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Ernüchternde Analyse

Konflikt um Siedlungen und Naturschutz bei der Bahn-Neubaustrecke zwischen Mannheim und Karlsruhe

Die Suche nach einer Trasse für den Streckenausbau zwischen Mannheim und Karlsruhe gestaltet sich schwierig. Neue Erkenntnisse für das Projekt liegen nun vor: In dem Gebiet reiht sich ein Schutzgebiet an das nächste.

Ein Güterzug der Deutschen Bahn (DB) mit Tankanhängern fährt auf der Rheintalschiene nahe Hügelheim in Richtung Süden. Mit dem Fahrplanwechsel am Wochenende enden die Corona-Einschränkungen bei der Deutschen Bahn. +++ dpa-Bildfunk +++
Natur und Mensch sollen bei dem Großprojekt der Deutschen Bahn zwischen Mannheim und Karlsruhe möglichst wenig Schaden erleiden. Dafür setzen sich die Akteure und Interessenverbände in einem Dialogforum zusammen. Foto: Philipp von Ditfurth picture alliance/dpa

Ein Los, das niemand so richtig haben möchte, ist bei den Plänen der Neubaustrecke zwischen den Bahnhöfen Mannheim und Karlsruhe zu vergeben. Eine Karte zeigt deutlich: In dem Gebiet, das die Deutsche Bahn für ihre Gütertrasse analysiert und vor wenigen Tagen vorgestellt hat, gibt es kaum Flächen ohne hohen Schutzanspruch.

Erste sogenannte Grobkorridore wirken eher wie ein Flickenteppich. In diesen grau eingezeichneten Flächen sieht die Deutsche Bahn im Verhältnis möglichst niedrige Raumwiderstände und damit Bereiche, die potenzielle Neubauoptionen bieten.

Kurz gefasst: Je schützenswerter oder konfliktreicher ein Bereich, desto höher ist auch sein Raumwiderstand. Zwischen Mannheim und Karlsruhe ist dieser größtenteils sehr oder sogar außerordentlich hoch. In einigen Gebieten gilt die Realisierung einer Trasse als nahezu unmöglich. Grund dafür: Auswirkungen auf Natur und Mensch.

Es wird keine Idealtrasse geben.
Gerd Hager, Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein

„Es wird keine Idealtrasse geben“, sagt Gerd Hager, Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein, zu den Erkenntnissen. „Ein erster Blick auf die Karte der Grobkorridore zeigt bereits jetzt: Der Raumwiderstand in unserer Region ist außerordentlich hoch“, so Hager. Angesichts der großen Siedlungsdichte und der hochwertigen Biotopstrukturen komme dieser Befund für ihn nicht überraschend. „Eine einfache, sich geradezu aufdrängende Trassenführung kann es nicht geben“, betont er.

Zukünftige Trasse: Durch Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz?

Konflikte werde es überall geben, wo man die Trasse durchführe, vermutet Hager. Um diese möglichst gering zu halten, müsse man einiges an Geld in die Hand nehmen. Als Beispiel dafür nennt er Tunnel für den Güterverkehr oder hohe Lärmschutzwände. Die Probleme auf die Nachbarn auf der anderen Rheinseite abzuwälzen, komme für ihn aber nicht infrage. „Das muss fair sein“, so Hager.

Wir sind aber nicht scharf darauf, dieses Los zu gewinnen.
Gerd Hager, Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein

Die Kriterien zur Beurteilung stünden im Voraus fest. Dort, wo sich letztlich die besten Argumente finden ließen, solle die Trasse dann auch entstehen. Wenn das also im Zuständigkeitsbereich des Regionalverbands der Fall sei, akzeptiere er das. „Wir sind aber nicht scharf darauf, dieses Los zu gewinnen“, zieht Hager sein Fazit.

Der Regionalverband werde sich von zwei Maximen leiten lassen: „Die Belastung von Mensch und Natur in unserer Region gering halten, das Verfahren als Chance für Entlastung an den Bestandsstrecken nutzen“, betont er.

Bahnprojekt Mannheim-Karlsruhe hat internationale Bedeutung

Das Bahnprojekt ist Teil des Bundesschienenausbaugesetzes. Zwischen Mannheim und Karlsruhe soll ein Lückenschluss für mehr Kapazität im Bahnverkehr sorgen. Die beiden Standorte sind wichtige Knotenpunkte des nationalen und internationalen Personen- und Güterverkehrs, betont die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite.

Weiter veranschaulichen sich positive Folgewirkungen des Projekts: So trage es nach eigenen Angaben dazu bei, 65.000 Tonnen CO2 pro Jahr, 612.465 Kilometer durch Autos und 1.600 Lastwagen-Fahrten pro Tag zu vermeiden.

Die Kriterien, die die Deutsche Bahn bei ihrer Analyse für die bestmögliche Trasse anlegt, drehen sich unter anderem um den Menschen und dessen Gesundheit etwa in Wohnsiedlungsflächen sowie beispielsweise den Schutz vor Lärm oder der Verlagerung von Privateigentum. Aber auch Tiere und Pflanzen, Natur- und Trinkwasserschutzgebiete, Wälder oder Vorranggebiete für erneuerbare Energien spielen in die Auswertung hinein.

Dialogforum bringt Akteure zusammen

Beim Dialogforum kommen seit Januar verschiedene Akteure zusammen, um eine Trassenführung unter Beachtung aller Aspekte zu erarbeiten. Die dritte Sitzung soll im Juni stattfinden. Dann sollen erste Trassenkorridore entwickelt werden. Das Ziel der Bahn: eine möglichst raum- und umweltverträgliche Variante.

Wir hätten uns gemeldet, wenn wir gesehen hätten, dass man voreingenommen an die Planung herangeht.
Martin Klatt, Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbundes Mittlerer Oberrhein

Dass eine Gütertrasse erhebliche Umweltauswirkungen hat, sei unumstritten, sagt Martin Klatt, Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbundes Mittlerer Oberrhein. Das Konzept der Deutschen Bahn und die damit verbundene Analyse des Gebiets seien jedoch nachvollziehbar. „Wir stehen erst ganz am Anfang“, so Klatt. „Wir hätten uns gemeldet, wenn wir gesehen hätten, dass man voreingenommen an die Planung herangeht“, betont er.

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