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Bezüge zu Corona und zur Klimakrise

Lesung in Bretten ermöglicht spannende Zeitreise in die Lutherzeit

Zur Lesung „Als unser Deutsch erfunden wurde“ ist Autor Bruno Preisendörfer nach Bretten gekommen. Preisendörfer ging auf Philipp Melanchthon ein, der größte Sohn der Stadt. Der Autor schilderte die sozialen Strukturen des ausgehenden Mittelalters.

Bruno Preisendörfer nahm seine Zuhörer mit auf eine spannende Zeitreise in die Zeit Luthers.
Bruno Preisendörfer nahm seine Zuhörer mit auf eine spannende Zeitreise in die Zeit Luthers. Foto: Michael Fritz

Einen besseren Ort als Bretten hätte Bruno Preisendörfer für seine Lesung „Als unser Deutsch erfunden wurde“ wahrscheinlich nicht wählen können. 

Zumindest war es ein geschickter Schachzug des Autors, aus der Vielzahl der in seinem Buch vorkommenden historischen Persönlichkeiten ausgerechnet Philipp Melanchthon in seiner Lesung besonders herauszustellen, hatte doch jeder der rund 80 interessierten Zuhörer einen Bezug zum größten Sohn der Stadt. 

Bei seiner Lesung in Bretten beginnt Preisendörfer mit der Ankunft Melanchthons in Wittenberg

So begann Preisendörfer zunächst in freier Erzählung mit der Ankunft Melanchthons in Wittenberg und der Sorge Luthers um seinen schmächtigen Freund, grassierte doch bald die Pest in der Stadt. Auch damals gab es Reise- und Versammlungsbeschränkungen, gerade so wie im Mai 2020, als die ursprünglich geplante Lesung aufgrund von Corona verschoben werden musste. 

Mit plastischen Schilderungen nahm Preisendörfer seine Zuhörer mit in die sozialen Strukturen des ausgehenden Mittelalters, in das karge Leben der Bauern und die allgegenwärtige Präsenz nackter Gewalt und stellte immer wieder Bezüge zur heutigen Zeit her. 

In einem Exkurs zur Kriegsführung, zu den Landsknechten und deren Besoldung, wurde auch der Begriff „brandschatzen“ anschaulich erklärt. Ging es doch hierbei gerade nicht um das Niederbrennen einer Stadt, sondern um das „schätzen“ deren Wertes, mit dem die Bürger sich freikaufen konnten, um verschont zu bleiben. 

Im Kapitel „Wetternöte“ zeigte Preisendörfer anhand zahlreicher Quellen auf, dass es auch damals bereits Weltuntergangsszenarien aufgrund von auffälligen Wetterereignissen wie anhaltenden Dürren, Hagelstürmen, Starkregenereignissen oder ungewöhnlich warmer Winter gab. 

Zeitgenössische Abnehmtipps lösen Lacher aus

Gleichwohl verwahrte er sich mit Blick auf die aktuellen Diskussionen dagegen, ein Leugner des Klimawandels zu sein. Seine Einblicke in das erste gedruckte Kochbuch von 1485, inklusive zeitgenössischer Abnehmtipps, lösten wissende Lacher beim Publikum aus. 

Auch sehr interessant: die Heilkunde der damaligen Zeit, die sich neben allerlei Hausrezepten hauptsächlich auf Aderlass und Schröpfen stützte. Dass Preisendörfer viel mit Zitaten arbeitet, „um das Kolorit jener Zeit bestmöglich zu transportieren“, ist dem Lesefluss zuweilen etwas abträglich. 

Im Anschluss an die rund einstündige Lesung entspann sich eine rege Diskussion. Preisendörfer bekannte auf Nachfrage, dass sich seine Sichtweise auf Melanchthon im Laufe seiner Recherchen für dieses Buch erheblich verändert habe. 

Auf seine zahlreichen Zeitreise-Bücher angesprochen, wollte der Autor lieber „hier“ bleiben, da ihm das Leben in allen beschriebenen Zeiten nicht durchweg erstrebenswert erscheine. „Wir leben in der besten Zeit und in der besten Region, die es jemals gegeben hat“, fasste Wolfgang Stoll, Vorsitzender des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte, der die Lesung organisiert hatte, zusammen. 

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