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Fahrradhauptstadt hofft wieder auf den Titel

In Karlsruhe besichtigen Experten Schwachstellen im Radwegenetz

Radverkehrsschau im Karlsruher Westen: Von Ortskundigen des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) lassen sich Bürgermeister Albert Käuflein, Fachleute verschiedener Ämter und die Polizei zeigen, wo es für Radfahrer klemmt.

17.04.2023 Radverkehrsschau in der Moltkestraße, Ecke Riefstahlstraße
Abbiegezwang: An der Riefstahlstraße geht es in der Radverkehrsschau darum, wie Radler geradeaus über die Moltkestraße in die Erzbergerstraße kommen könnten. Foto: Jörg Donecker

Die Moltkestraße zeigt zwischen dem Linkenheimer Tor am Schlossgarten und der Hertzstraße wie unter dem Brennglas, wie die Standards für Radwege im Lauf der Zeit gestiegen sind.

Auf der Nordseite ist der alte, schmale Radweg auf Gehwegplatten gemalt, neben dem gleichfalls zu schmalen Fußweg. Am Campus der Hochschule Karlsruhe müssen Radler, die Richtung Westen nicht die Fahrbahn mit den Autos benutzen wollen, im Schritttempo zwischen Scharen Studierender Slalom fahren.

Am Städtischen Klinikum wird es besser. Dort sind auch Kreuzungen klug aufgeweitet.

Attraktiv? Nur in eine Richtung

Wirklich attraktiv ist Radfahren erst in Gegenrichtung. Nach Osten kann man auf einer neuen, breiten Radverkehrsspur auf der Fahrbahn fest in die Pedale treten. Fußgänger haben separat Platz, auch an der neu gestalteten Straßenbahnhaltestelle Kussmaulstraße.

Kurz vor der Kreuzung mit den Gleisen der Straßenbahn in der Riefstahlstraße und der Erzbergerstraße endet die neu gestaltete Radverkehrswelt wieder. Doch auch dort sollen Radfahrer künftig gut Kurs halten können.

Wir machen das nicht am grünen Tisch, sondern schauen es vor Ort an.
Albert Käuflein, Dezernent für Sicherheit und Ordnung

„Wir machen das nicht am grünen Tisch“, betont Bürgermeister Albert Käuflein (CDU), der unter anderem für Sicherheit, Ordnung und Stadtteilentwicklung zuständige Dezernent, „sondern schauen es vor Ort an.“

An der Einmündung der Stabelstraße treffen sich am Montagmittag dazu mehr als ein Dutzend Karlsruher Experten für Radwege.

17.04.2023 Südseite der Moltkestraße an der Einmündung der Stabelstraße, Blickrichtung Osten
Eingequetscht: Auf der Südseite der Moltkestraße wird es ab der Einmündung der Stabelstraße Richtung Osten unzumutbar eng für Radler und Fußgänger. Foto: Jörg Donecker

Zum vierten Mal radeln die Fachleute aus fünf städtischen Ämtern mehrere Schwachstellen im Radwegenetz der offiziell fahrradfreundlichsten Großstadt Deutschlands ab.

Die Federführung überlassen sie dabei dem größten Radverkehrsclub vor Ort, dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).

Diskussionen über neuralgische Punkte in Karlsruhe

An der Riefstahlstraße, der Hoff- und Bismarckstraße, auch an der Kaiserallee am Eingang in die Nottingham-Anlage und an weiteren neuralgischen Punkten im westlichen Stadtgebiet diskutieren die Beteiligten engagiert die Möglichkeiten, Radfahrern mehr zu bieten.

Über die Mängel sind sich die Anwesenden in der Regel einig. Zwischen der Stabel- und der Riefstahlstraße zum Beispiel ist der kombinierte Rad- und Fußweg an den Rand gequetscht, jenseits einer Baumreihe und geparkten Autos.

Wir haben eine Lösung, die Planung ist fertig und wird umgesetzt.
Ulrich Wagner, Radverkehrsplaner

„Wir haben eine Lösung, die Planung ist fertig und wird umgesetzt“, kündigt Karlsruhes oberster Radverkehrsplaner Ulrich Wagner an.

Nur ein paar Schritte weiter sehen die Perspektiven für einen weiteren Wunsch des ADFC, den Michael Reichert skizziert, viel düsterer aus. Es geht darum, dass Radler aus der Riefstahlstraße bisher nicht weiter geradeaus in die Erzbergerstraße fahren dürfen.

Mancher Radlerwunsch hängt in der Luft

Der Sinn der Forderung ist unbestritten, aber die Umsetzung knifflig, erklärt Jens Rühl von der Straßenverkehrsstelle. Denn auf der einen Seite kreuzt die Straßenbahnlinie 1 die Moltkestraße, auf der anderen Seite ist der große Verkehrsknoten mit Reinhold-Frank-Straße und Adenauerring ein Sorgenkind.

Die Ampelanlage dort ist veraltet und muss ausgetauscht werden. Bis dahin hängt der Radlerwunsch in der Luft.

Geballtes Praxiswissen hat die Gruppe, alle sind Vielradler, sie diskutieren am Alltag orientiert. Sind umgeklappte Poller nachts ein Sturzrisiko? Wie kommen Radler vom Platz am Sandkorn-Theater auf die Nordseite der Kaiserallee? Ist denkbar, Fußgängern und Radlern auf Höhe der Bismarckstraße geschützten Raum in der Mitte der Reinhold-Frank-Straße zu geben und für Autos Linksabbiegen zu verbieten?

Schnelle Antworten gibt es nirgends, aber hier und da konkrete Ansätze, und man vereinbart Versuchsballons.

Noch eine Woche muss Karlsruhe als Titelverteidiger auf die Ergebnisse des jüngsten ADFC-Fahrradklimatests warten. Bekannt wird der Sieger bei der weltweit größten Bürgerbefragung zum Radverkehr am Montag, 24. Juni. Die Karlsruher hoffen, dass es reicht für den ersten Platz, betont Käuflein: „Das würde uns wieder einen Schub geben.“

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