Menschen mit Sehstörungen noch nicht erkannt und deshalb als „Sternchen“ mitgesprochen wird.

Deshalb empfiehlt der Leitfaden, dass das Zeichen nur dann verwendet wird, wenn die ausdrückliche Nennung der Geschlechtsidentitäten wichtig oder bei der Zielgruppe einer amtlichen Ansprache nicht bekannt ist.

Bei journalistischen Publikationen wie der Stadtzeitung oder bei Pressemeldungen haben laut der der Verwaltungsempfehlung Barrierefreiheit und Lesbarkeit Vorrang, deshalb soll dort auf das Sonderzeichen verzichtet werden.

Ebenfalls nicht verwenden will die Stadt den Genderstern bei Veröffentlichungen im Internet und auf sozialen Medien. Dort habe Barrierefreiheit ebenfalls Vorrang, außerdem gebe es noch technische Hürden beim Erkennen von Sonderzeichen.

Nachteile bei anderen Möglichkeiten zur geschlechtergerechten Sprache werden in dem Leitfaden ebenfalls aufgeführt. Bei Paarformen wie „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ wird das dritte Geschlecht nicht angesprochen, bei neutralen Wortschöpfungen wie „Mitarbeitenden“ kommt es immer wieder zu schwer verständlichen und komplizierten Wortschöpfungen.

Auf keinen Fall geändert werden sollen feststehende Begriffe wie Ausländerbehörde oder Urheberrecht sowie das generische Maskulinum bei Gesetzestexten, die im Original-Wortlaut wiedergegeben werden. Vollkommen verzichten will die Stadt auch auf andere Varianten wie Doppelpunkt oder Binnen-I.

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