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Geld für Gastronomen und Sportstätten

Steuerberater in Bretten berichten: Weg zu Novemberhilfen führt über einige Hürden

Noch sind den befragten Steuerberatern um Bretten keine Auszahlungen bekannt. Der Handel darf derweil öffnen, erhält also keine Hilfen im bislang zähen Weihnachtsgeschäft.

Der Marktplatz mit dem Alten Rathaus und der historischen Fachwerkkulisse inmitten der Brettener Innenstadt erstrahlt in weihnachtlicher Beleuchtung, ist aber menschenleer.
Zu stille Nächte: Der Einzelhandel profitiert nicht von den November- und Dezemberhilfen, obwohl auch für sie Unterstützung angesichts leergefegter Einkaufsmeilen wie hier in Bretten wünschenswert wäre. Foto: Tom Rebel

Schon der Name sei im Grund verkehrt, denn die Novemberhilfen kämen erst im Dezember, sagt Steuerberater Bernd Kutscherauer aus Oberderdingen. Zudem fielen die Hilfen manchmal zu hoch aus, und das Antragsverfahren berge Hürden. Der Steuerberater beantragt wie seine Mitbewerber Marco Münster oder Thomas Treffinger aus Bretten die Finanzhilfen meist für Gastronomen, Sport- und Spielstätten oder Kosmetik-Betriebe, die im Lockdown light schließen mussten.

Daneben bleibt auch die Lage des Einzelhandels hart. Die Geschäfte dürfen öffnen, aber die Laufkundschaft fehlt. Mancher Unternehmer werde wohl ein Vielfaches dessen an Hilfen erhalten, was er sonst im Monat hätte erwirtschaften können, meint Kutscherauer. Treffinger stimmt dem nur bedingt zu. Einzelne Gastronomen könnten mehr erhalten, wenn sie mit hohem Wareneinsatz produziert hätten, wenn also hohe Kosten anfielen, die bei geschlossenem Betriebes nun fehlten.

Andererseits hätten viele Unternehmer auch höhere Investitionen getätigt, in Hygienekonzepte, Luftreinigungsanlagen oder Heizpilze. „Es wird bei den Novemberhilfen wohl Ungerechtigkeiten in beide Richtungen geben“, sagt er. Die Anträge einfach zu halten, um schnell zu sein, bringe das zwangsläufig mit sich.

Die freie Zeit, die wir gerade haben, ist ja kein Urlaub.
Ingo Jäger, Inhaber des Restaurants Altes Rathaus in Bretten

„Aber jeder ist gut beraten, die Hilfen zu beantragen“, sagt Marco Münster. Da sind sich die Finanzfachleute einig. Kutscherauer: „Wer nun gerade Monatsmiete oder Pacht zahlen muss, kann Probleme bekommen, bis die Hilfen ausbezahlt werden.“ Er hofft, dass die Zwei-Wochen-Regelung zur Insolvenzanmeldung derzeit großzügig ausgelegt wird.

Manche Einzelfälle, etwa Mischbetriebe, stellten höhere Anforderungen an die Steuerberater. Sie sind nur antragsberechtigt, wenn der geschlossene Teil mindestens 80 Prozent des Gesamtumsatzes von 2019 erbrachte. Auch gebe es bei manchen Betrieben laut Treffinger „verständlicherweise hohen Erklärungsbedarf“. Er prüfe zugleich die Möglichkeiten der Überbrückungshilfe II, was deutlich zeitaufwendiger sei.

Probleme im Antragsverfahren hatte Marco Münster nicht. Auch Treffinger kam glatt durch die Registrierung, da er bereits für die Überbrückungshilfen registriert war. Allerdings bescherten ihm überlastete Rechenzentren lange Wartezeiten. Auch Kutscherauer wartete über zehn Tage auf seinen Pin, um sich registrieren zu können.

Gastronomen vor hartem Winter?

Ingo Jäger, Inhaber des Restaurants Altes Rathaus in Bretten, gab seinen Antrag auf Unterstützung zum Wochenbeginn unterschrieben beim Steuerberater ab. „Natürlich habe ich das beantragt. Sonst wird es ein harter Winter.“ Existenzangst hat er nicht. Wie eng es aber wird, hänge davon ab, wann das Geld komme, so Jäger. Die Banken könnten, sagt er, zur Entspannung beitragen, indem sie kurzfristig Überziehungen ermöglichten.

Jäger fehlen auch die Plaudereien mit seinen Gästen auf dem Weihnachtsmarkt. „Die soziale Komponente ist nicht zu unterschätzen. Die freie Zeit jetzt ist ja kein Urlaub.“ Seine große Außenbestuhlungsfläche half ihm bis in den Herbst über die Delle, und der größte Kostenposten, das Personal, entfalle dank Kurzarbeitsregelung. Andererseits fehle ihm auch ein Gros des Umsatzes in der Neff-Kantine. Vor der Pandemie verkaufte Jäger dort bis zu 200 Gerichte je Tag, momentan sind es maximal 90. Er vermutet viele Neff-Mitarbeiter im Homeoffice.

Januar-Hilfen im Falle härteren Shutdowns wünschenswert

Bei Tamara Avarello, Inhaberin des Brettener Kosmetikstudios Estetica, gibt es neben ihren laufenden Kosten ein weiteres Problem. Sie hat ihr Studio erst im September 2020 eröffnet. Aber der Steuerberater bestätigt ihre Kenntnis, dass man in diesem Fall anstelle des Vorjahres-Novembers den Oktober 2020 zugrunde legen könne. Sie habe viel investiert, freue sich also auf die Hilfen und werde auch im Dezember eventuell darauf zurückgreifen.

Andreas Drabek vom Modehaus Martin in Bretten muss als Händler nicht schließen, sieht sich aber dennoch als mittelbar Betroffener. Das Laufpublikum fehle schon lange. „Und wenn die Politik weiter an den aktuellen Zehn- und Fünf-Personen-Regeln festhält, dann sehe ich uns im Januar in einer dritten Welle.“ Komme eine Schließung auch wieder des Handels, wären Januar-Hilfen auch für diesen wünschenswert, so Drabek.

Denn der Januar sei traditionell schwierig. Während es hier erst richtig kalt wird, komme schon die Frühlingsware, und es spiele keine Rolle, dass die Winterware nur „zäh abgeflossen“ sei. „Die Lieferanten nehmen sie außerdem nicht in relevanten Umfang zurück.“



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