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Reaktionen auf Workshop des Aufsichtsrats

Karlsruher Gemeinderat für schnelle analoge Lösung im KVV-Ticketstreit – Mentrup kritisiert Presse

Die Debatte um die Ticketreform des KVV hat den Karlsruher Gemeinderat erreicht. Nach einem Workshop zum Thema im Aufsichtsrat erklärten sich die Fraktionen zu ihren Lösungen. OB Frank Mentrup erklärte die Kritik an vielen Stellen für inhaltlich falsch und übte Presseschelte.

Frau entwertet Fahrkarte
Entwerter vor dem Abbau: Unentwertete Tickets und Stempelautomaten, wie hier im Bus, soll es nach dem Willen des KVV künftig nicht mehr geben. Die Kritik an der Umstellung des Ticketsystems bleibt laut. Foto: Werner Bentz

Viele Fraktionen im Karlsruher Gemeinderat wünschen sich eine schnelle, analoge Lösung in der Debatte um die Ticketreform des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV).

Besonders ein Vorschlag, der am Montag in einem Workshop des Aufsichtsrates diskutiert wurde, erhielt in der Ratssitzung am Dienstag breite Zustimmung.

Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) holte derweil zu einem Rundumschlag aus. Er attestierte der Presse eine unzureichende Berichterstattung. Zudem stimme „zu 90 Prozent nicht, was in den Zuschriften an die Fraktionen behauptet wird“.

Debatte um Ticketreform des KVV: Entscheidung fällt im Aufsichtsrat

Mit einer intensiven Diskussion dürfte das Stadtoberhaupt bereits gerechnet haben, als er den Gemeinderat am frühen Abend vor dem Einstieg in Tagesordnungspunkt 14 in eine 20-minütige Pause schickte. Das Stadtparlament beschäftigte sich im Anschluss mit verschiedenen Anträgen zum Thema Ticketreform und Abschaffung der Stempeltickets.

Vielen Fraktionen dürfte es vor allem darum gegangen sein, der eigenen Sichtweise eine Plattform zu verschaffen und Ideen zur Diskussion zu stellen. Die Entscheidung über das Ticketsystem kann der Gemeinderat nicht direkt beeinflussen. Sie ist Sache des Aufsichtsrates, in dem allerdings auch einige Stadträte sitzen.

Wir haben völlig unterschätzt, wie viele Menschen Karten horten.
Johannes Honné , Grünen-Stadtrat

„Wir haben völlig unterschätzt, wie viele Menschen Karten horten, um sie bei Bedarf verwenden zu können“, gestand etwa Johannes Honné ein, der für die Grünen im KVV-Aufsichtsrat sitzt. Das sei der Partei erst bewusst geworden, als im Januar die ersten Nachrichten dazu eingingen.

Klar sei, dass es eine Alternative brauche. Aus seiner Sicht sei die ganz eindeutig: Honné sprach sich dafür aus, Karten zu verkaufen, in die Kunden vor Fahrtantritt die Abfahrtshaltestelle und die Uhrzeit eintragen. „Das lässt sich sofort umsetzen, es kostet keine Millionen. Ich bin sicher, dass der Aufsichtsrat am 11. März dafür stimmt.“

Breite Zustimmung für analogen Lösungsvorschlag

Sven Maier (CDU) schloss sich den Ausführungen seines Kollegen an. „Wir brauchen ein sehr niederschwelliges Angebot“, so der Stadtrat. Die Digitalisierung sei in diesem Punkt zu schnell gegangen, das habe die Flut an Beschwerden gezeigt. „Keiner von uns wollte jemanden ausgrenzen“, ergänzte sein Parteikollege Detlev Hofmann. Ein guter ÖPNV funktioniere schließlich nur, wenn die Kundenzufriedenheit da sei.

Keiner von uns wollte jemanden ausgrenzen.
Detlev Hofmann, CDU-Stadtrat

Auch SPD-Stadträtin Yvette Melchien bekundete ihre Unterstützung für eine einfache Lösung gerade für Gelegenheitskunden, betonte aber: „Wir wollen das Rad nicht zurückdrehen. Die Struktur ist einfacher und familienfreundlicher geworden.“ AfD-Stadtrat Oliver Schnell äußerte hingegen Zweifel an der vorgeschlagenen Lösung. Da müsse sichergestellt sein, dass Menschen die Karte nicht erst ausfüllen, wenn ein Kontrolleur zu sehen sei und damit das Schwarzfahren nicht begünstigt werde.

Heftige Kritik an der Kommunikation des KVV

„Wir diskutieren wegen des Aufschreis vieler Bürgerinnen und Bürger, nicht wegen der Fraktionen“, stellte Linke-Stadtrat Lukas Bimmerle zunächst fest. Die Selbstentwertung durch Eintrag auf der Karte sei auch aus seiner Sicht eine Möglichkeit. „Es kann nicht das Ziel sein, dass das Angebot durch die Reform schlechter wird.“ Für die Vermittlung der Veränderungen brauche es zudem „mehr Kommunikation“.

Deutlicher wird an dieser Stelle FDP-Stadtrat Tom Høyem. Er spricht von einem „gigantischen Kommunikationsversagen“, das verbessert werden müsse. Lüppo Cramer (Karlsruher Liste) nutzte seine Redezeit, um zahlreiche Rückmeldungen aus der Bürgerschaft vorzulesen. Friedemann Kalmbach warb für Für Karlsruhe und die Freien Wähler dafür, eine aufladbare Chipkarte ins Ticketsystem zu integrieren. „Papier hat keine Zukunft“, sagte er. Es brauche aber eine Lösung für alle, die nicht auf das Smartphone setzen wollten.

Mentrup kontert die Kritik – und kritisiert die Presse

OB Mentrup wollte so manche Aussage nicht unkommentiert stehen lassen. Er betonte, dass das Ticketsystem nicht die Idee von KVV-Chef Alexander Pischon gewesen sei. Vielmehr habe der Aufsichtsrat zugestimmt, dessen Vorsitzender Mentrup selbst ist. Die seit Wochen anhaltende Kritik ist aus Sicht des Stadtoberhaupts an vielen Stellen nicht berechtigt. In der medialen Berichterstattung würden zwei Dinge miteinander verknüpft, die nicht zusammengehörten: Analoge und digitale Angebote.

Die Papierform wurde nicht abgeschafft, sondern nur verändert.
Frank Mentrup, Oberbürgermeister

Jede Aussage, man könne nur noch Bahn fahren, wenn man ein Smartphone besitze, sei einfach falsch, so Mentrup. „Die Papierform wurde nicht abgeschafft, sondern nur verändert. Wir haben ein analoges System analog weiterentwickelt.“ Dazu gehöre der Beschluss zur Abschaffung entwertbarer Karten.

Es sei nicht gelungen, das Missverständnis aus den Köpfen zu kriegen. „Die Presse hat viele Klarstellungen nicht aufgenommen“, behauptet er. Vieles hätte sich aus Mentrups Sicht nicht so zuspitzen müssen. „Aber wir haben an der Stelle ein Imageproblem“, gesteht er ein. „Weil sich viele Gruppen abgehängt fühlen.“ Er werde die Anträge der Fraktionen als Empfehlungen mit in den Aufsichtsrat nehmen, sagte er zu.

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