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1.900 Besucher wurden gezählt

Ausstellung macht die Nazi-Gräuel in Bretten sichtbar

Die Ausstellungsmacher ziehen ein positives Fazit der Ausstellung „Bretten 1933-45“ im Stadtmuseum, die Anfang Oktober endete.

Über positive Besucherresonanz zur Ausstellung über die Nazi-Diktatur in Bretten freuen sich die Macher (von links) Alexander Kipphan, Catherine Fournell und Museumsleiterin Linda Obhof.
Über positive Besucherresonanz zur Ausstellung über die Nazi-Diktatur in Bretten freuen sich die Macher Alexander Kipphan, Catherine Fournell und Museumsleiterin Linda Obhof (von links). Foto: Gerd Markowetz

Eindringlich, beklemmend, notwendig, längst überfällig: Solche Rückmeldungen haben die Ausstellungsmacher der Präsentation „Diktatur in einer badischen Kleinstadt“ erhalten. Diese Rückmeldungen sind für die Organisatoren nach eigenen Worten ein Beleg dafür, wie richtig es war, die Welt der Hitler-Diktatur in Bretten zu beleuchten.

Denn Nazi-Deutschland, das war nicht nur Berlin, München, Nürnberg. Auch das beschauliche Bretten blieb von Herrenrasse-Ideologie, Judenhass und den Verbrechen der Braunhemden nicht verschont.

Schau war fünf Monate im Brettener Stadtmuseum zu sehen

Die Schau im Brettener Stadtmuseum, die Anfang Oktober endete, war allein deshalb sehenswert, weil sie „Ross und Reiter“ nannte, noch nie gezeigtes Material vorstellte und so den Besuchern sehr eindringlich vor Augen führte, wozu rechte Ideologie in der Lage ist. „Wir sind erleichtert und froh darüber, dass die Ergebnisse unserer Arbeit rund 1.900 Besucher erreicht hat, dass diese hochpolitische Ausstellung ihren Sinn bezweckt hat“, resümiert Linda Obhof, die Leiterin des Stadtmuseums.

Sie hat zusammen mit Alexander Kipphan, dem Leiter des Brettener Stadtarchivs, und dessen Kollegin Catherine Fournell die Rückblende in das düsterste Kapitel der Brettener Geschichte geöffnet.

Jahrelange Recherchen waren vorausgegangen

Jahrelange Recherchen waren vorausgegangen, bevor die Ausstellung über die Brettener Welt in der Zeit zwischen 1933 und 1945 im Mai eröffnet werden konnte. „Jede Minute der Vorbereitung hat sich gelohnt“, fasst Kipphan zusammen.

Mit dieser Ausstellung, da sind sich die Macher sicher, habe das „Verdrängen und Vertuschen“ endgültig ein Ende. Ja, es sei wichtig, „schlafende Hunde“ zu wecken, meint Linda Obhof, auch wenn einzelne wenige das anders gesehen hätten. „Oft haben Besucher angesichts des Rechtsrucks aber auch ihre Angst geäußert, ob sich das wiederholen könne“, berichtet Obhof.

Die Unmissverständlichkeit, mit der die Ausstellung Brettener Bürger zeigt, wie sie Wohnungen von Juden plündern, wie sie vor der Hakenkreuz-Flagge den rechten Arm heben, die Rechnung für das Benzin, das zum Abfackeln des Brettener Synagoge benutzt wurde, habe viele betroffen gemacht.

Die Bilder zeigten unmissverständlich: Das alles gab’s auch im beschaulichen Bretten. Die subtile Art, wie schon Kinder beeinflusst wurden, die Terrorherrschaft bis zum Ende – so gut wie jede Facette der Nazi-Horrorzeit wurde beleuchtet. Auch wenn die braunen Machthaber Akten und Zeitzeugnisse zum Großteil vernichteten: Akribische Recherche habe vieles zutage gefördert.

Erfreulich: Auch Besucher aus Freiburg, Tübingen oder Heilbronn hätten den Weg nach Bretten auf sich genommen, um sich die Ausstellung anzusehen, berichten die Ausstellungsmacher. Denn: Eine derartige Aufarbeitung der Nazi-Diktatur in einer Kleinstadt sei Neuland und allein schon deshalb einzigartig.

„Uns hat besonders gefreut, dass sich auch Ausstellungsmacher aus anderen Städten alles angeschaut haben. Insofern könnte der mutige Brettener Weg, mit dem Thema umzugehen, durchaus Nachahmer finden“, betont Obhof.

Reges Interesse auch von Schulklassen

In 35 Führungen habe sie allein 670 Besuchern die Ausstellung nähergebracht, berichtet Linda Obhof über das rege Interesse auch von Schulklassen, politische Bildung im Kleinen sozusagen.

Gute Nachrichten gibt es für alle, die nach ihrem Besuch gefragt hätten, ob die Ausstellung dokumentiert und zugänglich gemacht werde: Ein virtueller 360-Grad-Rundgang durch die Räume des Museums im Netz wird es ermöglichen, dass sich auch jene, die die Ausstellung im Schweizer Hof nicht besucht haben, ein Bild von dieser machen können.

Rund 180 Exponate konnten zumindest ein wenig veranschaulichen, welche Alltagsgegenstände die Zeit prägten, Fotos versuchten zudem, die Wirklichkeit abzubilden. Zeit mussten die Besucher schon mitbringen, um die umfänglichen Informationen auf den großen Texttafeln zu lesen. Informationen, die einen schaudern lassen, auch und gerade, weil man erkennt: Vorauseilender Gehorsam und Gleichschaltung waren hier ebenso präsent wie in ganz Nazi-Deutschland.

Die nächste Ausstellung des Museums im Schweizer Hof zeigt eine Retrospektive der Werke des in Bretten geborenen Künstlers Rainer Dorwarth, der in Freiburg lebte und arbeitete. Zeitlebens lehnte der introvertierte Künstler eine größere Vermarktung seiner Kunst ab. Zu sehen sind in Bretten ein Querschnitt seines facettenreichen Werks, unter anderem Aquarelle, Holzdrucke und Federzeichnungen. Eröffnung ist am Mittwoch, 22. November, um 19 Uhr.

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