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Pestizide im Garten

BUND Bretten über Pestizide: Wer gegen Blattläuse spritzt, gefährdet auch Meisen

Private Gärten in Deutschland haben etwa die Fläche aller Schutzgebiete. Eigentümer haben mit Vermeidung von Pestiziden also großes Handlungspotenzial, sagt Gerhard Dittes, BUND-Chef in Bretten. 

Gerhard Dittes
Gerhard Dittes, Vorsitzender der BUND Ortsgruppe Bretten Foto: Irmeli Thienes

Der BUND-Landesverband appelliert an private Gartenbesitzer, die Anwendung von Pestiziden zu vermeiden. Gerhard Dittes äußert sich darum zum Umgang mit Pestiziden und dessen Folgen. Er ist Vorsitzender der Brettener BUND-Ortsgruppe.

Was sind Pestizide und welche Tiere werden gefährdet?
Dittes
Pestizide treffen Schädlinge und Nützlinge, und das auf zwei Wegen. Sie töten deren Nahrung und vergiften die Insekten selbst. Pestizide werden unterteilt in Fungizide, Herbizide und Insektizide. Fungizide richten sich gegen Pilze, wie Getreiderost oder Mehltau. Herbizide wirken gegen Disteln und andere Kräuter, ein berüchtigtes ist das Glyphosat. Insektizide richten sich beispielsweise gegen Kartoffelkäfer. Auch Neonicotinoide sind Insektizide. Sie verwirren schon in geringen Dosen den Orientierungssinn von Honigbienen. Leider erholen sich Schädlinge nach dem Spritzen meist schneller als Nützlinge. Ein großes Problem ist auch die Resistenzbildung. Überleben beim Einsatz von Pestiziden beispielsweise von einer Million Kartoffelkäfern nur zehn, sind deren Nachkommen resistenter gegen Insektizide. Also müssen Landwirte die Dosis erhöhen.

Amphibien wegen ihrer Schlüsselrolle doppelt gefährdet

Ihr Landesverband schlägt Alarm wegen der Gefahr von Pestiziden für Amphibien. Warum?
Dittes
Amphibien haben eine Schlüsselfunktion und sind besonders gefährdet wegen ihrer wasserdurchlässigen Haut. Spritznebel dringt hindurch und greift auf vielen Ebenen in den Stoffwechsel der Amphibien ein, und dies in allen Entwicklungsstufen. Manche Spritzmittel sind hormonell wirksam, senken die Spermienproduktion und beeinträchtigen so die Fortpflanzung. Manche schädigen das Immunsystem. Landwirte müssen darum beim Spritzen einige Meter Abstand von Gewässern halten. Kaulquappen aber sind Nahrung von Molchen, Ringelnattern und anderen. Und kleine Frösche werden von vielen Vögeln gefressen. Der Schaden für Amphibien hat also schwerwiegende Folgen fürs Ökosystem.
Warum soll der private Gartenbesitzer Pestizide vermeiden angesichts der Spritzmengen in der Landwirtschaft?
Dittes
Es gibt es viele Gründe. So sind Blattläuse nicht nur Nahrung für Marienkäfer, sondern auch etwa für Blaumeisen. Meisen sterben also auch, wo gegen Blattläuse gespritzt wird. Da die Gesamtfläche aller Gärten in Deutschland etwa der aller Schutzgebiete entspricht, haben Gartenbesitzer ein riesiges Schutzpotenzial in der Hand. Und sie unterliegen nicht, wie Landwirte, dem Druck, Erträge zu steigern, auch weil ihre Böden durch den Flächenfraß immer knapper werden. Private Gärtner müssen sich auch keinem Preisdiktat unterwerfen oder sich gegen Billig-Konkurrenz vom Weltmarkt durchsetzen. Zudem fördern pestizidfreie Gärten die Artenvielfalt.
Pestizide reicherten sich an. Wie und was folgt für uns Menschen daraus?
Dittes
Ja, leider ist das so. Das kommt vor allem daher, dass manche Pflanzenschutzmittel eine lange Halbwertszeit haben. Sie bauen sich im Boden erst nach mehreren Jahren ab. Gespritzt wird aber jährlich. Pestizide schädigen auch Mikroorganismen im Boden, die für die Humusbildung so wichtig sind. Auch für uns Menschen steigt die Gefahr, dass sich Pestizide in uns anreichern. In Frankreich gilt etwa Prostatakrebs bereits unter Landwirten als anerkannte Berufskrankheit, wenn sie Kontakt mit dem Insektizid Chlordecon hatten.
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