Skip to main content

Fütterung ist ein Dauerthema 

Wie unaufgeräumte Gärten Vögeln im Winter helfen können

Nicht nur anpassungsfähige Allesfresser wie der Storch überwintern zunehmend in heimischen Gefilden. Wer einen Garten hat, kann Vögeln die Nahrungssuche erleichtern. Was man dabei beachten muss.

Neue Wege: Kraniche werden bis Mitte November aus den Rheinniederungen in südliche Gefilde abfliegen. Mittlerweile aber überwintern auch einige Vögel dieser Art hierzulande.
Viele Kraniche werden bis Mitte November aus den Rheinniederungen in südliche Gefilde abfliegen. Mittlerweile überwintern auch einige Vögel dieser Art hierzulande. Foto: Frieder Forst

Noch ist die Vogelflugzeit nicht abgeschlossen. „Die Weißstörche sind bei uns in der Gemeinde seit Ende August weg und die meisten Singvögel bereits unterwegs“, berichtet Hermann Geyer, der Vorsitzende des Dettenheimer Vogel- und Naturschutzvereins (VVND).

„Aber noch ist etwas im Gang. Die Kraniche sammeln sich im Moment noch für ihren Zug bis Mitte November.“ Obwohl ihm zurückliegend in Dettenheim keine Störche mehr auffielen, überwintern dennoch manche in der Umgegend oder andernorts im Inland. Öfter handelt es sich um ausgewilderte, zeitweise von Menschen gepflegte oder ans Zufüttern gewohnte Tiere.

Störche und Hausrotschwänze überwintern zunehmend in der Region

„Störche, die zeitweise zurückgehalten werden, können ihren Fluginstinkt verlieren. Allerdings sind sie Allesfresser, die sehr anpassungsfähig sind. Wo es warm ist, da ist auch Leben mit Nahrungsquellen“, sagt Geyer zu den winterlichen Folgen des Klimawandels. „Störche sind keine Spezialisten, die fliegen müssen, weil ihre Nahrung versiegt“, erklärt er. Es gebe auch Kraniche, die hierblieben und in der offenen Landschaft noch Nahrung finden könnten.

Als weiteres Beispiel nennt Geyer verändertes Zugverhalten bei Hausrotschwänzen, von denen immer mehr hierzulande überwintern würden: „Sie müssen sich dabei nicht sonderlich umstellen. Hausrotschwänze sind Jäger und Insektenfresser. Sie suchen sich dann ihre Nahrung in wärmeren Nischen in den Dörfern.“

Ein Phänomen ist außerdem, dass manche Zugvögel nicht mehr so weit ziehen. So überwintern nicht wenige Störche nicht mehr in Zentralafrika, sondern in Südeuropa. Zum anderen fänden sich in der hiesigen Gegend Wintergäste wie Seidenschwänze oder Bergfinken ein, so Geyer, weil es ihnen in ihrer östlichen Heimat an Nahrung mangelt.

Längst ein Dauerthema ist die Vogelfütterung, und keineswegs nur bei weiter möglichen Phasen mit starkem Frost oder geschlossenen Schneedecken. Beim VVND steht demnächst wieder das Herstellen von Futterglocken speziell für im Lande bleibende Vögel an.

Meisenarten oder Finken seien bei über die Jahre mehr und mehr ausgeräumten Landschaften auf Fütterung angewiesen, so Geyer. Andere Vögel wie etwa Amseln würden Früchte von Gehölzarten fressen. „Weil Vögeln die Nahrungsquellen genommen werden, wird heute selbst eine Ganzjahresfütterung empfohlen“, so Geyer. Wenn man jetzt zum Winter hin damit beginne, solle man aber darauf achten, sie nicht abzubrechen.

Winterfeste Gärten sind nicht mehr zeitgemäß

„In meinem unaufgeräumten Garten finden sich Früchte heimischer Sträucher wie Beeren vom Pfaffenhütchen, Weißdorn, Liguster oder Efeu“, erzählt Ralf Schreck von der Agenda Umwelt in Eggenstein-Leopoldshafen. „Lässt man im Garten abgeblühte Triebe von Stauden stehen, lockt dies ebenfalls Vögel, die sich die Sämereien daraus holen.“ Örtliche Gärtner würden auch viele fremdländische Stauden kultivieren, die noch Wildstaudencharakter besäßen.

„Offene Blüten bieten Nektar und Pollen für Insekten sowie Vögeln die daraus entstehenden Samen. Die große Fette Henne ist eine solche Gartenpflanze“, gibt Schreck als Beispiel.

Ausgeräumte Gärten sollten der Vergangenheit angehören.
Ralf Schreck
Agenda Umwelt Eggenstein-Leopoldshafen

„Im Zeitalter des Artensterbens ist es nicht mehr zeitgemäß, seinen Garten quasi winterfest zu machen. Ausgeräumte Gärten sollten der Vergangenheit angehören.“ Er plädiert dafür, in Gärten kleine Bereiche geordnet sich selbst zu überlassen. Damit schaffe man Rückzugsgebiete für heimische Tiere, die ihnen als Nahrungs- und als Lebensraum dienen.

Raupen überwintern in abgeblühten Pflanzenteilen

Außerdem weist Schreck darauf hin, dass Eier, Raupen und Puppen in und an abgeblühten Pflanzenteilen überwintern. Belasse man sie über den Winter, bestehe die Chance, dass sich Schmetterlinge entwickeln. „Davon profitieren auch die Vögel, die im Winter bevorzugt dort nach Insekten als Nahrung suchen“, erklärt er. Natur verlaufe immer in Kreisläufen. Die Menschen sollten diese fördern und nicht ständig unterbrechen.

Zur Fütterung von Vögeln im Jahresverlauf merkt Schreck an, dass es diese zudem zu beobachten erlaubten, welche Arten da seien. „Nur was wir kennen, schützen wir auch.“ Gerade in der Brutzeit, wenn die Jungvögel viel Nahrung benötigen, könne es bei Witterungseinbrüchen zu Nahrungsmangel kommen. „Wagen wir mehr Wildnis in unseren Grünflächen, tun wir unseren Vögeln etwas Gutes“, so Schreck. „Zufüttern sollte man mit Augenmaß, wobei es dazu viele Meinungen gibt.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang