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Furcht vor „schwarzen Schafen“

Ansturm statt Ruhetag: So planen Friseure im Landkreis Karlsruhe den Neustart

Der Vorstand der Friseurinnung in der Region fürchtet, dass viele seine Kollegen den langen Lockdown nicht unbeschadet überstehen. Für eine Kollegin aus Eggenstein-Leopoldshafen, die trotz Verbots schon vorzeitig öffnet, hat er sogar gewisses Verständnis.

Eine Frau mit einem Lockenstab
Wartet auf Kunden: Marcella Manz ist Friseurin in Weingarten und fürchtet, dass viele Kollegen den Lockdown mit Schwarzarbeit überbrückt haben. Foto: Gianna Ronge

Die Erleichterung bei den Friseuren ist groß. Am 1. März dürfen sie nach rund zehn Wochen wieder öffnen. „Wir sind wahnsinnig froh. Endlich haben wir eine klare Ansage“, sagt Eric Schneider. Er ist Vorstand der Friseur- und Kosmetik-Innung Karlsruhe-Bretten.

Für viele Friseure wird der Lockdown bis zum 1. März existenzbedrohend.
Eric Schneider, Vorstand der Friseur- und Kosmetik-Innung Karlsruhe-Bretten

Doch seiner Ansicht nach wird die Öffnung zwei Wochen zu spät kommen. „Mitte Februar wäre uns lieber gewesen, denn nun müssen wir wieder mit Löhnen, Mieten und Pachten in Vorleistung gehen.“ Und viele Friseure haben „ein massives Liquiditätsproblem“, erklärt Schneider. „Für viele wird der Lockdown bis zum 1. März existenzbedrohend.“

Er berichtet davon, dass viele seiner Kollegen ihre Altersvorsorge aufgelöst oder Kredite bei Freunden aufgenommen haben. Über Iris Bujack aus Eggenstein, die ihren Friseur-Salon vergangenen Montag bereits geöffnet hatte und nun mit einer Geldbuße rechnen muss, sagt Schneider: „Das ist ein Verzweiflungsakt. Das illustriert die Situation gut. Das ist kein stumpfer Protest eines Querdenkers.“

Eine weitere Sorge von Schneider ist, dass viele Friseure derzeit „in die Schwarzarbeit abwandern“. Denn, so betonte der Karlsruher, dass sei auch aus epidemiologischer Sicht sehr problematisch. Beim Haareschneiden zu Hause würden wahrscheinlich die wenigsten auf die erforderlichen Hygienemaßnahmen achten.

Die Schließung war schon hart. Man bangt jeden Tag.
Marcella Manz, Inhaberin „Manz Hairstyling“ in Weingarten

Angebote für privates Haareschneiden gibt es viele. Das berichtet auch Marcella Manz aus Weingarten. Sie betreibt den Salon „Manz Hairstyling“ bereits in dritter Generation. „Manche haben mich sogar zum Essen eingeladen.“ Darauf eingegangen ist sie jedoch nie. Denn auch ihr ist die Einhaltung der Vorschriften wichtig. Jetzt, da sie endlich weiß, wann es weiter geht, ist sie sehr glücklich. „Die Schließung war schon hart. Man bangt jeden Tag“, sagt Manz.

Zum Start auch am Ruhetag geöffnet

Nun ist der Andrang groß. Nicht nur bei Manz steht das Telefon kaum noch still. Auch Katharina Schlesser vom Friseur-Salon Heuser aus Linkenheim verzeichnet eine sehr große Kundennachfrage. Dass sie im Dezember schließen musste, sei ein großer Schock gewesen. „Das schlimmste war für mich, dass ich meine Kunden nun unfrisiert in die Weihnachtsfeiertage gehen lassen musste. Das hat mir echt leidgetan.“

Die vergangenen Wochen hat Schlesser unter anderem dazu genutzt, kleine Renovierungen vorzunehmen. Viel vorzubereiten geben es sonst nicht mehr. „Die Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln hatten wir auch vorher schon.“ Um dem nun kommenden Ansturm gerecht zu werden, öffnet sie zunächst auch montags ihren Salon. Bisher war da Ruhetag. Auch abends bleibt eine Stunde länger geöffnet. Gerne würde sie das noch weiter ausbauen, doch dafür fehlt ihr derzeit das Personal.

Meike Beranek aus Pfinztal bestätigt die große Nachfrage. „Wir sind schon recht ausgebucht im März.“ Es sei wichtig, dass die Friseure jetzt wieder öffnen dürfen. Der Aufwand während der Pandemie sei natürlich etwas größer, schließlich müssten alle Plätze desinfiziert und Termine anders gelegt werden, um die Abstandsregeln einzuhalten.

Natürlich haben viele Existenzängste. Aber andere Branchen sind da noch schlechter dran.
Achim Käuper, Saloninhaber aus Blankenloch

Achim Käuper aus Blankenloch berichtet zudem über viele Stunden am Telefon und die Arbeit, die er in die Vorbereitung steckt. Für jede seiner acht Mitarbeiterinnen hat er eine Liste geschrieben mit Kundennamen und Telefonnummern. „Unsere Stammkunden haben sich sehr gefreut, dass wir angerufen haben“, berichtet Käuper. Auf diese Weise hat er den „Hauptsturm“ der Anrufe abgemildert. Da profitiert er nun, anders als im Frühjahr, von seinen Erfahrungen.

Käuper hätte zwar auch gerne schon früher wieder eröffnet. „Aber der Inzidenzwert hat das nicht zugelassen. Wir haben ja jetzt schon Vorrang. Die Regierung macht einen guten Job“, findet er. „Natürlich haben viele Existenzängste. Aber wir haben nun einmal die Corona-Pandemie. Deswegen habe ich Verständnis, wie das gehandhabt wird. Andere Branchen sind da noch schlechter dran.“

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