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Fahrgastrechte

Was Reisenden durch einen tagelangen Bahnstreik Anfang 2024 droht

2024 beginnt vermutlich mit einem tagelangen Bahnstreik. Was bekannt ist, welche Regeln gelten und wie flexible Kunden deshalb sogar sparen können.

Der Hinweis „GDL-Streik“ leuchtet auf der Fahrgastinformationsanzeige in einem Bahnhof auf.
Der Hinweis „GDL-Streik“ leuchtet auf der Fahrgastinformationsanzeige in einem Bahnhof auf. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat für Anfang 2024 einen bis zu fünf Tage langen Streik angekündigt. Foto: Arne Dedert/dpa

Für den Mannheimer Berufspendler, die Karlsruher Italien-Reisende und die Bühler Studentin wird das Jahr 2024 mit großen Fragezeichen beginnen. Wer auf den Fern- und Nahverkehr der Deutschen Bahn setzt, hat wenig Planungssicherheit und muss sich mit Alternativen beschäftigen. Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) hat tagelange Streiks angekündigt.

Diese Redaktion erklärt, was bislang bekannt ist, welche Möglichkeiten Reisenden bei Ausfällen und Verspätungen bleiben und wieso für flexible Bahnkunden der Streik sogar ein Schnäppchen sein kann.

Ab wann wird denn gestreikt?
Vermutlich ab dem 8. Januar, wenn die Weihnachtsferien zu Ende sind. Einen ganz konkreten Termin hat die Lokführergewerkschaft GDL allerdings bislang nicht genannt. Denkbar bleibt, dass es erst später losgeht. Zur Dauer der angekündigten Streiks äußerte sich dafür mittlerweile ihr Chef Claus Weselsky in der „Rheinischen Post“. Er sprach von drei bis maximal fünf Tagen. Zum unbefristeten Streik, der laut Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern möglich wäre, werde man nicht aufrufen.
Wird auch der Regionalverkehr lokaler Verkehrsverbünde betroffen sein?
Davon muss man ausgehen. In ähnlichen Fällen fielen vor allem Stadtbahnen der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) aus, zuletzt bei GDL-Warnstreiks Mitte November beziehungsweise Anfang Dezember. Ansonsten wirkt sich der Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der GDL vor allem indirekt auf viele Verkehrsunternehmen aus: Wenn Fahrdienstleiter ihre Arbeit niederlegen, können sie die von der DB betriebenen Gleise nicht mehr nutzen. Für viele Busverbindungen beziehungsweise das Karlsruher Tram-Netz würde sich bei einem GDL-Streik hingegen nichts ändern.
Was können Kunden mit ihren bereits für die zweite Januarwoche gebuchten Tickets machen?
Derzeit wenig. Solange nicht feststeht, wann genau der Streik beginnt und wie er sich auf den Fern- und Nahverkehr auswirkt, gelten die regulären Storno- und Umtausch-Bedingungen der DB. Wer beispielsweise ein zuggebundenes Ticket zum „Super Sparpreis“ gekauft hat, kann nichts tun. „Sparpreis“-Fahrkarten lassen sich gegen eine Gebühr von zehn Euro stornieren.
Und was passiert mit Tickets, sobald klar ist, dass am Reisetag gestreikt wird?
Da haben Reisende verschiedene Möglichkeiten. Sie können das Ticket zum Beispiel zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Falls es eine Zugbindung hatte, wird sie aufgehoben. Kostenlos stornieren können Kunden theoretisch nur, wenn einer der gebuchten Züge tatsächlich ausfällt. Bei früheren Streiks war es der Bahn meist gelungen, etwa jede fünfte Verbindung im Fernverkehr trotzdem anzubieten. Praktisch zeigte sich das Unternehmen laut der Verbraucherzentrale früher meist kulant und gestattete die Stornierung im Streikfall auch dann, wenn die Verbindung nicht direkt betroffen war.
Welche Regeln gelten für einen Zugwechsel am Streiktag?
Es gelten dieselben Vorgaben wie bei Verspätungen. Geht es um mehr als 20 Minuten, können Reisende statt eines Regional-Expresses einen IC oder ICE nutzen. Sie müssen den Zuschlag aber bezahlen und sich später von der Bahn zurückholen. Für das Deutschlandticket gilt diese Upgrade-Regelung allerdings nicht – es sei denn, die DB ruft Reisende im Nahverkehr wie in früheren Streiks explizit dazu auf, den Fernverkehr zu nutzen.
Was müssen Kunden beachten, die ihr Ticket vom Streiktag später nutzen wollen?
Theoretisch nichts. Sie können ihre gebuchte Fahrkarte einfach zu einem anderen Zeitpunkt einlösen. Dennoch empfiehlt die DB vor allem Reisenden mit internationaler Verbindung den kostenlosen Umtausch in einem Reisezentrum. Der Grund: So lassen sich Probleme bei der Ticketkontrolle im Ausland vermeiden.
Was gilt, wenn nur eine Hinfahrt vom Streik betroffen ist?
Dann muss die Bahn beide Tickets erstatten. Allerdings gilt dafür eine Einschränkung: Wenn beide Fahrten getrennt gebucht wurden, greift die Regel nicht. In dem Fall sind Kunden auf die Kulanz des Verkehrsunternehmens angewiesen.
Dürfen Reisende mit Zugbindung auf eine frühere Verbindung ausweichen?
Nein, nicht grundsätzlich. Mitte November war die Bahn allerdings kulant. Sie hob Zugbindungen für den angekündigten Streiktag auf und gestattete Kunden den Wechsel auf eine Verbindung am Vortag. Ob das Anfang Januar wieder so kommt, wird die Bahn vermutlich recht kurzfristig bekannt geben.

Ticketkauf kann sich für manche wegen des Streiks lohnen

Ist es also besser, für Reisen im Januar noch keine Tickets zu kaufen?
Nicht unbedingt. Wer flexibel ist und starke Nerven hat, kann beim Fahrkarten-Kauf sogar Geld sparen. Wer sich beispielsweise ein Sparticket für den mutmaßlichen Streikzeitraum kauft, kann mit zwei Möglichkeiten rechnen. Option A: Der Zug fährt. Option B: Die Verbindung fällt aus und das Ticket lässt sich an einem anderen Tag ohne Zugbindung nutzen.
Wofür können Kunden Geld zurückbekommen?
Für Ausfälle und Verspätungen. Den kompletten Fahrpreis kann man sich zurückerstatten lassen, wenn ein Zug auf der gebuchten Verbindung ausfällt oder damit zu rechnen ist, dass man mehr als eine Stunde zu spät am Ziel ankommt. Auch wer die Reise unterwegs abbricht und wieder zum Startbahnhof zurückkehrt, hat Anspruch auf den vollen Fahrpreis. Zumindest einen Teil des Geldes gibt es zurück, wenn man deutlich länger als geplant unterwegs ist. Bei mehr als 60 Minuten stehen Reisenden 25 Prozent des Fahrpreises zu, ab 120 sind es 50 Prozent.
Wie lassen sich diese Rechte geltend machen?
Zunächst einmal sollten Reisende ihre Verspätung dokumentieren, rät die Verbraucherzentrale. Sie können sich bei einem Mitarbeiter der DB eine Verspätungsbescheinigung ausstellen lassen oder – wenn wie bei einem Streik viel los ist – wenigstens Fotos von Anzeigetafeln oder Screenshots der Apps machen. Wer seine Reise online gebucht hat, kann die Entschädigung direkt über die App „DB Navigator“ beantragen. Ansonsten hilft der Postweg mit ausgefülltem Fahrgastrechte-Formular.
Gelten diese Rechte auch für Monatskarten wie das Deutschlandticket?
Ja. In der Abwicklung ist das allerdings etwas komplizierter. Das Deutschlandticket gilt als Zeitkarte im Nahverkehr. Ab einer Verspätung von 60 Minuten stehen dem Nutzer 1,50 Euro Entschädigung zu. Ausgezahlt wird allerdings erst ab einer Gesamtsumme von vier Euro. Deutschlandticket-Inhaber müssen daher Verspätungen aufschreiben und gesammelt einreichen. Maximal gibt es 25 Prozent des Kaufpreises zurück.
Muss die Bahn auch eine Taxirechnung oder eine Übernachtung erstatten?
Das kommt darauf an. Ins Taxi steigen dürfen Bahnkunden, wenn ihr Zug planmäßig zwischen 0 und 5 Uhr ankommen müsste, aber mindestens eine Stunde Verspätung haben wird. Das erklärt die Verbraucherzentrale mit Verweis auf die Eisenbahn-Verkehrsverordnung. Das Taxi ist auch eine Möglichkeit, wenn die letzte Verbindung eines Tages ausfällt und man sein Ziel anders nicht vor Mitternacht erreicht. Vor dem Einsteigen sollten sich Kunden allerdings die Zusage der Bahn holen. Zurück gibt es allerdings maximal 120 Euro. Um eine Übernachtung muss sich die Bahn kümmern, wenn Reisende an einem Bahnhof stranden und nicht weiter kommen. Wie viel das Unternehmen bezahlt, hängt vom Einzelfall ab.
Was gilt für Reisen ins Ausland?
Im Grunde dasselbe wie innerhalb Deutschlands. Internationale DB-Tickets können ebenfalls später genutzt werden. Kunden müssen allerdings darauf achten, dass sie nur Züge der auf dem Ticket genannten Bahnunternehmen nutzen. Falls für diese Züge eine Reservierungspflicht besteht, muss die erneuert werden. Das geht beispielsweise in den Reisezentren der DB.
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