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Tradition im Ort

Ursprünglich aus Mexiko: Wieso Topinambur in Staffort eine wichtige Rolle spielt

Topinambur stammt ursprünglich aus Mexiko. Doch in Staffort spielt es seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle. Wie es dazu kam.

Jochen Heidt ist Schnapsbrenner in vierter Generation. Sein Urgroßvater hat die ursprüngliche Brennerei installiert.
Jochen Heidt ist Schnapsbrenner in vierter Generation. Sein Urgroßvater hat die ursprüngliche Brennerei installiert. Foto: Marianne Lother

Das „Stafforter Erdgold“ ist im Ort jedem ein Begriff. Er steht für eine Spirituose, die aus der essbaren Topinamburknolle gewonnen und mit hohem Aufwand verarbeitet wird. Die Pflanze stammt ursprünglich aus Mexiko und wurde von Einwanderern im 17. Jahrhundert nach Europa gebracht. 

Heute ist Topinambur nur noch in kleinen Anbaugebieten in Niedersachsen, Brandenburg und Baden verbreitet, berichtet der Kenner der Ortsgeschichte, Manfred Raupp. 

Topinambur in Staffort ein Markenzeichen

Warum ausgerechnet in Staffort? Dazu hat er mit Augenzwinkern eine Erklärung parat: In früherer Zeit war in Staffort kein Arzt niedergelassen. Alfred Kretz, Arzt in Spöck, habe zweimal wöchentlich auch in Staffort Patienten behandelt. Jedesmal habe er nach Abschluss der Prozedur im Gasthaus „Schwanen“ einen Topinambur zu sich genommen – zur Desinfektion, wie er sagte. 

So wurde Topinambur „aus gesundheitsfördernden Gründen“ im Ort angebaut. Zwar hätten nur wenige Bauern diese Sonderkultur zusätzlich gefördert, dennoch wurde der Topinambur im Dorf zu einem Markenzeichen. 

Die Weiterverarbeitung zu Schnaps bedarf eines speziellen Wissens und großer Sorgfalt. Beides wird über Generationen weitergegeben und nur wenige Familien haben die Brennrechte. Jochen Heidt ist Schnapsbrenner in vierter Generation. Sein Urgroßvater Joshua Heidt hat die ursprüngliche Brennerei installiert, sein Großvater Wilhelm Heidt hat sie dann in der Weingartener Straße neu errichtet und den Markenname „Stafforter Erdgold“ geprägt. Die jetzige Destillieranlage befindet sich auf dem Anwesen des Gasthauses „Schwanen“. 

Bei 58 Grad löst sich der Alkohol

In den frühen Morgenstunden hat Heidt das Feuer unter dem großen Wasserkessel angeheizt. Er öffnet das Fass mit der vergorenen Maische. Ein intensiver, typischer Geruch steigt auf. Mit großer Sorgfalt füllt er die Maische in den Behälter über dem Wasserkessel ein, wo sie – vergleichbar dem Erhitzen im Wasserbad in der Küche – langsam auf Temperatur kommt. 

Bei 58 Grad löst sich der Alkohol, steigt unter Druck mit dem Wasserdampf auf und fließt als Destillat in einen Behälter. Druck und Temperatur hat Heidt genau im Blick. So entsteht ein hochprozentiger Feinbrand, der auf eine trinkfähige Stärke verdünnt werden muss. 

Heute ist Topinamburschnaps ein Verdauungsmittel

Welcher Stellenwert dem Topinamburschnaps in Staffort einst zuteil wurde, zeigt sich im Namen einer regionalen Musikband und im Slogan der Feier zum 900-jährigen Ortsbestehen: „Stafforts Brauch: Tabak, Topi, Holzschuhlauf“. Heute werde Topinamburschnaps nicht mehr in den Mengen getrunken wie vor Jahren noch, sagt Heidt. 

Dafür sei der einstige „Fuhrmannschnaps“ zu einem anerkannten Verdauungsmittel avanciert. Den Anbau der Knollen habe seine Familie bereits vor etlichen Jahren aufgegeben. Er kaufe die Topinamburknollen zu. Er mache diese Arbeit noch als Hobby, aus Leidenschaft und um diese historische Tradition im Ort aufrecht zu erhalten. 

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