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Gefieder schützt gegen Kälte

Schneefreie Böden und offene Wasserflächen: Zugvögel bleiben in der Hardt

Vögel wie der Hausrotschwanz und der Storch ziehen gar nicht mehr weg oder verlassen im Winter oft nur noch für wenige Wochen ihre Heimat. 

Zwei Störche im Winter bei Dettenheim
Cool bleiben, ist die halbe Miete: Zwei Störche überwintern bei Dettenheim. Foto: Franz Lechner

Die vielen Wintertouristen wussten es schon immer: Der nördliche Landkreis Karlsruhe ist in der kalten Jahreszeit ein echtes Traumziel. Vor allem die vielen Wasserflächen in der Rheinebene ziehen gefiederte Gäste aus dem Osten und dem Norden Europas magisch an. Aber auch aus Deutschlands Norden und Osten treibt der Wintereinbruch viele Vögel an den Rhein oder an die vielen Baggerseen in der Region.

Dort finden sie nämlich, was sie zum Überleben brauchen: offene Wasserflächen und schneefreie Böden. Für viele Wasservögel, aber auch für Greifvögel wie die Kornweihe oder für Schreitvögel wie den Silberreiher, ist die Rheinebene daher das, was Afrika für Schwalben und andere Zugvögel ist: ein ideales Gebiet zum Überwintern.

Dass jetzt aber auch immer mehr Einheimische ihre Heimat schätzen lernen und auf ihren Winterurlaub im warmen Süden zugunsten der Hardt verzichten, ist dagegen neu. „Das ist eindeutig eine Folge der Klimaveränderung“, erklärt Jochen Lehmann, Leiter der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe und Mitglied der Nabu-Gruppe Stutensee.

Das ist eindeutig eine Folge der Klimaveränderung.
Jochen Lehmann
Ornithologe

Er nennt den Roten Milan, den Hausrotschwanz, den Zilpzalp, Mönchsgrasmücken, Schwarzkehlchen und Störche als Beispiele für Vogelarten, die gar nicht mehr wegziehen oder die heute im Winter oft nur noch für wenige Wochen ihre Heimat verlassen. Allerdings seien nicht die milden Temperaturen beziehungsweise die fehlende Kälte direkt die Ursache dafür, dass sich einige Zugvögel immer mehr auch im Winter in der Hardt wohlfühlen.

Nahrungsmangel ist schlimmer als Kälte

„Gegen Kälte sind Vögel durch ihr Gefieder sehr gut geschützt“, erklärt Lehmann. Nicht Kälte treibe die Zugvögel in den Süden, sondern der Nahrungsmangel.

Während nämlich Arten wie Amseln, Meisen oder Rotkehlchen im Winter zu Vegetariern werden, müssen reine Insektenfresser (abgesehen von Spechten) während der kalten Jahreszeit, wenn sie nicht verhungern wollen, in den wärmeren Süden fliegen.

Deshalb sind die meisten der Arten, die jetzt zunehmend auch im Winter in der Region bleiben, sogenannte Kurzstreckenzieher. Sie überwintern normalerweise in Südfrankreich oder in Spanien. Ziele, die sie im Notfall, also bei einem plötzlichen Wintereinbruch, in wenigen Tagen erreichen können.

Deshalb können sie auch wesentlich flexibler auf die Klimaveränderung reagieren wie Kuckuck, Pirol, Mauersegler, Schwalben und die anderen Langstreckenzieher, die südlich der Sahara überwintern.

Der Kuckuck kommt zu spät

Diese Vogelarten sind deshalb oft die eigentlichen Verlierer des Klimawandels“, sagt der Ornithologe Lehmann. Für Höhlenbrüter wie Trauerschnäpper, aber auch für andere Langstreckenzieher seien potenzielle Brutplätze bei ihrer Rückkehr oft schon vergeben. Auch das Insektenangebot sei heute durch die gestiegenen Temperaturen zur Brutzeit der Langstreckenzieher nicht mehr so gut wie früher.

Besonders ist der Brutparasit Kuckuck vom Klimawandel betroffen. Wenn er seine Eier in die Nester seiner Wirtsvögel legen will, liegen dort oft gar keine Eier mehr im Nest, sondern bereits ausgeschlüpfte Jungvögel.

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