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Aus Holz und handgefertigt

Surfboards aus Karlsruhe: Die Bretter, die auf Wellen gleiten

Der 35-jährige Jonas Buchholz aus Karlsruhe ist leidenschaftlicher Surfer. Die Surfboards stellt er dabei selbst her. Der Schreiner fertigt Surfboards aus Styropor, Epoxidharz, Holz und Glasfaser.

Ein Mann mit Bart schleift ein Brett aus Holz
Gefühl ist alles: Jonas Buchholz spricht von einem ganz speziellen, natürlichen Gespür beim Wellenreiten auf einem Holz-Surfboard. Beim Shapen im speziell beleuchteten Raum fährt er behutsam mit Fingern und Schleifpapier über die Kanten. Foto: Jörg Donecker

Für Jonas Buchholz ist Wellenreiten nicht nur Sport, es ist Kunst. Das sieht man an den handgezeichneten und aquarellierten Entwürfen, die, schon leicht verblasst, an einer Scheibe in seiner Werkstatt hängen. Und das sagt er auch, wenn er von seiner Berufung erzählt: Der 35-jährige Karlsruher ist Schreiner – und Surfboard-Shaper.

In seiner Werkstatt im Ettlinger Gewerbegebiet fertigt er zwar auch Boards aus gängigen Materialien wie Styropor, Epoxidharz und Glasfaser. Seine wahre Passion sind aber Surfbretter aus Holz. „Du baust keine Bretter, wenn du nicht surfst“, sagt Jonas Buchholz. Zum Wellenreiten kam er mit 21 Jahren in einem Surfcamp in Frankreich.

Da machte er außerdem gerade eine Schreinerausbildung, nachdem er sein Meteorologiestudium abgebrochen hatte. „Da saß ich zu viel rum. Ich brauche aber viel Bewegung“, erzählt der Karlsruher, der aus einer Familie von passionierten Berg- und Wintersportlern kommt. „Meine Mutter langt sich manchmal an den Kopf, weil ich Surfer geworden bin“, meint er schmunzelnd.

Retro-Trend: Surfboards aus Holz wie in Polynesien

Vor etwa zehn Jahren sei in der Surfszene der Trend zurück zum hölzernen Board aufgekommen, und Jonas Buchholz ließ sich von dieser Retro-Welle mitreißen. „Die Polynesier hatten damals ja auch nur Holz“, sagt er.

Seine erste Eigenkreation ist ein Brett im wahrsten Sinne: Ein so genanntes Alaia, eine etwa einen Zentimeter dünne Holzplanke ohne stabilisierende Finnen, auf der Unterseite kaum merklich gerundet.

Jahrhundertelang ritten auf solchen Brettern die Polynesier Wellen vor Tahiti und Hawaii, heute unter Namen wie Teahupo’o, Banzai Pipeline oder Jaws weltberühmt und berüchtigt. Erst ab den 1950er Jahren wurde das Wellenreiten – ursprünglicher Teil der hawaiianischen Kultur – über Kalifornien zum weltweiten Trendsport.

Durch neue Technologien entstanden Long- und Shortboards in zahlreichen Variationen und aus sehr leichten, aber umweltschädlichen Materialien wie Schaumstoff, Fiberglas, Polyurethan und Epoxidharz, kurz Epoxy.

Surfbretter in Massenproduktion sind heute Standard, selbst bei Sport-Discountern gibt es günstige Einsteigermodelle. „Epoxy-Bretter fühlen sich für mich tot an“, sagt Jonas Buchholz.

Neben Surfboards baut Buchholz auch Wakeboards

„Mit den Holzboards habe ich ein ganz anderes, natürliches Gefühl, eine andere Verbindung zur Welle.“ Wenn man mit den Fingern über das fein geschreinerte und polierte Holz fährt, versteht man, was er meint.

