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Für Straf- und Verfahrenskosten

Unterstützer spenden für Instagram-Nutzer, der Vorwürfe rund ums Badische Staatstheater öffentlich machte

Ein Karlsruher hat Anfang Juli den damaligen Leiter des Jungen Staatstheaters zum Rücktritt aufgefordert. Wegen versuchter Nötigung muss er nun 800 Euro Strafe zahlen. Im Internet sammelt er Spenden.

Der Schriftzug „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ am Staatstheater war im Sommer von Unbekannten verändert worden, nachdem vielfältige Vorwürfe bekannt geworden waren. Mittlerweile ist der rote Strich wieder weg.
Der Schriftzug "Die Würde des Menschen ist unantastbar" am Badischen Staatstheater war im Sommer von Unbekannten verändert worden, nachdem vielfältige Vorwürfe bekannt geworden waren. Mittlerweile ist der rote Strich wieder weg. Foto: GES/Markus Gilliar

Es war in den frühen Morgenstunden des 2. Juli 2020, als „Albrecht“, wie er sich selbst nennt*, den Leiter des Jungen Staatstheaters zum Rücktritt aufforderte. Er hatte ein Foto des Spartenleiters mit einem herunterzählenden Countdown und den Worten „Staatstheater-Skandal“ hochgeladen, öffentlich sichtbar für alle Instagram-Nutzer.

In privaten Nachrichten, die Albrecht ab halb zwei Uhr nachts mit dem abgebildeten Spartenleiter austauschte, bat er ihn mehrmals, bis zum Mittag zurückzutreten. Der Grund: Albrecht lagen Hinweise darauf vor, dass der Leiter des Jungen Staatstheaters in den Jahren zuvor mehrere Schauspieler belästigt und bedrängt haben könnte.

Tatsächlich laufen mittlerweile Ermittlungen gegen den Mann wegen des Verdachts der Verbreitung pornografischer Schriften. Zurückgetreten ist er nicht, ihm wurde allerdings vom Theater gekündigt. Wegen der öffentlichen Anschuldigungen gegen seine Person auf dem anonymen Instagram-Profil hat sich der Theaterpädagoge aber auch selbst an die Polizei gewandt.

Amtsgericht sieht Rücktritts-Aufforderung als versuchte Nötigung

Am 8. Juli standen deswegen Beamte mit einem Durchsuchungsbeschluss vor Albrechts Tür. Der Karlsruher hat mittlerweile einen Strafbefehl über 800 Euro erhalten. Denn das Amtsgericht sieht in seiner Aufforderung zum Rücktritt eine versuchte Nötigung und hat eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen verhängt.

Dass seine Ausdrucksweise in der Nacht des 2. Juli nicht in Ordnung war, sieht Albrecht heute ein. Er spricht von „ungeschickten, affektierten Nachrichten“ und von einem Fehler. Seinen anfänglichen Einspruch gegen den Strafbefehl hat er zurückgenommen. Doch er sieht sich auch nach wie vor als einzigen Bestraften in einem Skandal, in dem eigentlich andere Menschen die Schuld tragen.

„Ich bin nicht der Böse in der Geschichte“, sagte Albrecht wiederholt im Gespräch mit dieser Redaktion. Er verweist darauf, dass erst durch Bekanntwerden bestimmter Vorwürfe auf dem Instagram-Profil andere Betroffene ermutigt wurden, ihre eigenen Geschichten zu erzählen und sich an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden.

Tatsächlich wandten sich nach den ersten Berichten auch immer mehr junge Menschen an die BNN und schickten der Redaktion Screenshots von unangemessenen Chatverläufen, die der beschuldigte Theaterpädagoge mit ihnen geführt haben soll. Zwischenzeitlich gibt es sogar Schilderungen von ähnlichen Vorfällen aus Weimar, wo der Mann vor seiner Zeit in Karlsruhe tätig war.

Spenden-Aufruf zur Deckung von Straf- und Verfahrenskosten

Albrecht selbst hat der Polizei und den Medien ebenfalls zahlreiche Screenshots zur Verfügung gestellt und umfassende Aussagen gemacht. Seine Geräte allerdings wurden einbehalten und zu den 800 Euro aus dem Strafbefehl kamen noch einmal mehrere Hundert Euro für zwei Anwälte hinzu.

Um diese Kosten zu decken, hat Albrecht nun gemeinsam mit Unterstützern aus dem Staatstheater eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Er sammelt Spenden bis zur Höhe von 2.100 Euro für seine Straf- und Verfahrenskosten. Nach zwei Tagen haben bereits mehr als 20 Menschen insgesamt mehr als 600 Euro gegeben.

Sollte der Zielbeitrag überschritten werden, soll der Rest an den Verein „Grauzone e.V. – Hilfe bei sexueller Gewalt“ gespendet werden.

*Hinweis der Redaktion

„Albrecht“ heißt in Wirklichkeit anders. Sein richtiger Name ist der Redaktion bekannt, zum Schutz von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten nennen wir ihn hier aber bei seinem selbstgewählten Alias.

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