Skip to main content

Jahresrückblick – Oktober bis Dezember

Neue Unterführung am Bahnhof Bruchsal: Mit dem Planungsfehler hat keiner mehr gerechnet

Nach dem Einschub der Unterführung am Bahnhof Bruchsal hat damit keiner mehr gerechnet. Kurz vor der Öffnung wird klar, dass neue Dach muss wieder abgerissen werden.

Gleisquerung
Das Dach der Unterführung musste wieder abgerissen werden. Bauamtsleiter Oliver Krempel ist nach der Einweihung erleichtert. Foto: Martin Heintzen

Mittlerweile kann Oliver Krempel wieder gut schlafen. Die neue Unterführung am Bahnhof Bruchsal ist offen. Endlich. Eigentlich hätte das schon vor einem Jahr passieren sollen: Berufspendler im Triwo-Technopark, Besucher der Kfz-Zulassungsstelle, Schüler der Albert-Schweitzer-Realschule und natürlich die Bewohner der neuen Bahnstadt. Sie alle hätten sich schon seit Monaten den Umweg über die dunkle und laute Siemens-Unterführung sparen können.

Wenn da nicht vor über einem Jahr die routinemäßige Vermessung auf dem Rohbau des westlichen Eingangsportals gewesen wäre. Wegen fehlerhafter Pläne wurde das Eisen im Beton falsch gesetzt.

Das Dach hing durch: „Es wäre nicht sofort zusammen gebrochen“, sagt Bauamtsleiter Oliver Krempel bei der Eröffnung am 19. November. Er ist der Mann bei der Stadt Bruchsal, der den Bau der Unterführung koordiniert hat. Die Erleichterung ist ihm bei der Eröffnung anzusehen.

Keine Alternative zum Teilabbruch am Bruchsaler Bahnhof

Es drohten: Ermüdungserscheinungen im Beton, Risse und eindringendes Wasser. Im schlimmsten Fall hätte die Stadt das neue Eingangsportal nach zehn Jahren wieder abreißen müssen. Der Bau hat immerhin 13,5 Millionen Euro gekostet.

Viel Geld, das zu Dreivierteln aus dem städtischen Säckel kommt und die neue Bahnstadt mit der Innenstadt verbindet. Eines der wichtigsten städtebaulichen Projekte in der Vergangenheit – und nicht unumstritten. Zum Teil-Abbruch gab es deshalb keine Alternative.

Und der musste so akribisch wie möglich vorbereitet werden. Denn eigentlich ist die Unterführung fast fertig. Die Stahlstützen des Daches stehen. Auch der gläserne Fahrstuhl darunter ist eingebaut. Der Ärger ist groß und Krempels persönliche Meinung, als er von den falschen Zahlen erfährt, nicht zitierfähig.

Zum Glück war es nicht die Schuld der Verwaltung.
Oliver Krempel, Bauamtsleiter

In der Stadt ist schnell die Rede vom Pfusch am Bau. „Zum Glück war es nicht die Schuld der Verwaltung“, so der Bauamtsleiter. Extra hatte man für das komplexe Projekt einen Planer, eine Baufirma und einen Prüfstatiker beauftragt.

Träger stützen tonnenschweres Dach

Zunächst greifen Sofortmaßnahmen: Vier Träger stützen bis Ostern das tonnenschwere Betondach. Der Fahrstuhl wird eingehaust. Der Abbruch des zwölf Meter breiten Dachs geht dann unkomplizierter als gedacht. Extra wird hochwertiger Beton verwendet. Die Absenkung bewegt sich anschließend im Toleranzbereich von drei Zentimetern.

Für Krempel ist im Rückblick der Abbruch des Daches nicht das größte Problem beim Großprojekt. „Drei Jahre im Voraus müssen mit der Deutschen Bahn die Sperrzeiten für den Einbau der Behelfsbrücken abgestimmt werden. Auf die Minute genau“, so der Bauamtsleiter. Das sei schon eine Herausforderung gewesen.

Im Oktober 2019 war für Krempel der spannendste Moment: Zwölf Pressen heben einen 25 Meter langen und 1.000 Tonnen schweren Betonkasten für wenige Minuten um Millimeter an. Auf Schienen wird der Betonkasten unter die Behelfsgleise geschoben.

„Wenn einer der Hydraulikschläuche geplatzt wäre, hätte sich der Kasten an der falschen Stelle gesetzt.“ Das hätte man nicht so schnell reparieren können. Dass kurz vor der Eröffnung feststeht, dass das Dach abgebrochen werden muss, damit hat dann keiner mehr gerechnet.

Kein Unfall bei laufenden Bahnbetrieb in Bruchsal

Trotz Verzögerung ist unterm Strich alles gut gegangen – kein Unfall mit Verletzten, auch nicht bei laufendem Bahnbetrieb. Darauf sind bei der Einweihung alle mitwirkenden Fachfirmen stolz. Die Lieferschwierigkeiten bei den Edelstahlzargen für die Glaskuppeln können ebenso verschmerzt werden wie die fehlenden Elektroteile für den Fahrstuhl. Er soll erst Ende Januar in Betrieb gehen.

Bei der Eröffnung nach zweieinhalb Jahren Bauzeit gilt die Unterführung als wichtiger Meilenstein für die Stadtentwicklung im Westen. Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos) hat mit Stadtplaner Hartmut Ayrle die Vision der Bahnstadt entwickelt.

Bei der Einweihung hebt sie die Bedeutung des Leuchtturmprojekts hervor: „Eine Trennlinie, die seit 100 Jahren die Stadt Bruchsal teilt, ist überwunden.“

Bruchsaler machen Selfies vor dem Dach

Auch die Resonanz in der Öffentlichkeit ist überwiegend positiv. Seit der Eröffnung ist Oliver Krempel ein paar Mal durch die Unterführung gelaufen und hat die Menschen beobachtet: „In den ersten Tagen habe ich noch nie so viele Leute gesehen, die ein Selfie vor dem Dach gemacht haben.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang