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Bahn frei für Blaulicht-Fahrzeuge

Große Katastrophenübung in Bruchsal: Das ist zu tun, wenn plötzlich 30 Blaulicht-Fahrzeuge hinter mir fahren

Viel Blaulicht, viel Sirene: Im Landkreis Karlsruhe sind am Samstag Hunderte Einsatzkräfte auf den Straßen. Sie üben für größere Katastrophen. Aber die Übung hilft auch den Autofahrern.

Katastrophenschutzübung
Die Fahrt in Kolonnen will geübt sein. 600 meist ehrenamtliche Kräfte sind wie hier in Bruchsal an diesem Samstag im gesamten Landkreis Karlsruhe auf den Straßen. Für manche Autofahrer ist eine solche Situation durchaus herausfordernd. Foto: Martin Heintzen

Überraschung, Irritation, Fragezeichen im Gesicht, mitunter Panik: So haben viele Autofahrer reagiert, die am Samstag im Landkreis Karlsruhe unterwegs waren. Denn plötzlich hörten sie Sirenen, nahmen vielleicht im Rückspiegel Blaulicht wahr. Und dann irgendwann die Erkenntnis: Das hört ja gar nicht mehr auf! Zum Glück nur eine Übung.

Es ist der zweite Teil einer großen Katastrophenübung im gesamten Landkreis Karlsruhe.

Gerade biegt ein schweres THW-Fahrzeug in die Mediamarkt-Kreuzung in Bruchsal ein. Hinter ihm eine Kolonne von zig weiteren Fahrzeugen: THW, Feuerwehr, Rettungsfahrzeuge. Ihr Ziel an diesem Samstagmittag: Die Landesfeuerwehrschule. Ihr Ziel im Ernstfall: das Hochwassergebiet im Ahrtal zum Beispiel oder andere Großlagen im ganzen Land.

Einsatzkräfte leisten immer öfter überörtliche Hilfe

Längst ist der einfache Feuerwehrmann aus Tiefenbach, die THW-Helferin aus Oberhausen, die Feuerwehrfrau aus Waldbronn nicht mehr nur für die kleineren und größeren Schadenslagen in ihrem Ort zuständig. Immer öfter wird überörtliche Hilfe angefordert. Und das will geübt sein.

„Etwa 600 zumeist ehrenamtliche Kräfte sind an diesem Samstag auf den Straßen“, bilanziert der stellvertretende Kreisbrandmeister Dominik Wolf. Neben den 19 Feuerwehren sind das Kräfte von Maltesern, DRK, THW, DLRG und Gäste aus benachbarten Kreisen.

Katastrophenübung: Was banal klingt, ist logistisch anspruchsvoll

Bruchsal, Ettlingen, Karlsruhe und Weingarten sind vier Ziele, die die Kolonnen anfahren müssen. Klingt banal, ist aber logistisch durchaus verzwickt. Wer schon mal nur mit drei Familien ins Allgäu in Kolonne in den Urlaub gefahren ist, kennt die Probleme.

Im Verband mit 30 Einsatzfahrzeugen und Dutzenden Personen ist das eine echte Herausforderung. Biegt der Marschführer im ersten Fahrzeug falsch ab, kann der ganze Verband in der Sackgasse landen.

Im Bereitstellungsraum in der Bruchsaler Landesfeuerwehrschule und in den anderen drei Orten werden daher die Einsatzkräfte geschult. Bernd Nagel ist hier der Ausbilder. Wie parkt man richtig, wie läuft die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen, wie reagiert man an einer Kreuzung, wenn die Ampel auf Rot springt? Das sind nur einige von vielen Fragen, die an diesem Samstag geklärt werden.

Versorgung fängt bei Toiletten an und hört bei Feldbetten nicht auf

Bei Großereignissen müssen Einsatzkräfte binnen Stunden abklären, ob sie einige Tage für einen Einsatz in einem anderen Bundesland abkömmlich sind. Ihre Versorgung muss vorbereitet werden. Das fängt bei Toiletten an und hört bei Feldbetten und Verpflegung nicht auf.

Wir haben zigtausende Meldeempfänger neu programmiert.
Luca Arsic
Leiter der Katastrophenübung

Katastrophenschutz galt hierzulande lange als vernachlässigbar. Doch nicht nur das Hochwasser im Ahrtal, auch mögliche Stromausfälle, Großbrände oder andere Szenarien lassen aufhorchen. Luca Arsic weiß, dass auf die Ehrenamtlichen heute größere Herausforderungen warten.

Detaillierte Pläne liegen für den Ernstfall bereit

Um ein solches Szenario vorzubereiten, benötige man viele Daten. „Wir haben zigtausende Meldeempfänger neu programmiert“, gibt er einen Einblick in die logistische Arbeit, die im Ernstfall keiner sieht. Über die Innenministerien der Länder und deren unteren Behörden kommen im Ernstfall die Anforderungen von den Nachbar-Bundesländern.

So kann per Knopfdruck im Landkreis etwa ein Zug zur Wasserförderung angefordert werden, der dann – nach Plan – aus den Feuerwehren der Orte zusammengestellt und abmarschbereit gemacht wird.

Per Knopfdruck sei es im Landkreis künftig möglich, je nach Bedarf Einsatz-Einheiten zu alarmieren und bereitzustellen. „Wir haben uns deutlich verschnellert“, zeigt sich Arsic zuversichtlich. „Und wir haben einen starken Zusammenhalt im Landkreis.“

Autofahrer dürfen sich nicht zwischen einen Verband drängeln

Zusammenhalten, das müssen auch die 20 bis 30 Einsatzfahrzeuge, die im Verband unterwegs sind. Daher ist es wichtig für alle anderen Verkehrsteilnehmern, wenn sie einem solchen begegnen: Nicht dazwischen drängeln.

Das erste Fahrzeug und alle anderen haben eine blaue Fahne. Das Ende der Kolonne ist mit Grün gekennzeichnet.

Eine Kolonne gilt als ein Fahrzeug

Ein geschlossener Verband gilt als ein Fahrzeug. Fährt er über eine Kreuzung, bleibt der Verband zusammen. Auch wenn die Ampel längst wieder rot ist. Alle anderen müssen warten. Sobald Blaulicht an ist und Sirene ertönt, muss man dem Verband freie Bahn gewähren. „Das ist man als Autofahrer nicht mehr gewohnt“, erklärt Nagel. „Deswegen sind diese Übungen auch nicht nur für die Einsatzkräfte, sondern auch für die Bürger wichtig.“

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