Ein weiteres Glas Wein, um den Frust runterzuspülen? Im Medikamentenschrank türmen sich die Tabletten? Risiken, eine Sucht zu entwickeln, bestehen für Senioren in vieler Hinsicht. Zusammen mit dem Landratsamt hat die Frauen Union Linkenheim-Hochstetten die Infoveranstaltung „Geben Sie Sucht im Alter keine Chance“ organisiert. Innerhalb des seit zwei Jahren laufenden Präventionsprojekts „Sucht im Alter“ klärt Anne-Kathrin Merz über die Thematik auf.
Die Diplomsozialpädagogin und Sozialtherapeutin von der Suchtberatung in Ettlingen betont: „Sensibilisierung für Suchtmittelkonsum im Alter ist für jeden wichtig, weil es uns alle betrifft.“ Das zunehmende Alter gehe mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Körpers einher. Daher baue der Körper älterer Menschen Alkohol, Medikamente und Nikotin schlechter ab. Mehr als zehn Gramm reinen Alkohol pro Tag sollten Senioren ab 65 Jahren laut Merz nicht trinken. Das sind etwa 0,1 Liter Wein. Bei allem darüber hinaus handle es sich um riskante Mengen.
Nikotin wird im Alter weniger genutzt
Merz rät dazu, zwei alkoholfreie Tage pro Woche zum Schutz vor Abhängigkeit einzuplanen. An diesen Tagen könne man feststellen, ob der Verzicht schwerfällt. Medikamente seien hingegen für den größten Teil der Senioren unverzichtbar. Bei einer Einnahme von mehr als fünf verschreibungspflichtigen Medikamenten gleichzeitig bestehe aber die Gefahr, dass die Wechselwirkung der Medikamente nicht mehr bestimmt werden könne. Es falle schwer zu beurteilen, ob die Beschwerden von dem Medikament, dem Körper oder der Erkrankung rühren.
Merz empfiehlt, regelmäßig vom Arzt prüfen zu lassen, ob Dosierungen angepasst werden müssen oder ein Medikament vielleicht sogar ganz abgesetzt werden kann. Wie bei Alkohol solle der Konsum jedoch niemals ohne Hilfe eingestellt werden. Das könne zu Komplikationen führen oder tödlich enden.
Eine weitere Herausforderung seien für älter Menschen die anderen Lebensumstände. So schwänden etwa soziale Kontakte mit dem Rentenalter zunehmend. „All diese Herausforderungen stehen in Verbindung mit einem anderen Umgang mit Suchtmitteln, um manche Dinge erträglicher zu machen“, sagt Merz. Während genussvoller Konsum meist unbedenklich sei, sei Konsum, der aus dem Zwang nach Ausgleich heraus entstehe, problematisch. Es gehe darum, einen bedachten Konsum herzustellen.
Gerade beim Zigarettenkonsum sei bekannt, dass jede Zigarette die Lebenserwartung um fünf Minuten verkürze. Doch nur 50 Prozent der Raucher würden es schaffen, ihren Konsum einzustellen. Nikotin stelle zwar die am meisten konsumierte Alltagsdroge dar, werde aber im Alter weniger genutzt. Zum einen seien die Möglichkeiten nicht mehr da, zum anderen lasse es die Gesundheit nicht zu. Alternativen zum Suchtmittelkonsum seien Bewegung, soziale Kontakte und eine aktive Freizeitgestaltung.