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Stärkung des Immunsystems

Vitamine gegen das Coronavirus? Apotheken in Karlsruhe und Ettlingen verzeichnen höhere Nachfrage

Kunden kaufen häufiger Vitamin D, Vitamin C, Zink und pflanzliche Mittel zur Stärkung des Immunsystems. Gleichzeitig gibt es in diesem Winter weniger Erkältungspatienten. Einige Apotheken sind deshalb in Kurzarbeit.

In einer Karlsruher Apotheke kauft ein Kunde ein.
In Apotheken gingen in diesem Jahr wegen des Coronavirus mehr Produkte zur Stärkung des Immunsystems über die Theke. Foto: Jörg Donecker

Im Rennen um ein wirksames Mittel gegen das Coronavirus überbieten sich aktuell nicht nur die Impfstoffhersteller mit neuen Studien. Auch zu Vitamin- und Immunpräparaten, Nasensprays und Mundspülungen, die das Infektionsrisiko senken sollen, wird eifrig geforscht.

Apotheker im Raum Karlsruhe und Ettlingen raten zwar dazu, Erfolgsmeldungen in diesem Bereich mit Vorsicht zu genießen, und auch Bürger zeigen sich skeptisch. Dennoch ist die Nachfrage nach Arzneien oder Nahrungsergänzungsmitteln zur Stärkung des Immunsystems im Corona-Jahr vielerorts gestiegen.

Einige Produkte waren wegen des Coronavirus im Frühjahr ausverkauft

„Die Nachfrage ist insgesamt enorm gestiegen seit März“, berichtet Patrick Kwik, Leiter der Congress-Apotheke und Vorsitzender der Region Karlsruhe im Landesapothekerverband. Schon im April seien viele Immunstimulanzien ausverkauft gewesen.

Konnten die Apotheken sich im Frühjahr vor Kunden kaum retten, bemerken sie jetzt allerdings einen Rückgang. Um rund 20 Prozent sei der Betrieb zurückgegangen, erzählt Kwik, „viele Apotheken haben Kurzarbeit“. Betroffen seien vor allem die Kollegen in der Stadt, weniger die im ländlichen Raum.

„Nicht das Doppelte“, aber schon deutlich mehr Produkte zur Unterstützung der körpereigenen Abwehrkräfte als im Vorjahr hat Sandra Nitsche in der Ettlinger Schlossapotheke bislang verkauft. Vitaminpräparate oder Kombiprodukte aus Vitaminen, pflanzlichen Stoffen und Mineralstoffen seien besonders gefragt, aber auch Lutschtabletten für die ganze Familie und Mundspülungen. „Erkältungspräparate“ wie Nasenspray und Hustensaft verkaufe sie dagegen weniger.

Die Schlossapotheke in Ettlingen von außen
In der Schlossapotheke in Ettlingen bemerken die Mitarbeiterinnen eine höhere Nachfrage nach Mitteln zur Stärkung des Immunsystems als im vergangenen Jahr. Foto: Julia Trauden

Auch in der Entenfang-Apotheke ist in diesem Winter weniger los als im vergangenen Jahr, sagt Olga Zuenko. Im Frühjahr dagegen „haben die Kunden wirklich alles gekauft“. Bei Vitaminpräparaten und Zink sei es wegen der hohen Nachfrage auch zu Lieferschwierigkeiten gekommen.

In der Apotheke am Nymphengarten ist es momentan ebenfalls ruhiger als sonst. „Das ist auffällig“, sagt eine Mitarbeiterin. Sie schätzt, dass das daran liegt, dass die Menschen wegen der Kontaktbeschränkungen allgemein nicht mehr so viel unterwegs sind, mehr auf Abstand und Hygiene achten und sich daher keinen grippalen Infekt einfangen.

Im März, als die Corona-Pandemie in Deutschland Fahrt aufnahm, sei dagegen richtig viel los gewesen. „Vielleicht haben die Leute damals auf Vorrat gekauft.“ Vitamin C sei gefragt gewesen, genauso wie Produkte auf pflanzlicher Basis.

Man muss nicht nur über Arzneimittel gehen.
Benjamin Buckel Leiter der Gropius-Apotheke Karlsruhe

Eine erhöhte Nachfrage nach Vitamin D hat Benjamin Buckel von der Gropius-Apotheke in Dammerstock bemerkt. Er führt das auch auf Medienberichte zurück, wonach ein Vitamin-D-Mangel den schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung begünstigen kann.