Im Gegensatz zu den Kunstharz-Boards könnten unsanfte Begegnungen mit Steinen oder scharfen Korallenriffen den Holzbrettern wenig anhaben. „Eines ist mir mal in Sri Lanka vom Roller gefallen und über die Straße gerutscht. Es hatte nur ein paar Kratzer.“

Neben Brettern zum Wellenreiten im Ozean baut der in Bulach geborene Karlsruher auch Wakeboards, mit denen man sich, ähnlich wie beim Wasserski, hinter einem Boot herziehen lässt.

Natürliches Gefühl auf der Welle.
Jonas Buchholz, fertigt Surfbretter

Das Material kommt von heimischen Weißtannen oder, wenn es besonders leicht sein soll, von der asiatischen Paulownia. „Eine von denen wächst auch im Schlossgarten“, erzählt Buchholz, „von der habe ich mir schon mal ’nen Ableger gezogen.“

Für die Auftragsarbeiten beziehe er das Paulownia-Holz aber aus einer Plantage in Spanien. Die umweltfreundlichste Variante sind Bretter, die nur aus Holz bestehen und nicht mit Glasfaser beschichtet, sondern nur geölt sind. „Weniger Giftstoffe, mehr natürliches Gefühl auf der Welle“, kommentiert der Schöpfer kurz.

Die Bauweise erinnert an traditionellen Schiffbau: Ein Holzgerippe, bestehend aus einer Mittelstrebe („Stringer“) und Querstreben. Drum herum werden in einer großen Presse mit zig Schraubzwingen die Außenkanten („Rails“) sowie Ober- und Unterseite des Brettes geformt, geleimt und gepresst.

Auch Kork kommt für Surfboards zum Einsatz

Andere Boards baut Jonas Buchholz um einen Kern aus Styropor herum, das er von einem Familienbetrieb in der Nähe von Heilbronn bezieht. Gerade testet er eine Methode mit einem weiteren, natürlichen Werkstoff: An den Kanten, den so genannten Rails, verwendet er Kork.

Die Feinheiten arbeitet er in einem blau gestrichenen und auf etwa einem Meter Höhe mit Stablicht beleuchteten Zimmer: Dem Shaperaum. Farbe und Beleuchtung sind wichtig, um die Form des Boards, seine Biegungen und eventuelle Unebenheiten zu erkennen, erklärt er, während er die Kork-Rails mit einer Handsäge grob in Form bringt und dann behutsam mit Schleifpapier abschmirgelt.

Im Nebenzimmer, wo die Surfboards ihre Glasfaserbeschichtung erhalten, steht in der Ecke noch sein Meisterstück, das er zum Abschluss seiner Schreinerlehre gefertigt hat: ein 9,6 Fuß (also knapp drei Meter) langes Longboard aus Fichten- und Lärchenholz. Es wiegt stolze 18 Kilogramm – allein, es vom Auto bis ins Wasser zu tragen, ist ein ganzes Stück Arbeit.

Handgemachte Surfboards bewegen sich irgendwo zwischen Handwerk und Kunst
Jonas Buchholz, fertigt Surfbretter

„Aber wenn man damit erst mal die Welle angepaddelt hat, dann schwebt es richtig, hört nicht mehr auf zu fahren“, schwärmt der surfende Schreiner. Ein Paulownia-Board in gleicher Größe hätte nur etwa acht oder neun Kilo Gewicht, ein Epoxyboard sogar nur sieben, erklärt er.

Die nach individuellen Wünschen handgefertigten Bretter haben ihren Preis: ab 1.000 Euro, je nach Materialverbrauch. Es sei eben keine Massenproduktion, so viel koste feines Handwerk, sagt Jonas Buchholz. „Handgemachte Surfboards bewegen sich irgendwo zwischen Handwerk und Kunst“, sagt er.

Beim Surfen, ob Longboard oder Shortboard, sei es genauso: „Du kannst fast alles machen, wenn du gut genug bist. Alles Weitere ist eine Stilfrage.“

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