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Verkehrswende ein Thema

Verkehrsminister Hermann besucht Oberderdinger Busunternehmen – und erntet Kritik

Fahrermangel, Bürokratie, Verkehrswende: Die Busbranche steht vor großen Herausforderungen. Ein Bild davon machte sich der Landesverkehrsminister beim Besuch beim Busunternehmen Wöhrle.

Diskussionsbedarf beim Minister-Besuch: Yvonne Hüneburg, Winfried Hermann, Andrea Schwarz und Thomas Balmer (von links) diskutieren über aktuelle Herausforderungen der Branche.
Diskussion beim Ministerbesuch: Yvonne Hüneburg, Winfried Hermann, Andrea Schwarz und Thomas Balmer (von links) erörtern Herausforderungen der Reisebranche. Foto: Stefan Friedrich

Wenn der Verkehrsminister ein Busunternehmen besucht, dann stoßen mitunter Theorie und Praxis aufeinander. Im Rahmen der „Vor Ort“-Reihe des Grünen-Landesverbands schaute Minister Winfried Hermann am Mittwochnachmittag beim Busunternehmen Wöhrle in Oberderdingen vorbei und hat dabei betont, wie wichtig die Verkehrswende ist.

Dabei seien auch die Kommunen in der Pflicht. Zwar seien diese zurückliegend unter anderem mit der Frage der Finanzierung von Krankenhäusern oder Unterkünften schon vor Herausforderungen gestanden, „beim Verkehr hat man aber immer gedacht: Das funktioniert schon irgendwie“, bemerkte Hermann. Im Sinne einer Transformation hin zu einem klimafreundlichen Transport müsse man sich das allerdings etwas kosten lassen.

Busunternehmer sieht sich vor großen Herausforderungen

Die Herausforderungen innerhalb der Branche sind ohnehin groß. Und auch wenn bei seinem Unternehmen noch keine Fahrt ausgefallen ist, drückt der Schuh beim Thema Fachkräfte, sagte Thomas Balmer, Geschäftsleiter von Wöhrle Reisen.

Dabei geht es nicht alleine um die Honorierung; er sieht das gesamte System auf dem Prüfstand. „Wir brauchen nicht mehr Geld im System, sondern müssen es mal hinterfragen“, sagte er mit Blick etwa auf das Erlangen des Bus-Führerscheins. Durchschnittlich 13.000 Euro kostet das hierzulande, während die Österreicher es für 2.500 Euro schaffen.

Eine Zahl, die Hermann zunächst bezweifelte, doch die Geschäftsführerin des Verbandes Baden-Württembergischer Busunternehmen, Yvonne Hüneburg, hat diese bestätigt. „Wir haben da ein Riesenproblem in der Branche“, weil sich die Unternehmen zu diesen Kosten nicht mehr in der Lage sehen, Personal zu qualifizieren. „Ein Führerschein, der 12.000 bis 14.000 Euro kostet, ist einfach unbezahlbar“, gab sie zu bedenken.

Busunternehmen fehlen Fahrer

Dabei wären neue Kräfte dringend nötig, zumal viele Jahrgänge jetzt in den Ruhestand gehen. Zugleich werden oft die falschen gefördert; Menschen nämlich, „die ganz häufig nachher nicht die Lust haben, den Beruf auszuüben, wenn sie den Bus-Führerschein haben“, kritisierte Hüneburg und sprach von einer Quote von nur 20 Prozent, die in der Branche bleiben. „Das ist Verschwendung von Steuergeld.“

Auch in anderer Hinsicht sehen Busunternehmer Gesprächsbedarf: Beim Reiseverkehr müssen sie noch immer mit einer Zettelwirtschaft kämpfen. „Wenn wir uns das angucken, was sich auch auf europäischer Ebene tut: Außer, dass wir kein Geld mehr wechseln müssen, hat es uns keine großen Vorteile gebracht“, verwies Balmer darauf, dass das EU-Fahrtenblatt – im Grund ein grüner Zettel mit Durchschlagpapier – noch heute benötigt wird.

„Eigentlich unvorstellbar“, sagte Balmer, zumal das auch ziemlich kostenintensiv werden kann, wenn man etwa im Nachbarland Frankreich unterwegs ist. „Wenn Sie das EU-Fahrtenblatt nicht mitführen und nicht ausgefüllt haben, dann können sie schnell mal 1.500 Euro zahlen.“

Viel zu tun gibt es darüber hinaus auch bei der Benachrichtigung von Fahrgästen über Verspätungen an der Bushaltestelle. „Das ist ein Thema, dem renne ich schon lange hinterher“, sagte Balmer.

An zentralen Bahnhöfen, wo Busse mehrfach in der Stunde abfahren, sei die fehlende Echtzeitanzeige zwar verschmerzbar, besonders auf dem Land aber, wenn der Linienbus nur im Stundentakt verkehrt, werde es für die Fahrgäste zum echten Problem, wenn unklar ist, wie viel Verspätung ein Bus gegebenenfalls hat und ob die Anschlüsse funktionieren.

Wir haben ein großes Interesse als Landesregierung, den ÖPNV besser zu machen.
Winfried Hermann
Verkehrsminister

Hermann hörte sich die Sorgen und Anregungen aufmerksam an. „Wir haben ein großes Interesse als Landesregierung, den ÖPNV besser zu machen“, versicherte er – vor allem auch in ländlichen Regionen. Deshalb nehme er auch die zuvor geäußerte Kritik unter anderem an zentralen Ladestationen für Elektro-Busse zur Kenntnis.

„Ich habe die Idee eigentlich begrüßt, in der Annahme, dass es Ihnen recht ist, weil man solche Ladeplätze kostengünstig schaffen kann“; allerdings wolle man „nicht etwas fördern, was Ihnen gar nicht passt. Das macht ja gar keinen Sinn“, räumte der baden-württembergische Minister ein.

Zugleich sei ihm bewusst, dass die Elektro-Busse derzeit noch „erheblich teurer“ sind, als herkömmliche Diesel-Modelle. „Die Schere wird sich so schnell auch nicht schließen.“

Trotzdem sei auch hier die Transformation im Sinne eines klimafreundlichen Transportwesens wichtig. Davon abgesehen sehe er als eine der wesentlichen Aufgaben an, junge Menschen in die Branche zu bringen. „Wenn wir es nicht schaffen, wieder mehr Menschen dafür zu begeistern, dann sind unsere Ansprüche, das Angebot zu verbessern, hinfällig, denn das wird dann am fehlenden Personal scheitern“, sagte Hermann.

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