Buckel sagt auch: „Man muss nicht nur über Arzneimittel gehen.“ Wer auf eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung, wenig Stress und viel Schlaf achte, brauche nicht unbedingt zusätzliche Vitamine und Mineralstoffe. Er wisse aber, „dass die wenigsten das im Alltag einhalten können“.

Kein deutlicher Anstieg in Rheinstetten und Waldbronn

Ein Kombimittel aus Vitamin C und Zink war in der Apotheke am Marktplatz in Waldbronn im Frühjahr über viele Wochen ausverkauft, weil die Nachfrage so hoch war, berichtet Yvette Nann. Mittlerweile sei man aber wieder gut versorgt. Ältere Kunden fragten eher nach Produkten für das Immunsystem.

Nicht bei allen sei die Wirksamkeit nachgewiesen, sagt Stefanie Wahl, die Leiterin der Apotheke. Zu einem auch in vielen Fachmedien erwähnten Nasenspray, das verhindern soll, dass die Coronaviren überhaupt ihren Weg in die Lunge finden, gebe es zum Beispiel „keine wirklich valide Studie“, so Wahl. „Ich glaube, einige Firmen springen auch ein bisschen auf den Corona-Zug auf.“

Gefragt: Medikamente zur Stärkung des Abwehrsystems werden in der kalten Jahreszeit beworben – wie hier in der Schlossapotheke in Ettlingen.
Medikamente zur Stärkung des Abwehrsystems werden in der kalten Jahreszeit beworben – wie hier in der Schlossapotheke in Ettlingen. Foto: Julia Trauden

Dass die Kunden sich von Medienberichten über die Wirksamkeit bestimmter Mittel leiten lassen, hat auch Marianne Heintzmann von der Martinus-Apotheke in Rheinstetten bemerkt. So sei zum Beispiel Vitamin D sehr gefragt gewesen, nachdem berichtet wurde, dass ein Mangel den schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankungen begünstigen kann. „Die Leute sind verunsichert“, sagt Heintzmann. Im Vergleich zu früheren Wintern bemerkt sie aber keinen deutlichen Anstieg bei der Nachfrage nach Immunstimulanzien.

Ähnlich ist es in der Brunnen-Apotheke in Karlsbad-Ittersbach. „Es gibt keinen großen Unterschied zum vergangenen Jahr“, berichtet deren Leiterin Ilse Denninger. Mehr noch als Vitamin D, C und Zink sei Schutzkleidung wie Masken und Handschuhe gefragt.

„Wundermittel“ gegen Corona gibt es noch nicht

Nicht alles, was als wirksam gegen eine Infektion mit Corona beworben werde, halte dieses Versprechen auch, betont Patrick Kwik vom Landesapothekerverband. So sei die Wirkung des pflanzlichen Produkts „Echinaforce“, das in der Schweiz zeitweise als Wundermittel gegen Corona gehandelt wurde, tatsächlich nicht erwiesen.

Ähnlich verhalte es sich mit dem Nasenspray Algovir, das die Viren im Nasenraum abfangen und sie daran hindern soll, überhaupt in die Lunge zu gelangen. „Ich bin da eher skeptisch“, so Kwik.

Ich kann getrost auf diese Art von Supplement verzichten.
Isin Roth-Yemisci zu Vitamin- und Immunpräparaten

Auch die Karlsruher sind bei Immun- und Vitaminpräparaten zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem Coronavirus eher skeptisch. „Ich kann getrost auf diese Art von Supplement verzichten“, sagt Isin Roth-Yemisci. Die 43-Jährige findet es sinnvoller, den Körper durch Sport und Spaziergänge gesund zu halten als mit Arzneien und Nahrungsergänzungsmitteln. Vor allem sei es wichtig, Stress zu vermeiden, denn das „ist der Krankheitserreger Nummer eins“.

Eine Kundin der Zentral-Apotheke in der Kaiserstraße greift dieses Jahr auf Anraten ihrer Schwester zum ersten Mal zu Vitamin C und Zink. Eine Erkältung oder einen grippalen Infekt will sie so verhindern. „Dass das gegen dass Coronavirus hilft, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt die 56-Jährige.

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