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Corona-Pandemie

Kommt Ausgangssperre für Ungeimpfte? Karlsruhes OB Mentrup rechnet mit intensiver Debatte

In Karlsruhe geht OB Mentrup von stark steigenden Corona-Infektionszahlen aus. Das Städtische Klinikum habe eine wichtige Grenze erreicht. Für Ungeimpfte prognostiziert er schwierige Wochen.

Medizinisches Personal arbeitet auf einer Intensivstation in einem Zimmer von Covid-19-Patienten.
Am Städtischen Klinikum Karlsruhe sind alle für Corona-Patienten reservierten Intensivbetten belegt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) rechnet in den nächsten Tagen mit einer deutlichen Verschärfung der Corona-Lage in der Stadt. Die Infektionskurve zeige steil nach oben, sagt er am Donnerstagmittag vor Pressevertretern.

Dem Städtischen Klinikum drohe absehbar die völlige Überlastung. Schon jetzt seien alle für Covid-Patienten reservierten Intensivbetten belegt.

Obwohl die Vorgaben für Ungeimpfte durch das Erreichen der Warnstufe gerade erst verschärft wurden, rechnet der Rathauschef bald mit intensiven Diskussionen über weitere Einschränkungen, bis zu einer Ausgangssperre für diese Gruppe.

Inzidenz unter Ungeimpften liegt im Stadtkreis Karlsruhe bei gut 300

„Das ist nicht mein Vorschlag“, betont Mentrup. „Aber man wird wegen der Kapazitätsprobleme im Gesundheitssystem darüber sprechen müssen, wie man verhindern kann, dass sich noch mehr Ungeimpfte infizieren.“

Einen gesamtgesellschaftlichen Lockdown wird es hingegen trotz der aktuellen Entwicklungen nicht geben, glaubt Ulrich Wagner vom Karlsruher Gesundheitsamt. „Für Geimpfte macht das infektiologisch keinen Sinn, außerdem würde es wohl vor keinem Verwaltungsgericht standhalten“, sagt er.

Wir wissen erst am nächsten Dienstagabend, wo wir wirklich stehen.
Ulrich Wagner, Gesundheitsamt

Aktuell liegt die Inzidenz unter Ungeimpften im Stadtkreis bei gut 300, die der Geimpften bei knapp über 80, berichtet der OB. Zumindest auf dem Papier. In der Realität sei die Zahl vermutlich höher. Der Feiertag am Montag habe zu einer Verzerrung geführt. „Wir wissen erst am nächsten Dienstagabend, wo wir wirklich stehen“, erläutert Wagner.

Mit Blick auf die Zahlen spricht Mentrup zum wiederholten Mal von einer „Pandemie der Ungeimpften“, die in den nächsten Wochen einen dramatischen Verlauf nehmen könne.

Stadt Karlsruhe will Hausärzte in Impfaktionen einbinden

„Wenn ein Ungeimpfter glaubt, er könne durch die vierte Welle durchtauchen, spielt er mit seiner Gesundheit – und mit der der Menschen, die ihm wichtig sind“, so Mentrup. Die Idee, es seien genug Geimpfte unterwegs, um auf die eigene Immunisierung verzichten zu können, sei ein Trugschluss.

Wenn ein Ungeimpfter glaubt, er könne durch die vierte Welle durchtauchen, spielt er mit seiner Gesundheit.
Frank Mentrup, Karlsruhes Oberbürgermeister

Großer Andrang herrschte zuletzt bei den öffentlichen Impfaktionen durch Mobile Impfteams (MIT), oft kam es zu langen Schlangen. Ein Leser berichtet, er habe beispielsweise am Mittwoch fünf Stunden gewartet. Unter den Impfwilligen sind allerdings nicht nur Menschen, die den ersten Piks erhalten, sondern auch zahlreiche, die sich eine Auffrischungsimpfung wünschen. Gleichzeitig melden viele Hausärzte, dass zahlreiche vereinbarte Impftermine nicht wahrgenommen werden.

„Wir müssen dringend schauen, dass wir zusätzliche öffentliche Angebote schaffen“, gibt Mentrup deshalb die Linie vor. Das Land habe zwischenzeitlich ein weiteres MIT zur Verfügung gestellt.

Außerdem sei die Stadt in Gesprächen mit Hausärzten über deren Beteiligung an öffentlichen Aktionen, die zahlreiche Immunisierungen in relativ kurzer Zeit möglich machen. Ein Neustart für die Impfzentren sei allerdings kurzfristig nicht denkbar, da die Hallen nicht zur Verfügung stehen, argumentiert der Rathauschef.

Karlsruher Gesundheitsamt beklagt gesunkene Akzeptanz der Maßnahmen

Zwischen Mitte November und Anfang Dezember hat die Stadt drei Impfaktionen für Schüler und Lehrkräfte terminiert: am 19. November im Landesmedienzentrum in der Moltkestraße, Ende November in der Albschule sowie am 3. Dezember bei den Beruflichen Schulen im Beiertheimer Feld.

Gleichzeitig finde er es bedenkenswert, die Maskenpflicht in Schulen wenigstens für zwei bis drei Wochen nach den Herbstferien wieder einzuführen, sagt der OB. „Oder noch besser: Die Schüler tragen freiwillig ihre Masken.“

Der Mund-Nasen-Schutz spielt durch das Erreichen der Warnstufe auch überall dort wieder eine Rolle, wo sich die Verantwortlichen für die 2G-Regel entschieden haben. „Ich habe aber die Befürchtung, dass die Akzeptanz für die Maßnahme gering ist, auch wenn es infektiologisch sehr sinnvoll wäre“, sagt Ulrich Wagner vom Gesundheitsamt.

Strategiewechsel bei der Kontakt-Nachverfolgung

Seine Behörde befinde sich in einer „schizophrenen Situation“, schildert er. Im Haus habe man das Gefühl, in einer ganz relevanten Phase der Pandemie zu sein.

In vielen Bereichen hat man das Gefühl, dass wir die Pandemie hinter uns gelassen haben.
Ulrich Wagner, Gesundheitsamt

Das passe aber nicht zu dem, wie man die Gesellschaft sonst wahrnehme. „In vielen Bereichen hat man das Gefühl, dass wir die Pandemie hinter uns gelassen haben.“ Der nun angedachte Strategiewechsel bei der Kontakt-Nachverfolgung ist aus Wagners Sicht nicht vermeidbar. Zwar halte das Karlsruher Amt gerade noch die Nase über Wasser, aber es sei eine Frage der Zeit, bis das nicht mehr möglich ist.

Mit dem Land hätten sich die Gesundheitsämter verständigt, dass sie künftig vulnerable Gruppen zum Beispiel in Altenheimen und größere Ausbrüche im Auge behalte. Die Behörde wird sich also nicht mehr bei jedem positiv Getesteten melden. Die Quarantäne und die Information der eigenen Kontakte geht somit in die eigene Verantwortung über.

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