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Günther-Klotz-Anlage

Fischsterben nach Ablassen eines Sees für Karlsruher „Fest“: Verstoß gegen Fischereirecht?

Tote und um ihr Leben ringende Fische im Karlsruher Modellbootsee, während das Wasser zugunsten des Aufbaus einer „Fest“-Bühne abgelassen wird: Experten reagieren mit Unverständnis.

Abgesperrt ist der Bereich des Modellbootsees in der Günther-Klotz-Anlage.
Abgesperrt ist der Bereich des Modellbootsees in der Günther-Klotz-Anlage. Dem Bühnenaufbau für „Das Fest“ war ein Fischsterben vorausgegangen, als das Wasser aus dem Kunstteich abgelassen wurde. Foto: Stefan Proetel

Mit Fischen in künstlichen Teichen kennen sich die Aktiven des Anglervereins Karlsruhe aus. Und das qualvolle Sterben der Fische im Modellbootsee in der Günther-Klotz-Anlage verstehen sie nicht.

Dort, wo jetzt das Fest am See Vorfreude auf das große Open-Air-Festival „Das Fest“ macht, betreut der Verein die Alb als Pachtgewässer. Und er bewirtschaftet die beiden oberen Seen: den größeren Ruderbootsee mit der überdachten Brücke und das nordwestlich angrenzende Kleingewässer in Sichtweite des Anna-Wach-Hauses, berichtet Jochen Meyer, der stellvertretende Vorsitzende des Anglervereins.

Verendende Fische verstören Angler und Passanten in der Günther-Klotz-Anlage

Was sich im und am Modellbootsee, dem kleinsten Kunsttümpel zwischen der Alb und dem Karl-Wolff-Weg neben dem Ruderbootsee abgespielt hat, hat allerdings mit den Anglern und ihrer Kompetenz rund um Fische nichts zu tun.

Verendende Fische, schon tote und andere, die erkennbar um ihr Leben ringen: Passanten hatten teils mit bloßen Händen auf das Szenario reagiert. Andere holten eilends Plastikbehälter, in denen sie noch lebende Fische in die Alb umsetzten.

Der Teich unterhalb des Ruderbootsees wird, das ergibt direkt nach Bekanntwerden des Fischsterbens eine erste sofortige Anfrage dieser Redaktion, nach Auskunft der Verwaltung jedes Jahr vor der Großveranstaltung „Das Fest“ entwässert. Die Fläche ist während des Festivals Standort der DJ-Bühne. Abgefischt hat man nur einen Teil der Tiere. Die anderen erwarten Qual und Tod.

Der Modellbootsee in der Günther-Klotz-Anlage
Vor dem Ablass zur Alb treiben tote Fische im Wasser. Der Modellbootsee wird vor dem Fest trockengelegt, damit dort die DJ-Bühne aufgebaut werden kann. Foto: Stefan Proetel

Jochen Meyer fischt oft Teiche sachgerecht ab, die oberen Seen in der Günther-Klotz-Anlage ebenso wie den Kunstteich im Schlossgarten. Denn sonst würde den lebenden Fischen das Wasser abgelassen, so wie jetzt vor dem Festival mit für die Fische todsicheren Konsequenzen.

Wir hätten den See mit einem Berufsfischer elektrisch abgefischt.
Jochen Meyer
Vizevorsitzender des Anglervereins Karlsruhe

„Wir wussten gar nichts“, erklärt Meyer auf Anfrage dieser Redaktion. „Wir hätten den See mit einem Berufsfischer elektrisch abgefischt.“ Fachleute betäuben Fische elektrisch vorübergehend, so können die Fische zum Beispiel umgesetzt werden, ohne ihnen Qual zuzufügen.

Der Vizevorsitzende der Karlsruher Angler erzählt außerdem, die Stadtverwaltung habe dem Anglerverein im vergangenen Jahr schriftlich mitgeteilt, dass aus dem unteren See, eben dem Modellbootsee, kein Wasser in die Alb abgelassen werden darf. „Da geht es um Schlamm und Dreck“, erklärt Meyer.

Die Alb ist schon ohne problematische Einleitung Sorgenkind. Erwärmung, Wassermangel und Sedimente auf der Bachsohle ersticken die Welt unter Wasser.

BUND: Alb ist hochrangiges FFH-Schutzgebiet

Im Tierschutzgesetz steht der Grundsatz: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen.“

Umweltschutz, Tierschutz, Gewässerschutz: Dafür kämpft der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Der Geschäftsführer des BUND-Regionalverbands Karlsruhe, Hartmut Weinrebe, nahm sich vor 25 Jahren bei Wasserentnahmen vor hohen Algenkonzentrationen in den Kunstteichen in der Günther-Klotz-Anlage in acht. Das Fischsterben im Modellbootsee wirft aus seiner Sicht viele Fragen auf.

Der Vorfall wäre auch fischereirechtlich zu betrachten.
Hartmut Weinrebe
BUND-Regionalverband Karlsruhe

„Der Vorfall wäre auch fischereirechtlich zu betrachten“, sagt Weinrebe. Zudem sei die Alb Wandergewässer für Fische und hochrangiges Schutzgebiet nach europäischer Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie.

Stadt: See darf für „Das Fest“ einmal jährlich entleert werden

Die Anfrage dieser Redaktion ans Regierungspräsidium Karlsruhe mit Zuständigkeit fürs Fischereiwesen hat den Betreff „Fischsterben etc nach abgelassenem Modellbootsee in der Günther-Klotz-Anlage in Karlsruhe“. Die Antwort ist ein Satz: Für die Teiche in der Günther-Klotz Anlage und die Alb liege die Zuständigkeit bei der Stadt Karlsruhe.

Von der Stadt kommt auf dieselbe Anfrage schriftlich nur Bekanntes, hier vollständig zu lesen: „Der sogenannte Modellbootsee darf im Rahmen der Großveranstaltung „Das Fest“ in der Günther-Klotz-Anlage einmal jährlich in die Alb entleert werden. Die hierfür erteilte wasserrechtliche Erlaubnis sieht unter anderem eine im Becken vorlagernd aufgeschüttete Kies-Wallung vor, welche die Trüb- und Schwebstoffe aus dem Wasser herausfiltert. Dadurch wird eine größtmögliche Filterwirkung erzielt und sichergestellt, dass der größtmögliche Anteil an Klarwasser aufwirbelungsfrei in die Alb eingeleitet werden kann.“

Von Fischen und Fischsterben kein Wort.

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