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800 Gäste an zwei Abenden

Brettener Bütt belustigt seit 50 Jahren die Narren der Stadt

Anfangs war sie Kappenabend mit kurzen Büttenreden und Musik, heute steht die liebevoll „Bütt“ genannte Prunksitzung in Bretten ihren großen Vorbildern aus den Faschingshochburgen in nichts nach.

"In Bredde do isch jeder gern" ist die Hymne der Brettener Fastnachter, gesungen von Fredy Ersch (mit Mikrofon) vor den Aktiven der Brettener Bütt.
"In Bredde do isch jeder gern" ist die Hymne der Brettener Fastnachter, gesungen von Fredy Ersch (mit Mikrofon) vor den Aktiven der Brettener Bütt. Foto: Gerd Markowetz

Losgelöst vom Alltag geben sich die an zwei Abenden über 800 Gäste der Brettener Bütt hin. Sie wollen Spaß haben, lachen und die Krisen beiseite sein lassen. Fastnacht, da sind sich die Narhallesen einig, ist auch die Kunst des hemmungslosen Optimismus.

Dieser Kunst widmen sich die Narren in der Bütt hingebungsvoll: Die Stadtkapelle und ihre Sänger begrüßen die bunt kostümierten Gäste mit für die fünfte Jahreszeit typischen Gassenhauern. Die Mädels zeigen beim Gardetanz, wie hoch sie ihre Beine werfen können. Sitzungspräsident Bernd Neuschl gibt die ersten Witze zum Besten.

Zügig ist das Publikum auf Betriebstemperatur und lauscht amüsiert. In der kunterbunt geschmückten Stadtparkhalle geben sich ganz unterschiedliche Charaktere das Mikrofon in die Hand – mal klamaukig, mal zotig, mal von Lachsalven begleitet, mal von Schmunzlern toleriert.

Das Eichamt klemmt im Nu der Kuh das Euter zu.
Günther Wolf 
Ortsbüttel

Ortsbüttel Günther Wolf schwingt seine Schelle. Als „Bee-kanntmachung“ deklariert, gräbt er vergessen geglaubte Missgeschicke aus, erinnert an das Aus der Frischmilch beim Bauern: „Das Eichamt klemmt im Nu der Kuh das Euter zu.“

Valentin Braun und Wolfgang Wagner nehmen musikalisch die vielen Baustellen auf die Schippe, „Ich buddle hier, buddle auch da, find es einfach wunderbar.“ Und: „Schuld sind immer die andern.“ Gilt fast immer.

Gewohnt kabarettistisch hangelt sich Hansi Klees bei der Bütt von Pointe zu Pointe. Heuer nimmt er die große Politik aufs Korn und schlängelt sich vom Elektropanzer über den Fachkräftemangel in der Ampel bis hin zur KI und den Remigrationsfantasien der Rechten. Bittere Wahrheiten, satirisch verpackt. Höchstes Niveau attestieren Fachkundige den Breddemer Hofsängern, von denen nichts ausgelassen wird.

Vierstimmig wird in der Bütt über OB-Kandidaten orakelt

A cappella singen Jan-Christian Blömer, Benjamin Leicht, Pascal und Jerome Cieplik in der Bütt von Straßen- und Haushaltslöchern. Sie orakeln singend über potenzielle OB-Kandidaten. Vierstimmig vorgetragen erinnern nicht nur die Melodien an die legendären Comedian Harmonists. Thilo Kampf moderiert als Überraschungsgast.

Bernd Neuschl gibt den Herbfried Nudelhuber. Ein Kalauer jagt den nächsten. Zuvor erklärt der Lederhosenträger mit dem Schnauzbart, wie sich in Bretten noch so Ungleiches schließlich doch zusammenreimt. Die Damen von der Showtanztruppe verwandeln sich während der Bütt von besenschwingenden Kittelschürze-Trägerinnen zu blonden Barbies. Es ist ein Synchrontanz in Rosa.

Aber es geht noch quirliger. Mit ausgelassener Beweglichkeit verführen Angelina Cosi Montes und Elisa Schnorr in höchste tänzerische Gefilde. Das Publikum ist sicht- und hörbar begeistert.

Lustige Witwen witzeln über das Ableben

Als Hausschwein nimmt sich Wolfgang Wagner die Reste-Esserei vor, bevor Anette Giesche und Daniela Mößner sich im Friedhof treffen. Die lustigen Witwen witzeln über das Ableben im Allgemeinen, die finalen Ruhestätten ihrer Gatten und den Leichenschmaus, die „Survivalparty“. Aber die zwei sind bisher nicht dran. „Mir sinn fidel“, klären sie das singend. Und wie immer: Ein Tusch der Stadtkapelle belohnt besonders originelle Pointen.

Ja, die Barbie, die hat’s auch Musikprofessor Ben Bock alias Bernd Neuschl angetan: Am Piano sitzend führt er vor, wie der Barbie-Song im Idiom von Otto, Heinz Erhardt und Co. klingen könnte. Und er bringt den Tenor des Abends auf den Punkt: „Feiern ohne Streit im bunten Narrenkleid.“

Als dann – Mitternacht ist nicht mehr weit – die Elferräte als Chippendales die Stimmung zum Überkochen bringen, weiß der Bütt-Fachmann: Jetzt ist dann Schluss. „Ein toller Abend“, sagen Frank Kasper und seine Frau Inge. „Und das alles ehrenamtlich, Hut ab!“ Überzeugt sind sie nicht allein. „Wieder Klasse dieses Jahr“, meint auch Hartmut Glaser, Bütt-Besucher der ersten Stunde. „In Bredde do isch jeder gern“ erklingt die Hymne der Brettener Faschingsbutze. Es gibt keinen, der nicht mitsingt – die Ode an die Stadt, ihre Bürger und die Bütt.

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