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Knigge für den Spielfeldrand

Keine Zustände wie beim Fußball: Handballer aus der Region tun sich für mehr Fair-Play zusammen

Ausschreitungen und verbale Attacken möchten die Handballer in der Region bei ihren Spielen nicht haben. Einige Vereine haben sich deshalb für eine besondere Aktion zusammengetan.

Markus Fucec und Jessica Heß hängen einen Fair-Play-Knigge in der Halle der TG Eggenstein auf.
Markus Fucec und Jessica Heß sind zwei der Initiatoren des Tribünen-Knigge. Mit der Aktion wollen sie für mehr Fair-Play im Handball werben. Foto: Christel Manzey

Schnell, offensiv, mit viel Körpereinsatz: Handball ist ein Sport, bei dem es durchaus auch mal ruppig zugehen kann. Gleichzeitig gilt Handball als sehr faire Sportart – auch bei den Fans. Verbale oder körperliche Attacken am Spielfeldrand sind eher die Ausnahme.

Damit das auch so bleibt, haben sich die Handballer aus Eggenstein, Durlach, Neureut und Leopoldshafen für eine gemeinsame Fair-Play-Aktion zusammengeschlossen. Ziel ist der Schutz von Schiedsrichtern und Kindern.

Mit Flyern und Plakaten werben die Vereine für ein faires Miteinander in den Handballhallen, für Respekt gegenüber „Schiris“ und den gegnerischen Teams.

Fair-Play-Aktion ist Reaktion auf zwei Vorfälle

Beinahe könnte man sagen: „Wehret den Anfängen.“ Denn Auslöser für die Aktion sind zwei Vorfälle der unschönen Art, erklärt Jessica Heß von der Turnerschaft Durlach.

So sei eine 14-jährige Spielerin bei einem Spiel von Fans der gegnerischen Mannschaft verbal attackiert worden. Das Mädchen hatte zuvor eine Zwei-Minuten-Zeitstrafe bekommen.

Einige Monate später sei es bei einem Jugendspiel zwischen Eggenstein und Durlach dann sehr hitzig zugegangen. Die Situation habe sich vom Trainer über den Schiedsrichter schließlich auf die Zuschauer übertragen. Die Stimmung sei laut und emotional gewesen, die Kinder und Jugendlichen von der Situation verunsichert.

Die Vereine wollten aufarbeiten, welche Auslöser es für diese Vorfälle gab. Der Tribünen-Knigge ist damit auch als präventive Stellungnahme zu verstehen: Emotionen ja, aber nur in der Halle.

Das Schöne am Handball ist, dass die Emotionen nach dem Spiel vorbei sind.
Markus Fucec
TG Eggenstein

Dass Leidenschaft im Handball wichtig ist, findet Markus Fucec von der TG Eggenstein gut. Aber: „Das Schöne am Handball ist, dass die Emotionen nach dem Spiel vorbei sind.“ So trinken Fans gegnerischer Mannschaften trotz aller Rivalität auf dem Spielfeld nach dem Spiel etwas zusammen – anders als im Fußball.

Dort sind Berichte über Ausschreitungen vor und nach den Spielen keine Seltenheit, nicht nur im Profibereich. So musste im April ein Spiel der B-Jugend des FV Hambrücken gegen die JSG Kronau/Mingolsheim/Langenbrücken abgebrochen werden, nachdem nach einer Schiedsrichterentscheidung die Emotionen bei den FVH-Spielern und einer Zuschauerin zu hoch gekocht waren.

Mitte September geriet der SV Sasbachwalden in die Schlagzeilen, doch nicht wegen seines 5:1-Siegs gegen TuS Hügelsheim. Ein Fan hatte einen TuS-Spieler rassistisch beleidigt.

Auslöser für Konflikte findet man oft jenseits des Spielfelds

Handball sei an sich ein sehr fairer Sport, betont Heß. Bei den verbalen Entgleisungen „reden wir immer noch von Einzelfällen“. So etwas komme höchstens alle paar Monate vor. Dennoch sei es wichtig, einer solchen Entwicklung gleich zu Beginn einen Riegel vorzuschieben.

Als Verein haben wir einen sozialen Auftrag.
Markus Fucec
TG Eggenstein

Dass Handball ein Familiensport bleibt, ist Fucec sehr wichtig. „Als Verein haben wir einen sozialen Auftrag“, sagt er.

Dabei sieht er die Herausforderung eher abseits des Spielfelds. Denn meist verstünden sich die jugendlichen Spieler trotz aller Hitzigkeit auf dem Feld gut.

Das Problem liege eher bei übermotivierten Eltern oder Trainern. „Die Spieler sollen ihren Spaß haben und gewinnen dürfen. Das gehört zum Sport dazu“, sagt Fucec.

Gewinnen stehe aber meist nicht im Vordergrund, vor allem für sehr junge Spieler. „Kinder vergessen schnell, wenn sie verloren haben“, bestätigt auch Heß. „Die wollen einfach nur spielen.“

Fair-Play-Knigge soll auch Schiedsrichter besser schützen

Und noch ein weiterer Aspekt ist für die Vereine wichtig: Der Fair-Play-Knigge bezieht sich ausdrücklich auch auf die Schiedsrichter. Denn die sind mitunter ebenfalls minderjährig – und sollen durch die Aktion zusätzlich unterstützt werden.

Schiedsrichter ist immer noch ein Ehrenamt.
Jessica Heß
Turnerschaft Durlach

So weiß Heß von Jugendlichen, die sich die Aufgabe nicht zutrauen, aus Angst vor zu heftigen Reaktionen auf ihre Entscheidungen. „Schiedsrichter ist immer noch ein Ehrenamt“, sagt Heß. Wenn es keine Schiedsrichter mehr gebe, gebe es auch keine Spiele mehr.

Aktion soll dauerhaft etabliert werden

Bislang seien die Reaktionen auf den neuen Knigge positiv, berichten Heß und Fucec. Weitere Vereine hätten bereits Interesse an einer Teilnahme bekundet.

Aktuell hängt der Knigge in der Eggensteiner Halle an mehreren Stellen aus, zum Beispiel auf den Tribünen. In Durlach soll er beim nächsten Heimspiel auf der Tribüne verteilt und bei der Bewirtung ausgelegt werden.

Auch auf der Tribüne der Eggensteiner Halle hängt der Knigge bereits aus.
Auch auf der Tribüne der Eggensteiner Halle hängt der Knigge bereits aus. Foto: Christel Manzey

Fucec vermutet, dass die Aktion mehr Eindruck machen wird als vergangene. In Eggenstein habe es schon mal einen Knigge gegeben. Dem habe es aber an Wahrnehmung gefehlt.

Bei diesem haben sich die Vereine bewusst dafür entschieden, ihre Embleme auf dem Knigge zu veröffentlichen. So soll deutlich werden, dass alle geschlossen hinter dem Projekt stehen.

„Wir wollen den Knigge dauerhaft etablieren und immer wieder daran erinnern“, sagt Heß. Groß wäre die Freude, wenn auch ein Verband mit auf den Zug aufspringen und weitere Aktionen machen würde, sagt Fucec. Bislang habe es aber noch keine Reaktion vom Badischen Handball-Verband (BHV) gegeben.

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