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Mehr Mischwälder benötigt

Dringender Handlungsbedarf: Klimawandel macht Wald rund um Graben-Neudorf zu schaffen

Die bislang dominierenden Kiefern müssen vielfältigeren und bunten Wäldern weichen. Forstbezirksleiter Lothar Himmel und seine Kollegen führten Interessierte mit dem Fahrrad durchs Grün.

Forstleute bei der Waldbegehung in Graben-Neudorf
Keine Zeit für Forschungen: Ludwig Thoma, Katrin Herrendorf, Lothar Himmel geben einen Überblick über den Zustand des Graben-Neudorfer Gemeindewalds. Foto: Lena Ratzel

Von Leonie Ratzel

Der Wald war schon immer das wichtigste Ökosystem, doch er ist zugleich auch eines der gefährdetsten. Vor diesem Hintergrund begrüßte Bürgermeister Christian Eheim am frühen Samstagmorgen rund 20 Bürger aus Graben-Neudorf zu einer Waldbegehung.

Unter der Führung von Forstbezirksleiter Lothar Himmel, Revierleiter Ludwig Thoma und Trainee Katrin Herrendorf steuerten die Interessierten den Gemeindewald östlich der Bahnlinie mit dem Fahrrad an. Der Schwerpunkt bei der Begehung wurde auf die klimabedingten Waldschäden gelegt.

Die vergangenen Jahre 2018 und 2019 haben die Wälder durch enorme Hitze und Trockenheit geschwächt. Besonders stark betroffen ist die Kiefer, die mit einem Flächenanteil von etwa 40 Prozent die wichtigste Baumart im Gemeindewald Graben-Neudorf ist.

Kiefern sind rund um Graben-Neudorf gestresst

Dürr gewordene Kieferngerippe, fehlende Nadeln, rosa und rot verfärbte Exemplare und Bäume mit kahlen und durchsichtigen Kronen sind längst keine Seltenheit mehr.

„Die Kiefer ist durch den Trockenstress und die Wärme massiv geschwächt und bietet dadurch ein gefundenes Fressen für viele Schädlinge”, sagte Forstbezirksleiter Lothar Himmel.

Eine besondere Taktik verfolgt dabei der Pilz des Diplodia-Triebsterbens. Er lebt jahrelang symptomlos im Inneren der Kiefernnadeln und wird aggressiv, sobald die Bäume unter Wassermangel leiden. Diplodia verursacht Rotfärbungen am Baum, und sorgt im schlimmsten Fall für das Absterben der Kiefer.

Ein weiterer und äußerst bekannter Schädling ist die Mistel, die in den Kronen der Bäume haust. Die Misteln haben keine Wurzeln, weshalb sie Wasser und Nährstoffe dem Baum entziehen müssen. Durch Vermehrung beanspruchen sie erheblich den Wasserverbrauch des Baumes.

Verschiedene Schädlinge treten massenhaft und gleichzeitig auf

Bis auf das Diplodia-Triebsterben sind alle anderen parasitischen Organismen wie Käfer oder Pilze seit langem bekannt. Neu ist allerdings ihr massenhaftes und gleichzeitiges Auftreten, das die geschwächten Bäume in vielen Fällen zum Absterben bringt. Einig sind sich die Forstwirtschaftsexperten, dass Handlungsbedarf besteht, da die Zukunft ungewiss ist und keine Zeit für Forschungen bleibt.

Aus diesem Grund muss Klarheit über den Ist-Zustand geschaffen werden. Trainee Katrin Herrendorf hat deshalb den Wald nach der Dringlichkeit des Eingreifens kartiert. Dies geschah mithilfe eines Ampelprinzips. Rot stellt den Ausfall von über 40 Prozent der Kiefern in der eingegrenzten Fläche dar.

Die Kiefern sind meist abgestorben und können nicht mehr erhalten werden. Gelb stellt einen Ausfall von 20 bis 40 Prozent da, und Grün symbolisiert einen Ausfall von unter 20 Prozent der Kiefern.

Handlungsbedarf auf 150 Hektar Gemeindewald

Auf etwa 150 Hektar Gemeindewald besteht Handlungsbedarf. Dort muss angefangen werden, die geschädigten Bestände zu fällen. Dafür muss die Bevölkerung mit einbezogen und sensibilisiert werden. Revierleiter Ludwig Thoma sichert schon jetzt den engen Austausch mit den Bürgern zu, und betont die Notwendigkeit des Waldumbaus.

Im Zuge dieses Waldumbaus ist es das Ziel, den durch die Kiefer dominierenden Wald in einen vielfältigen Mischwald umzubauen, der den klimatischen Bedingungen gewachsen ist. Fremdländische Bäume, wie zum Beispiel die Esskastanie, schließt Ludwig Thoma nicht aus. Er betont allerdings, den Schwerpunkt auf Multikulturen zu setzen und Fremdmischungen nur beizumischen.

In Zukunft werden die einfarbigen Kiefernmeere dieser Region nach und nach vielfältigeren und bunteren Wäldern weichen. Das kaum vermeidbare Ende der Kieferndominanz ist der Beginn von neuen und angepassten Wäldern, die einer ungewissen und risikoreichen Klimazukunft besser gewachsen sind.

Wirtschaftliche Funktion des Waldes steht hintenan

Neue Herausforderungen stehen bevor, doch alle Beteiligten sind sich einig, dass der Wald geschützt werden muss, um die Funktionen des Waldes auch in Zukunft erhalten zu können.

Bürgermeister Christian Eheim betont, dass die wirtschaftlichen Funktionen des Waldes hinten angestellt werden, und die Priorität auf der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes sowie der Biodiversität liegt. Revierleiter Ludwig Thoma appelliert an die Bevölkerung, Klimaschutz zu betreiben, um die Entwicklungen nicht noch weiter zu befeuern.

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