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Serie über exotisch anmutende Sportarten

Beim Minigolf kommt es zu 50 Prozent auf die Bälle an

Besuch bei den Minigolf-Wölfen Rheinstetten-Mörsch: Der Verbandsliga-Meister hat auf den Aufstieg in die Dritte Liga verzichtet.

In Beatric Grüßinger haben die Minigolf-Wölfe Rheinstetten sogar eine deutsche Meisterin in ihren Reihen.
In Beatric Grüßinger haben die Minigolf-Wölfe Rheinstetten sogar eine deutsche Meisterin in ihren Reihen. Foto: Frank Vetter

In all seiner Seelenruhe steht Thomas Fütterer an der Abschlaglinie von Bahn eins. Er atmet ein. Er atmet aus. Dann schwingt er leicht den Schläger, trifft sanft den kleinen mintgrünen Ball, der in einem ganz leichten Bogen an den Hindernissen vorbei Richtung hinterer Bande rollt und von dieser aus ein paar Zentimeter zurück, um schließlich ins Loch zu fallen. Fütterer nickt zufrieden.

Ein Schlag für Bahn eins ist ja auch ein prima Einstieg ins abendliche Training. Nicht alle der insgesamt 18 Bahnen wird er so souverän meistern wie diese erste. Andererseits: All zu viele Fehlversuche darf er sich – zumindest im Wettkampf ist das so – auch nicht erlauben. „Ziel ist es, die 18 Bahnen mit unter 25 Schlägen zu spielen“, sagt Fütterer. Wer sich jemals auf einer der früher durchaus zahlreichen Anlagen selbst am Minigolfen versucht hat, weiß, was das heißt.

Nachwuchsprobleme sind nicht zu leugnen

Wobei die Sache bei Fütterer etwas anders gelagert ist. Er spielt mit den Minigolf-Wölfen Rheinstetten schließlich in der Minigolf-Verbandsliga. In der zurückliegenden Saison sind er und sein Team Meister geworden. Auf einen Aufstieg in die Dritte Liga haben sie wegen des zu hohen Aufwandes allerdings verzichtet. Schon rein personell wäre eine Klasse höher kaum zu stemmen.

Derzeit zählen die Minigolf-Wölfe, die eine Abteilung des Rad- und Kraftfahrervereins „Solidarität“ Rheinstetten-Mörsch sind, 15 aktive Minigolfer, sechs von ihnen spielen im Verbandsligateam. „Wir sind mehr Alte als Junge“, sagt Fütterer.

Ein Nachwuchsproblem will er erst gar nicht in Abrede stellen. Immerhin: Auch eine deutsche Meisterin minigolft mittlerweile für die Mörscher: Beatric Grüßinger sicherte sich im Sommer den nationalen Titel in der Seniorenklasse 1.

Zweimal pro Woche trainieren sie und ihre Minigolfkameraden auf der vereinseigenen Anlage „Am Wasen“, die als schwer zu bespielen gilt, schon weil fast ausschließlich mit Hindernissen höherer Schwierigkeit bestückt. Überhaupt spielt die Beschaffenheit der Bahn eine große Rolle beim Minigolf, schon weil Untergrund und Maße extrem unterschiedlich sein können.

In Mörsch etwa wird auf Faserzementplatten gespielt, 6,25 Meter lang sowie 90 Zentimeter breit ist eine Bahn. Aus 28 genormten und turniertauglichen Bahnen kann sich jeder Betreiber seine Anlage samt Hindernissen individuell zusammenstellen.

Die Konkurrenz aus Weinheim ist es derweil gewohnt, auf Betonbahnen zu spielen, die zwölf Meter lang und 1,25 Meter breit sind. Aus Filz wiederum ist der Bodenbelag in Schriesheim. Zwischen sechs und 18 Metern beträgt hier die Länge der Bahnen bei zwischen 80 und 90 Zentimetern Breite.

Wahl der richtigen Bälle ist eine Wissenschaft

„Im Minigolf gibt es einen enormen Heimvorteil“, fasst Andreas Fütterer, Bruder von Thomas und Betreiber der Mörscher Anlage, all das zusammen. Bei Wettkämpfen umso wichtiger sei, dass sich die Spieler möglichst schnell auf die Spezifika der jeweiligen Bahn des jeweiligen Ausrichters einstellen können.

In der Regel zweimal vor einem Wettkampf besuchen die Mörscher deshalb die Wettkampfbahn, um einen ganzen Tag auf ihr trainieren und so ihre Eigenheiten erkunden zu können.

Auf die richtige Ballwahl kommt es auch bei Beatric Grüßinger an.
Auf die richtige Ballwahl kommt es auch bei Beatric Grüßinger an. Foto: Frank Vetter

Dabei wird nicht zuletzt auch getestet, welcher Ball zu welcher Bahn bei welchen äußeren Bedingungen am besten passt. Just dies ist fast schon eine Wissenschaft für sich. „Es gibt tausende verschiedene Bälle“, sagt Thomas Fütterer. „Zwischen 200 und 300 hat jeder Spieler“, schätzt sein Bruder Andreas.

Nach einer Vorauswahl übrig bleiben zwischen 30 und 40, die schließlich zum Wettkampf mitgenommen werden. Vor allem in Sprunghöhe, Lackierung, Härte und Gewicht unterscheiden sich diese. Nur mal so ein Beispiel: Ein schwerer Ball bleibt besser in der Spur, weswegen er auf Filz prinzipiell Vorteile bringt.

Ein Schläger reicht aus

„Zu 50 Prozent kommt es auf den Ball an“, stellt Thomas Fütterer fest. Umso wichtiger sei es, seine Bälle und ihr Rollverhalten genau zu kennen. In einer Art „Balldatenbank“ wird just über solcherlei Buch geführt. Auch die Temperatur wird dabei berücksichtigt. Prinzipiell gilt der Grundsatz: Durch Kühlen wird der Ball härter und träger, durch Erwärmung lauffreudiger und weicher.

„In der Bundesliga wird mit temperierten Ballköfferchen gearbeitet“, plaudert Thomas Fütterer aus dem Nähkästchen. Er selbst erwärmt seine Bälle bei Bedarf in der Manteltasche. Was den Schläger anbelangt, ist der Minigolfer hingegen genügsamer: Ein Putter, meist leicht getunt, reicht.

Nach einem Spieltag ist man mindestens so erledigt wie nach einem Fußballspiel.
Andreas Fütterer
Mörscher Minigolfer

Ansonsten gefragt, so sagt es Andreas Fütterer, der über den Minigolf-Trainerschein verfügt, seien „Ballgefühl, Konzentration und Kondition“. „Ich vergleiche uns immer mit Sportschützen“, sagt er. Und: „Nach einem Spieltag ist man mindestens so erledigt wie nach einem Fußballspiel.“ Zwischen vier und sechsmal 18 Bahnen stehen bei einem Ligawettkampf pro Spieler auf dem Programm. Wettkampfbeginn ist meist morgens um neun, Ende nicht vor 16 Uhr.

Zur Serie

Unter der Rubrik „Uns gibt’s auch noch“ stellt die Sportredaktion in loser Folge eher ungewöhnliche Sportarten vor, die sonst weniger bis gar nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Im ersten Teil der Serie ging es um die Caster der Anglergemeinschaft Iffezheim.

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