Skip to main content

Spielregeln befolgen

Straßenmusiker in Karlsruhe: Deswegen machen sie Musik in der Kaiserstraße

Ed Sheeren, Oasis und Frank Sinatra – Die Karlsruher Straßenmusiker spielen gerne die bekannten Hits und Klassiker. Besonders in den Ferien steht an jeder Ecke ein anderer Künstler.

Adrian Hasametaj und Luke Velec musizieren gemeinsam in der Kaiserstraße.
Adrian Hasametaj und Luke Velec musizieren gemeinsam in der Kaiserstraße. Foto: Sidney-Marie Schiefer

Wer es in den Pfingstferien ohne Ohrwurm durch die Karlsruher Kaiserstraße geschafft hat, muss ganz bewusst weggehört haben. Von jeder Ecke tönen Evergreens. Gegenüber von Karstadt spielen zwei junge Männer „Wonderwall“ von Oasis. Sie haben sich gerade erst kennengelernt.

Eigentlich hat Adrian Hasametaj sein Glück alleine versucht. Mit seinem umgebauten Klavier auf Rollen ist er regelmäßig in der Innenstadt unterwegs. Dabei trifft er immer wieder neue Künstler. An diesem Tag hat ihn Luke Velec angesprochen. Der 26-Jährige hat den Klavierspieler gefragt, ob sie gemeinsam spielen wollen.

Ihr Repertoire ist ähnlich. Sie spielen Lieder aus den aktuellen Charts und altbekannte Songs. Mit dem Lagerfeuer-Klassiker können sie an dem heißen Sommernachmittag nichts falsch machen. Immer wieder bleiben Passanten stehen und werfen einige Münzen in die Schale.

Für Hasametaj spiegelt diese spontane Jam-Session genau den Geist der Straßenmusik wieder. Wenn er sich mit seinem Klavier aufmacht, möchte er neue Leute kennenlernen. Schon in seiner Heimat in Nordrhein-Westfalen war er Teil eines Netzwerks aus Musikern.

Weil ihm das so viel Spaß gemacht hat, hat er sich ein gebrauchtes Klavier gekauft und selbst Rollen darunter montiert. So oft er will und kann, kommt er damit in die Stadt. Doch nicht immer hat er Zeit, denn im echten Leben ist er Schaffner.

Straßenmusiker sprechen nicht gern über Geld

Wie viel Geld er mit der Straßenmusik macht, möchte er nicht verraten. Ihm gehe es auch nicht unbedingt um den Verdienst – zumindest nicht, wenn er in der Kaiserstraße steht. Viel mehr freut er sich, wenn ihn Leute bei seinen kostenlosen Auftritten ansprechen und buchen. Neulich habe er beispielsweise auf einer Hochzeit gespielt.

Auch Velec, der an diesem Tag mit Hasametaj spielt, hofft auf solche Arrangements. Er konzentriert sich aktuell nur auf die Musik. Das Gitarrenspielen hat er sich selbst beigebracht. „Ich kann keine Noten lesen, ich spiele nur nach Gehör“, sagt er. Es ist nicht das erste Mal, dass er andere Musiker auf der Straße angesprochen hat.

Manchmal frage er sogar andere Gitarrenspieler, ob er sich kurz ihr Instrument leihen kann. Genau wie Hasametaj hat auch Velec schon in Nordrhein-Westfalen auf der Straße gespielt. Im Vergleich zu Köln beschreibt Hasametaj die Karlsruher zwar als etwas weniger offen, dafür seien sie aber spendabler.

Beschwert habe sich bei den beiden noch nie jemand über die Musik, im Gegenteil: „Manchmal sind die Ladenbesitzer froh, wenn wir vor ihren Läden spielen, dann kommt niemand, der eventuell schlechter spielt“, sagt Velec. Eigentlich dürfen die Straßenmusiker nur 30 Minuten an einem Ort spielen. Danach müssen sie mindestens 200 Meter weiterziehen – so lauten die Spielregeln des Ordnungsamts.

Beliebter Platz: Hier kommen viele Stadtbesucher vorbei. Die Chancen an dieser Ecke einen Straßenmusiker zu entdecken sind hoch.
Hier kommen viele Stadtbesucher vorbei. Die Chancen an dieser Ecke einen Straßenmusiker zu entdecken sind hoch. Foto: Sidney-Marie Schiefer

Elektronische Beschallungsgeräte und besonders laute und störende Instrument sind zudem verboten. „Mit dieser Verfahrensweise soll eine Fluktuation der Straßenmusikanten gewährleistet werden und das Ruhebedürfnis der in der Innenstadt wohnenden und arbeitenden Bevölkerung sichergestellt werden“, erklärt ein Mitarbeiter des Ordnungsamts auf Nachfrage dieser Redaktion. Eine Genehmigung brauchen die Musiker nicht, um in der Innenstadt zu spielen. Die Polizei und das Ordnungsamt kontrolliere lediglich, ob sich alle an die „Spielregeln“ halten.

Wie viele Straßenmusiker in Karlsruhe unterwegs sind, kann die Stadt deswegen auch nicht sagen. Velec berichtet, dass an manchen Tagen jede Ecke besetzt sei. „Dann sind so sieben oder acht Musiker unterwegs.“

Jugendliche sammeln für Reisen

Unter ihnen sind auch Simon Laih und Tony Quelengässer. Die zwei 17-Jährigen versuchen seit rund zwei Monaten ihr Glück mit der Musik. Sie sammeln Geld für eine gemeinsame Reise. An manchen Tagen klappe das besser als an anderen.

Beim Christopher Street Day konnten die Teenager mit Coverversionen von Stars wie Ed Sheeran an die 400 Euro verdienen. An anderen Tagen sind es unter 100 Euro. „Wenn Eltern stehen bleiben und mit ihren Kindern tanzen, ist das jedoch mehr Wert als Geld“, sagt Laih. Wenn er nicht in der Fußgängerzone spielt, begleitet er auch Gottesdienste musikalisch.

Wir spielen so oft es unsere Stimme zulässt.
Simon Laih, Musiker

Gemeinsam mit seinem guten Freund ist er bereits vor über zwei Jahren schon in der Stadt aufgetreten. Damals haben die Jungen aber noch nicht gesungen. Nach einer Pause trauen sie sich nun mehr. „Wir spielen so oft es unsere Stimme zulässt“, sagt Laih.

Die Teenager überlegen mit dem 9-Euro-Ticket auch in andere Städte zu fahren und dort ihr Glück zu versuchen, eigentlichen seien sie aber froh, dass in Karlsruhe die Regeln für Straßenmusiker so locker sind.

Reisen durch Europa: Akeksandra Wozniak und Maciek Machl kommen eigentlich aus Polen
Akeksandra Wozniak und Maciek Machl kommen eigentlich aus Polen Foto: Sidney-Marie Schiefer

Davon profitieren auch Akeksandra Wozniak und Maciek Machl. Das Gitarren-Duo spielt auf dem Marktplatz Lieder von Frank Sinatra. Das komme bei den Karlsruhern besonders gut an, erklärt Wozniak. Gemeinsam mit ihrem Freund reißt die Polin durch ganz Europa und spielt.

Er war ihr Musiklehrer, nun übernachten die beiden teils in Zelten, um anderen mit ihren Liedern eine Freude zu machen. „Wir sind glücklich, wenn die Leute zu unserer Musik tanzen“, sagt Wozniak. Das Duo ist bereits zum zweiten Mal in Karlsruhe. Wie lang sie noch Straßenmusik machen wollen? „Hoffentlich für immer“, sagt die Gitarristin.

nach oben Zurück zum Seitenanfang