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Buntsandstein aus 3.790 Metern Tiefe

Geothermie-Bohrung in Graben-Neudorf liefert Stoff für Kunst aus uralten Zeiten

Rund 243 Millionen Jahre alt ist der Buntsandstein, den der Münchener Künstler Ekkeland Götze für seine Ausstellung „Die Tiefe“ verarbeitet hat.

Herbert Pohl (links) und Ekkeland Götze erzählen, wie das Projekt entstand. Das Bild unten rechts bezeichnen sie als das wohl tiefste Kunstwerk der Welt.
Herbert Pohl (links) und Ekkeland Götze erzählen, wie das Projekt entstand. Das Bild unten rechts bezeichnen sie als das wohl tiefste Kunstwerk der Welt. Foto: Monika Eisele

Erde und Gestein können bekanntlich nicht reden. In der Ausstellung „Die Tiefe“ im Graben-Neudorfer Heimatmuseum tun sie es doch. Die Erdbilder des Münchener Künstlers Ekkeland Götze erzählen einen Teil der Erdgeschichte bis zurück zu den Zeiten, in denen die Dinosaurier gerade anfingen, die Erde zu bevölkern. Vom Erdmittelalter bis zum Beginn der Neuzeit hat Götze die Erde auf Leinwand gebracht – und das ist wörtlich gemeint.

Erdmaterial aus jeder Schicht

Nicht Pinsel und Farbe sind seine Arbeitsmittel. Aus der Bohrung zum Geothermie-Kraftwerk wurde aus jeder Schicht Erde in sein Atelier geschickt. In einem speziellen Verfahren, Terragrafie genannt, wird die Erde gereinigt, aufgeschlämmt und bis zur gewünschten Konsistenz getrocknet. „Dann trage ich die Erde auf die Leinwand auf. Und das ist der Moment, in dem auch ich erstmals sehe, wie das Bild geworden ist“, erzählt Götze bei der Ausstellungseröffnung.

Farbe gibt Aufschluss über Klimaänderungen

„Faszinierend“, findet Bernd Metzger aus Graben die Ausstellung. Und seine Frau Ilsetraud ergänzt: „Sehr interessant und mal was anderes.“ Rötlich, grau oder gelblich, mit Einsprengseln oder leicht marmoriert sind die Erdgemälde auf den quadratischen Bildern – alle im gleichen Format. „Das gibt Aufschluss über die Klimaänderungen“, erklärt Geologe Ulrich Lotz. Rot sei immer ein Hinweis auf trockenes, wüstenartiges Klima. „Das Eisen im Boden oxidiert, daher die rote Farbe. Wird es feuchter, reduziert das Eisen und es entstehen gelb-grünliche bis graue Böden. Kommt dann noch Faulschlamm dazu, wird es grau bis schwarz“, so Lotz.

Das Bild, das den oberen Buntsandstein aus dem Trias zeigt, stammt aus 3.790 Metern Tiefe und ist damit das wohl tiefste Kunstwerk der Welt. Der Buntsandstein ist etwa 243 Millionen Jahre alt und der gleiche, auf dem das Heidelberger Schloss steht. „Die Verwerfungen sind gewaltig. Da könnte man den Montblanc drin verstecken“, veranschaulicht Lotz die Dimensionen.

Graben-Neudorf zeigt nicht das einzige Projekt dieser Art, das Götze seit 1989 geschaffen hat. „Als ich 1988 nach München kam, traf ich auf ganz unterschiedliche Kunst. Aber alles, was ich machte, gab es irgendwie schon. Also musste ich mir was Neues ausdenken“, erzählt Götze von den Anfängen seiner Erdbilder, die sich nach und nach zu einem Gesamtwerk entwickeln. Das erste Bild entstand übrigens aus Erde des Englischen Gartens in München. Da stand er eines Tages und die Idee habe ihn wie ein Blitz getroffen, so Götze.

Wir können den Besuchern zeigen, worauf ihre Füße stehen.
Guido Herzog, Leiter des Heimatmuseums

Weltweit hat Götze Erde von verschiedenen Orten gesammelt und zu Kunst gemacht. Er war in Afrika und am Amazonas, am Stromboli, auf Gletschern und hat auch Erde vom Todesstreifen an der Berliner Mauer gesammelt. „Die Bilder haben immer eine besondere Bedeutung, sei es historisch oder beispielsweise auch religiös“, sagt Götze. Bei einem Atelierbesuch sah der Chef der Deutschen Erdwärme solche Bilder aus anderen Projekten. „Und da war die Idee naheliegend, dies mit den Erden aus unserer Bohrung zu machen“, so Unternehmensgründer Herbert Pohl. Dem Künstler gefiel die Idee und so kam das Projekt zustande. Bislang hatte er nur Bilder von den Erden an der Oberfläche gemacht. So weit in die Tiefe zu gehen, war auch für ihn ein neuer und spannender Ansatz.

Werk ist noch an zwei Sonntagen zu sehen

„Wir können den Graben-Neudorfern und anderen Besuchern zeigen, worauf ihre Füße stehen“, freut sich der Leiter des Museums, Guido Herzog. In die Erdgeschichte eintauchen können Besucher erneut an den beiden Sonntagen des 18. Juni und 2. Juli. Dann kann „Die Tiefe“ jeweils von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden.

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