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Besonderer Brauch bleibt attraktiv

Der Geburt Christi nachempfunden: In Gondelsheim wird Gottesdienst am Heiligen Abend im Stall gefeiert

Weihnachten im Stall erlebten die Gondelsheimer Christen bei Erhard Walz, der seinen Bauernhof zur Verfügung stellte – einschließlich Kühen. Rund 200 Besucher strömten am späten Sonntagabend ins Dossental. 

Eine ganz besondere Atmosphäre erlebten die Besucher des Stallgottesdienstes im Gondelsheimer Dossental.
Eine ganz besondere Atmosphäre erlebten die Besucher des Stallgottesdienstes im Gondelsheimer Dossental. Foto: Arnd Waidelich

Eines der schönsten Bilder der christlichen Religion ist die Geburt Jesu bei Ochs und Esel im Stall. Dies konnten viele Gläubige aus der Region am Heiligen Abend nachempfinden. Für einen Gottesdienst öffnete Landwirt Erhard Walz seinen Stall im Gondelsheimer Dossental. Seit 2012 tut er das, nur unterbrochen für zwei Jahre während der Corona-Pandemie.

Gottesdienstbesucher stehen Schlange vor der Scheune

Der alljährliche Brauch hat sich herumgesprochen. Besucher aus Oberderdingen, Neibsheim, Ruit, Wössingen, Jöhlingen, Obergrombach und selbstverständlich vor allem aus Gondelsheim standen zu später Stunde kurz vor 21.30 Uhr Schlange vor der Scheunentür.

Schon am Eingang wurden alle von den beiden Gondelsheimer Kirchengemeinderäten Andrea Knauer und Dieter Mohr mit dem Gruß „Frohe Weihnachten“, Handschlag und einem Liedzettel empfangen. Sie lasen später während des Gottesdienstes zusammen mit dem dritten Kirchengemeinderatsmitglied Klaus Strauß die Weihnachtsgeschichte.

Von einem „Gottesdienst in einem ganz besonderen Ambiente, das dem nahekommt, wie die Geburt Jesu tatsächlich einmal in Bethlehem stattgefunden hat“, sprach die Pfarrerin Daniela Nelson während ihrer Predigt. Hier komme der Weihnachtsfrieden zum Ausdruck, „wie er uns das ganze Jahr über begleiten sollte“. Den Stress, der oft die Vorweihnachtszeit präge, könne man hier an der Krippe, die selbstverständlich ebenfalls aufgebaut war, hinter sich lassen.

Kälber legen sich gelassen zur Ruhe

Aufmerksam beobachtet wurde der Gottesdienst von sieben Kälbern, die nur ein kleines, stählernes Gatter von den Besuchern trennte. Anfangs drängten sie sich, möglichst viel Abstand suchend, noch etwas verängstigt an der Rückwand. Wiederkäuend verfolgten sie das ungewohnte Geschehen. Nur mit einem vereinzelten „Muh“ kommentierten sie die „Tochter Zion“. Spätestens bei der abschließenden „Stille Nacht“ hatten sich fast alle wieder zur Ruhe niedergelegt.

Handylicht erhellt die Liedtexte

Vorgetragen von einem Bläserensemble des Musikvereins Gondelsheim unter der Leitung von Thomas Widmann, wurden die Lieder tüchtig von den rund 200 Besuchern begleitet. Ein kleines, fahles Licht an der hohen Scheunendecke konnte jenen beim Lesen der Liedtexte nicht helfen, die nicht textsicher waren. So erhellte sich die Scheune von Handys, die zu Taschenlampen umfunktioniert wurden. Für das Gebet entzündete Daniela Nelson vier Adventskerzen, ehe sie zusammen mit der Gemeinde das Vaterunser sprach, das fast symbolisch und als i-Tüpfelchen von einem lauten „Muh“ beendet wurde.  

Ich habe geglaubt, dass sich der Sturm auf die Besucherzahlen auswirken wird.
Erhard Walz
Stallbesitzer

Die Besucher bedankten sich abschließend mit starkem Applaus bei den zahlreichen helfenden Händen, die für den organisatorischen Ablauf zuständig waren. Auch bei Erhard Walz, der so manchen „Wiederholungstäter“, wie er formulierte, in den Reihen der Besucher entdeckte. Dass sich an einem so sturmumtobten Heiligen Abend erneut an die 200 Besucher in der Scheune versammelten, empfinde er keineswegs als selbstverständlich. sagte Walz: „Ich habe geglaubt, dass sich der Sturm auf die Besucherzahlen auswirken wird.“

Nach Walz’ Erfahrungen aus den vergangenen Jahren besuchten den Gottesdienst durchaus viele junge Gläubige, die seit ihrer Konfirmation den Weg in die Kirche nicht mehr gefunden hatten. Sie würden sich für so eine Stallweihnacht begeistern

Sehr erfreut über den Stallgottesdienst zeigte sich Pfarrerin Daniela Nelson, die erst im September ihr Amt in Gondelsheim angetreten hatte und mithin den Stallgottesdienst zum ersten Mal leitete. Ein tolles Ereignis in einem schönen Ambiente sei es auch für sie gewesen, etwas ganz anderes als die normalen Gottesdienste.

Besondere Stimmung wird von vielen Seiten gelobt

Ihre Meinung spiegelte sich in den Kommentaren der Besucher. Zum ersten Mal dabei war Herbert Burkhardt mit seiner gesamten Familie. Er habe immer wieder von dem Stallgottesdienst gehört und sei neugierig gewesen. Wegen des späten Beginns sei für ihn aber in der Vergangenheit ein Besuch schwierig gewesen, so der Gondelsheimer. Er habe eher zusammen mit seiner Familie die Christmette in der Kirche besucht. Jetzt habe es aber in die Pläne der Familie gepasst. Sehr stimmungsvoll sei es gewesen, so wie die Jesu-Geburt in Bethlehem gewesen sein könne, sagte Burkhard.

Selbst für die Kirchengemeinderäte sei dieser Gottesdienst immer noch etwas Besonderes, sagte auch Klaus Strauß, der sich über einen nicht minder stimmungsvollen Abschluss mit einem Glühwein in der benachbarten Maschinenhalle freute.

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