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Neues Programm am 11. Juli

Die Bruchsaler Volkshochschule nach Corona: Droht jetzt die große Preissteigerung?

Die Europäische Union will die Kurse mit Umsatzsteuer belegen. Warum das falsch ist, erklärt der neue Chef der Bruchsaler VHS. Und er hat neue Ideen für sein erstes Programm.

VHS Alexander Kabus
Alexander Kabus ist neu an der Spitze der VHS Bruchsal und legt sein erstes eigenes Programm auf. Sein Blick richtet sich im nächsten Semester in die 50er-Jahre in Bruchsal. Foto: Martin Heintzen

Alexander Kabus gibt sich siegesgewiss: „Unsere Volkshochschul-Kurse werden nicht teurer.“ Zumindest nicht wegen der drohenden Umsatzsteuerpflicht. Kabus ist seit November Chef der Bruchsaler Volkshochschule mit ihren elf Außenstellen. In diesen Tagen geht das neue Programm, das erste unter seiner Verantwortung, in den Druck. Am 11. Juli soll es erscheinen.

Wie seine Kollegen in ganz Deutschland ist er der Meinung: „Bildung ist ein Menschenrecht.“ Gerade stemmt sich der Deutsche Volkshochschul-Verband mit aller Kraft gegen eine mögliche Gesetzesänderung. Die Europäische Union stellt infrage, dass Volkshochschulen künftig von der Umsatzsteuerpflicht befreit sein sollen.

„Die Volkshochschulen begreifen Bildung als Anspruch und Möglichkeit aller Menschen und damit als Menschenrecht. Bildung meint hier immer Bildung für alle“, stellen etwa die großstädtischen Volkshochschulen in ihrer Erklärung klar.

Bruchsaler VHS will sich nach Corona zu alter Größe aufschwingen

Fällt die Befreiung weg, dann könnten Kurse auch in Bruchsal auf einen Schlag 19 Prozent teurer werden. Und das in einer Zeit der Inflation und nach Corona, wo sich auch die Bruchsaler VHS erst wieder zu alter Größe aufschwingen will.

50er-Jahre Bruchsal
Die 50er-Jahre waren in Bruchsal geprägt vom Aufbau nach der massiven Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Dieses Foto zeigt den Blick aus der Schlossstraße in die Innenstadt im Jahr 1954. Foto: A. Hassler/Stadtarchiv

„Wir sind ein wichtiger Bildungsanbieter in Deutschland“, erklärt Kabus für seine Branche. Für Bruchsal und die elf Außenstellen von Hambrücken bis Philippsburg spricht er immerhin von 11.000 bis 12.000 Kunden jährlich. Sie lernen hier Französisch und Englisch, sie lernen Kochen - mexikanisch oder italienisch. Sie betreiben Yoga und Häkeln, sie stricken und nähen. Sie lernen Bildbearbeitung am PC, Wissenswertes über Wein im Kraichgau und Fledermäuse im Schlosspark. Die Themenpalette der über 500 Kurse ist riesig.

Bei der Weinverkostung geht es auch um den Klimawandel

Dabei unterscheidet Kabus nicht streng zwischen beruflicher Bildung und Freizeitangeboten. Vor allem Angebote mit Freizeitcharakter stehen im Visier der EU. Doch warum sollten Häkeln und Stricken steuerlich gegenüber privaten Anbieten begünstigt werden? Der Anspruch der Volkshochschule, so betont Kabus, sei mehr zu bieten, als nur reine Freizeitbeschäftigung. „Nehmen Sie das Beispiel Weinverkostung. Bei einem VHS-Kurs lernen Sie die Kulturgeschichte des Weines kennen. Sie lernen etwas über das Weinanbaugebiet Kraichgau oder über die Frage, wie Winzer auf den Klimawandel reagieren.“

Ähnlich sei es bei anderen Angeboten. Im Nähkurs etwa geht es auch um das Thema Upcycling, sprich die sinnvolle Wiederverwertung von alten Materialien. „Außerdem geht es bei uns auch immer um das Miteinander. Den Austausch, von Älteren und Jüngeren. Die Volkshochschule ist ein Ort der sozialen Begegnung“, wirbt der neue Chef. Und er sagt: „Wir sind ein Bildungsanbieter für alle.“ Es gelte, die Kurse entsprechend zu gestalten.

Aktuelle VHS-Kurse zur Wärmepumpe und zur Solaranlage

Und da ist Kabus ins neue Semester mit frischen Ideen gestartet. Er selbst begleitet eine Gruppe zur Bundesgartenschau nach Mannheim. Über einen BNN-Artikel ist Kabus auf eine Bad Schönborner Gärtnerin aufmerksam geworden, die auf der Buga einen eigenen Bereich gestaltet hat. Ganz aktuell biete man Vorträge zum Thema Heizung, Wärmepumpe oder Solaranlage. „Lohnt es sich, ein Balkonkraftwerk anzuschaffen?“, so eine der Fragestellungen.

Wir wollen die Menschen zum Denken anregen.
Alexander Kabus
Neuer Leiter der Bruchsaler VHS

„Wir wollen die Menschen zum Denken anregen.“ Dabei konkurrieren die Volkshochschulen heute mit YouTube, mit Tutorials zu fast allen Themen. Relativ konstant nachgefragt seien die Sprachkurse. Für viele andere Bereiche sind neue Ideen gefragt.

Luftbildserie
Bruchsal in den 50er-Jahren: Hier ein Foto der Firma Siemens und die Siemens-Unterführung aus der Vogelperspektive im Jahre 1958. Heute ist Siemens dort Geschichte.

So plant Kabus für das Herbstsemester, die 50er-Jahre in Bruchsal zu beleuchten. „Wir suchen Zeitzeugen und Material aus dieser Zeit. Wir wollen ergründen, wie Bruchsal aussah. Wie das Leben hier aussah.“ Mit im Boot ist das Stadtarchiv.

Ob das Konzept aufgeht? Ob das und die geplanten Fortsetzungen mit den 60er- und 70er-Jahren vom Kunden angenommen werden? „Es ist ein Stück Trial and error, Versuch und Irrtum, dabei“, räumt Kabus ein. So war es auch während Corona. Die Pandemie hat allen Online-Angeboten einen riesigen Schub verliehen. Aber Kabus sagt zugleich: „VHS ist vor Ort. Hier trifft man sich, kommt mit anderen Menschen ins Gespräch. Es ist ein Ort der Vielfalt. Jeder soll kommen.“ Daher sei es den Volkshochschulen auch so wichtig, dass sich jeder die Kurse leisten können soll.

Mit seinen vier hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und vielen ehrenamtlichen in den Orten will man nun nach Corona zurück zu alter Größe. Eine Reihe etwa soll sich mit Medienthemen auseinandersetzen. „Wie erkennt man Fakenews?“, sei etwa ein brandaktuelles Thema, auch vor dem Hintergrund von Künstlicher Intelligenz.

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