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An der Belastungsgrenze

Steigende Flüchtlingszahlen erwartet: Oberderdinger Bürgermeister fordert Lösungen

Die Gemeinde erwartet von der Bundespolitik Lösungen bei der Bewältigung der Migrationskrise. 252 Geflüchtete leben derzeit in Oberderdingen.

Eine Zukunftsweisende Entscheidung war 2016 der Bau der Flüchtlingsunterkunft in der Flehinger Straße in Oberderdingen, die seither gut belegt ist und eine Ausweisung von Notunterkünften bislang verhindert hat. Die Gemeinde rechnet allerdings mit weiteren Zuweisungen und fordert von der großen Politik Lösungen.
252 geflüchtete Menschen leben derzeit in Oberderdingen: Die Gemeinde rechnet mit weiteren Zuweisungen und fordert vom Bund Lösungen bei der Bewältigung. Foto: Hansjörg Ebert

Die Botschaft des Stadtoberhaupts ist klar und eindringlich: „Wir sind am Ende der Belastungsgrenze und wünschen uns von den politischen Parteien Lösungen“, erklärt Bürgermeister Thomas Nowitzki (CDU) zur aktuellen Lage bei der Flüchtlingsbetreuung in Oberderdingen.

Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, dass der Staat die Fülle der Probleme und insbesondere die Flüchtlingsfrage lösen könne, sei merklich gesunken, die Stimmung schlecht. Änderungen seien notwendig, ohne das Grundrecht auf Asyl zu beschädigen, bekundete der Verwaltungschef in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats.

Andrea Schwarz: Die Botschaft ist angekommen

Die Botschaft sei in Stuttgart angekommen, erklärte dazu die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz, die auch Mitglied im Oberderdinger Gemeinderat ist. Man arbeite an einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen.

Größter Pullfaktor sei allerdings, dass viele Ukrainer schon da seien und es Neuzugänge in aller Regel zu ihren Landsleuten ziehe. Die Abschaffung der Sonderregelungen für Ukrainer begrüße sie.

Unmut über Hürden bei der Arbeitssuche

Besonders ärgerlich für den Schultes ist der Umstand, dass viele Geflüchtete aufgrund bürokratischer Hürden nicht arbeiten dürften, obwohl sie dies wollten und könnten. „Eine Ukrainerin hat sich bei uns als Reinigungskraft beworben, obwohl sie Vermessungsingenieurin ist und wir solche Leute dringend benötigen“, erklärte Nowitzki, und man dürfe die Leute nicht so lange untätig warten lassen.

Hätten wir das Haus damals nicht gebaut, wären wir heute in einer prekären Lage.
Thomas Nowitzki 
Bürgermeister

Dringend nötig seien mehr Arbeitsmöglichkeiten für Geflüchtete und eine schnellere Anerkennung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen. 252 Geflüchtete leben laut Gemeindeverwaltung derzeit in Oberderdingen, 83 aus der Ukraine wohnen in der Anschlussunterbringung, 67 sind privat untergebracht.

102 Geflüchtete aus anderen Ländern sind in der Anschlussunterbringung in der Flehinger Straße 37 einquartiert. „Hätten wir das Haus, das Platz für 168 Menschen bietet, damals nicht gebaut, dann wären wir heute in einer prekären Lage“, betont Nowitzki.

So aber sei es möglich, alle Geflüchteten ohne Notunterkünfte unterzubringen. Eine Riesenleistung sei das, dass man im Landkreis noch keine einzige Notunterkunft habe in Betrieb nehmen müssen. Doch der Zustrom an Asylbewerbern sei wieder stark gewachsen, sodass weiterhin Unterbringungsmöglichkeiten gesucht würden.

55 ukrainische Kinder sind in den Schulen untergebracht

Doch mit Wohnraum allein sei es ja nicht getan. Für die Erwachsenen bietet die Gemeinde derzeit zwei Integrationskurse an. Acht Kinder aus der Ukraine werden in den Kindergärten der Gemeinde betreut, 26 besuchen Grundschulen und 29 gehen auf weiterführende Schulen.

„Im Blick auf die vorgegebenen Quoten befinden wir uns in Oberderdingen derzeit sogar mit 34 Personen über dem Soll“, informierte der Schultes das Ratsgremium. Das zweite große Thema im Gemeinderat war die Ausweisung des Sanierungsgebiets „Sickingen“.

Einstimmig beschloss das Gremium den entsprechenden Antrag zu stellen, der die Sanierung eines großen Teils der östlichen Dorfhälfte ermöglicht. Stadtplanerin Stefanie Ganter vom Karlsruher Büro Schöffler stellte die Ergebnisse der Voruntersuchungen vor.

Im Mittelpunkt des Vorhabens steht der Umbau der alten Güterhalle in einen Kindergarten sowie die Neugestaltung des Areals bei der Alten Schlossgartenhalle. Dort könnte ein neues Zentrum für Wohnen, kleineres Gewerbe und ein Treffpunkt für die Bürger mit Naherholungscharakter entstehen.

Großteil der Häuser ist sanierungsbedürftig

Für die Anwohner im Sanierungsgebiet eröffnet sich die Möglichkeit, Fördermittel für Sanierungsmaßnahmen zu bekommen. Eine Erhebung ergab, dass drei Viertel der Gebäude erhebliche Mängel aufweisen, die Heizungen seien im Schnitt 28 Jahre alt, hieß es.

Die meisten Hausbesitzer stehen einem Sanierungsgebiet positiv gegenüber.
Stefanie Ganter
Stadtplanerin 

„Die meisten Hausbesitzer stehen einem Sanierungsgebiet positiv gegenüber, 75 Prozent seien potenziell interessiert, etwas zu tun“, informierte die Stadtplanerin über das Ergebnis der Befragung. Über den Umbau der ehemaligen Güterhalle zu einem Kindergarten informierte der Oberderdinger Architekt Günther Meerwarth.

Zwei Kindergartengruppen sollen dort im Bestandsgebäude Platz finden, dazu ein Mehrzweckraum. In einem Anbau mit Satteldach sollen die Sanitärräume, Büro und Haustechnik untergebracht werden.

Das Vordach zu den Gleisen wird zurückgebaut, weil die Bahn dort eine Elektrifizierung plant. Das Ganze sei mit dem Denkmalamt abgestimmt, bekundete Meerwarth.

Die Erschließung des Gebäudes soll barrierefrei über Rampen erfolgen. Westlich der alten Lagerhalle soll dann eine Rasenfläche mit Spielgeräten und Gerätehütte angegliedert werden. Die Gesamtkosten für den Umbau des ortsbildprägenden und denkmalgeschützten Gebäudes bezifferte der Architekt mit knapp zwei Millionen Euro.

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