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Wenn die ersten Blumen blühen

Viele Karlsruher haben am Wochenende die ersten Frühlingsboten im Schlossgarten genossen

Der Frühling hält langsam auch in Karlsruhe Einzug. Am Wochenende strömen Spaziergänger in den Schlossgarten. Auch unser Autor erlebt die ersten Frühlingsgefühle.

4 junge Männer
Hier im Botanischen Garten lassen sich die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne besonders angenehm genießen - und dies sogar schon mit freiem Oberkörper. Foto: Klaus Müller

Jetzt ließe sich an dieser Stelle so mancher Vers über den beginnenden Frühling niederschreiben – über ein sensibles Grün, das mehr und mehr an Farbe gewinnt, über Pflanzen und Pflänzchen, deren zarte Knospen sich gegen den Himmel, Richtung erwachende Frühlingssonne recken und strecken.

Könnte man. Muss jedoch nicht sein.

Da gibt es Leute, die konnten das richtig gut. Zum Beispiel der Johann Wolfgang. Der Goethe. Der Mann kannte Karlsruhe. Er war sogar – und das verbrieft – mindestens dreimal dort.

Schön und gut. Was aber, so die heutige Gretchenfrage, hat das mit dem Karlsruher Frühling zu tun? Einiges. Das glauben Sie nicht? Dann kommen Sie mal mit auf einen „Frühlingsspaziergang durch die Fächerstadt“.

Junge Karlsruher sonnen sich im Botanischen Garten

Zugegeben, bei Goethe war’s ein „Osterspaziergang“, 1808 in der „Faust“-Tragödie erster Teil veröffentlicht. Einige Zeilen daraus bieten sich geradezu als Begleiter durch erste Karlsruher Frühlingsimpressionen an.

Ganz profan gesprochen wusste der Dichter zu berichten: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche.“ Das stimmt schon mal. Der Schlossgartensee, die noch etwas winterlich modrig dreinblickende Brühe in so manchen kunstvoll gehaltenen Brunnen, zum Beispiel im Botanischen Garten, dümpelt zwar noch vor sich hin – dies aber eisfrei.

Nein, stellte Goethe weiter fest, „die Sonne duldet kein Weißes“. Stimmt nicht ganz. Das Auge schweift über den Botanischen Garten, hinüber zu den Bänken, auf denen es Menschen den Krokussen gleichtun und ihre höchsten Punkte der Sonne zuwenden, und hält inne bei einer Gruppe von vier jungen Männern.

Sie genießen die wärmende Frühlingssonne im Februar. Einer von ihnen ist so genussfreudig, dass er mit entblößtem, wohlgemerkt noch Winter-weißem Oberkörper die milden Strahlen der Sonne „scheinbar“ bis in sein Innerstes einsaugen möchte.

Im Karlsruher Schlossgarten riecht es schon nach Blumen

Kennen Sie das Gefühl, den Frühling sogar schon ein wenig zu riechen – fast schon zu schmecken? Es ist irgendwie ein weicher, warmer Geruch, der die Lebensgeister befruchten will, der gleich einem imaginären Zündschlüssel den inneren Motor wieder deutlich mehr an Drehzahl gewinnen lässt. „Überall regt sich Bildung und Streben“, nennt es Goethe. Und die Sonne: „Alles will sie mit Farbe beleben.“

Mädchen + Blumen
Was für ein Anblick. An den Frühlingsboten im Schlossgarten, an den Krokussen, die sich Richtung der warmen Sonnenstrahlen recken und strecken, erfreut sich die achtjährige Franzi. Foto: Klaus Müller

In der Tat, das mit den Farben, mit dem Weichen des grauen Einerleis der vergangenen Wochen, ist wohl der auffälligste Frühlingsbote überhaupt – „durch des Frühlings holden, belebenden Blick“. Und das gilt für Groß und Klein. Im Schlossgarten, den Turm des Schlosses im Rücken, taucht der Blick der achtjährigen Franzi regelrecht in ein Meer von Krokussen ein.

Die Kleine, deren Mütze auf dem Kopf vielleicht der letzte Gruß an den Winter sein könnte, betrachtet kniend das lila leuchtende Blütenmeer im noch etwas farblich stumpfen Gras mit einem wohlwollenden, fast zufrieden anmutenden Lächeln.

Was sich dazu ganz profan sagen lässt: Gehen Sie in Ihren Schlossgraten. Hier fühlt sich der beginnende Frühling besonders wohl. Oder wie stellte schon Goethe fest: „Zufrieden jauchzet (dort, im Schlossgarten) Groß und Klein, hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“

Karlsruher strömen bei sonnigem Wetter in die City

Und nun wird es noch menschlicher. Es geht dorthin, wo die Karlsruher Menschheit durch Revier strömt – in die Innenstadt. Das mit dem Revier und dem Strömen hat übrigens Erich Kästner in einen Vers gekleidet. Nur, wo ist der Frühling, wo sind seine Boten geblieben? „Doch an Blumen fehlt’s im Revier“, hätte wohl Goethe beim Anblick der (noch) farblosen Innenstadt trocken bemerkt. Mit Recht.

Es fehlt schlichtweg an Grün im „Revier“, an Blumenkübeln oder ähnlichem, deren Pflanzen und Blumen mit ein bisschen Farbe dem Frühling einen Willkommensgruß hätten entgegenbringen können.

Was bleibt, ist ein Zusammenrücken auf den Stühlen der ersten geöffneten Straßencafés und dabei jeden Frühlingsstrahl, den die Sonne bereit ist herauszurücken, mit Geist, Seele und Körper einzufangen.

Und nebenbei: Bis auf einige Ausnahmen versprühen die Schaufenster der Geschäfte wenig Frühlingshaftes. Vielleicht in Sorge, ob sich, frei nach Goethe, der alte Winter in seiner Schwäche, auch tatsächlich schon in die rauen Berge zurückgezogen hat. Wer weiß. Eins freilich ist sicher: „Im Tale grünet Hoffnungsglück.“ Gut so!

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